Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
Sie wollte die wohlhabende italienische Countess Bartolla Benevente überzeugen, ihr die Summe zu leihen.
Mit einem Knoten im Magen saß sie bebend in der Eingangshalle des Channing-Hauses in ihrem Rollstuhl. Zu ihrer großen Beruhigung stand Peter hinter ihr. Bartolla war wohlhabend, auch wenn niemand genau wusste, wie groß eigentlich das Vermögen war, das ihr Mann ihr hinterlassen hatte. Aber bestimmt hatte sie fünfzehntausend Dollar, dachte Leigh Anne. Doch sie kannte Bartolla gut genug, um zu wissen, dass die attraktive Adlige egoistisch und sogar bösartig war.
Wie gern hätte sie diese schreckliche Last mit Rick geteilt. Sie hatte es tatsächlich erwogen, doch sofort begriffen, dass sie ihm nicht sagen konnte, was geschehen war. Ohne Frage würde er O’Donnell augenblicklich einsperren. Aber wenn er nicht verurteilt wurde? Oder auf Kaution freigelassen wurde, bevor es zur Verhandlung kam? Sie hatte Angst vor diesem Mann. Und er würde zurückkommen, das wusste sie. Nur würde es beim zweiten Mal schlimmer sein. Vielleicht würde er so weit gehen, die Mädchen zu entführen. Oder er würde sie wieder quälen. O’Donnell war kein Mann, der sich scheute, sich die Mädchen mit Gewalt zu nehmen, und allein bei demGedanken wurde ihr übel.
Ricks Einkommen war bescheiden, und sie hatten wenig Ersparnisse, sodass sie nicht zur Bank gehen konnte, wo man ihr einen so großen Kredit niemals gewähren würde. Genauso wenig konnte sie sich an Ricks wohlhabende Familie wenden, ohne dass er es erfuhr. Ihre einzige Zuflucht war die Countess.
Zuletzt hatte sie Bartolla gesehen, als diese ihr vor einem guten Monat einen Besuch abgestattet hatte. Damals hatte Leigh Anne gespürt, wie Bartolla sich an ihrem Zustand zu weiden schien. Und sie verstand auch, warum. Bartolla genoss es, überall die schönste Frau zu sein. Schon immer hatte sie Leigh Anne als Rivalin betrachtet, obwohl das gar nicht der Wahrheit entsprach. Auch wenn sie nicht wirklich befreundet waren, hatte Leigh Anne sie niemals als Konkurrentin betrachtet. Während Leigh Annes Zeit in Europa hatten sie viel Zeit miteinander verbracht, und nicht nur bei gesellschaftlichen Anlässen. Für zwei Amerikanerinnen in einem fremden Land war es völlig normal, miteinander einkaufen und essen zu gehen und sich zu unterhalten.
Herrje, das schien in einem anderen Leben gewesen zu sein, dachte Leigh Anne.
Bartolla rauschte in die Halle, mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Wie immer war sie in wunderschöne Seide gekleidet und trug Diamanten. „Leigh Anne! Ich bin begeistert, dass du dich endlich dazu durchgerungen hast, auszugehen! Ich habe mich schon gefragt, ob du meinen Besuch je erwidern würdest. Es muss dir viel, viel besser gehen“, sprudelte es aus ihr heraus, während sie sich zu Leigh Anne hinunterbeugte, um sie auf die Wange zu küssen. Dabei machte sie durch Gesten unmissverständlich klar, wie unbequem es war, sie in ihrem Rollstuhl zu begrüßen. „Oder hast du dich an den Rollstuhl gewöhnt?“
Obwohl es sie eine ungeheure Anstrengung kostete, lächelte Leigh Anne. Ihr war die Spitze nicht entgangen, doch sie würde alles einstecken, was Bartolla ihr entgegenschleudern mochte. „Meine Liebe, bitte verzeih meine Unhöflichkeit, deinen Besuch erst jetzt zu erwidern. Aber du bist die Allererste, die ich seit meinem Unfall besuche.“ Zum ersten Mal erwähnte sie den Unfall gegenüber jemand anderem als Rick, und ihr Mund war entsprechend trocken.
Das spürte Bartolla offensichtlich. Ihre Augen weiteten sich vor Genugtuung. „Ich fühle mich so geschmeichelt.“ Sie wandte sich an Peter. „Bitte, schieben Sie Mrs Bragg in den Salon, damit wir uns gemütlich unterhalten können.“
Wortlos gehorchte Peter. Seit O’Donnell gegangen war und Leigh Anne ihm verboten hatte, Rick zu benachrichtigen, war der groß gewachsene Schwede sehr besorgt. Leigh Anne wusste, wie ergeben er ihnen beiden war. Und wie unmittelbar und Anteil nehmend er ihre Niedergeschlagenheit, ihre Trauer und ihr Unvermögen, aus dem Haus zu gehen, in den letzten Monaten beobachtet hatte. Da war es nur zu verständlich, dass ihm dieser Besuch verdächtig vorkam.
Nachdem er sie in den Salon geschoben hatte, entließ Leigh Anne ihn mit einem Lächeln. Mit einer stummen Verbeugung ließ er die beiden Frauen in dem großen, exotisch dekorierten Raum al lein.
„Wie geht es dem Commissioner? Er sucht vermutlich verzweifelt nach dem Mörder von Daisy Jones.“
„Er steckt mitten in
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