Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
so merkwürdig.“ Lydia sah zur Seite. „Sie war schon immer so, sogar mit fünfzehn.“
„Was meinen Sie?“
„Sie war so schön. Jeder starrte sie an – Männer wie Frauen. Jeder verliebte sich in sie.“ Lydia suchte Francescas Blick. „War Mr Hart in sie verliebt?“
„Das werden Sie ihn fragen müssen.“
Lydia schien eine Menge Fragen zu haben. „Haben Sie und Ihr Verlobter die Verlobung ihretwegen gelöst?“
Obwohl langsam die Alarmglocken schrillten, lächelte Francesca mühsam. „Hart will mich vor dem Skandal schützen. Wir haben die Verlobung beendet, weil Daisy ermordet wurde. Aber das hat nichts mit ihrer früheren Beziehung zu tun.“ Sie betonte das Wort früheren ein wenig.
„Ich möchte nicht unhöflich sein, aber was ist, wenn Sie meine Schwester nicht besonders mochten? Und was, wenn Mr Hart sie noch immer traf?“
Also hatte ihr Instinkt sie nicht getäuscht. Lydia verhörte sie. „Ich habe ein Alibi, Miss Gillespie. Ich war zum Zeitpunkt des Mordes mit meinen Eltern aus.“
Lydia errötete. „Das war sehr unhöflich von mir, wo Sie doch versuchen, den Mörder meiner Schwester zu finden.“ Tränen stiegen ihr in die Augen. „Ich vermisse sie immer noch!“
„Möchten Sie sich setzen?“
Lydia schüttelte den Kopf. „Ich wünschte, sie wäre niemals fortgegangen.“
Mit verschlossener Miene sah Lydia zur Seite. „Ich weiß es nicht.“
Aber Francesca war sicher, dass Lydia genau wusste, warum Daisy weggegangen war. „Sie muss sehr unglücklich gewesen sein, um von zu Hause fortzugehen und nie mehr wiederzukommen.“
Kaum merklich wich Lydia von Francesca zurück.
„Wenn Sie wollen, dass ihr Mörder gefasst wird, müssen Sie mir alles sagen, was Sie wissen“, beharrte Francesca.
Mit einem Ruck machte Lydia einen Schritt auf sie zu. „Die Polizei hat Calder Hart festgenommen. Sie scheinen Ihren Verlobten für den Täter zu halten.“
„Und ich weiß, dass er es nicht getan hat.“ Francesca hielt ihrem Blick stand. „Haben Sie je von ihr gehört?“
„Nein.“ Sie begann zu weinen. „Sie haben recht, wir standen uns sehr nahe! Manchmal blieben wir bis spät in die Nacht auf und haben über dies und jenes gesprochen, über Kleider und alles Mögliche. Wir sind jeden Tag zusammen ausgeritten. Sie half mir bei den Schularbeiten, und ich ihr. Wir haben gemeinsam gegessen, weil Mutter und Vater immer ausgingen oder Vater bis spät arbeitete. Dann verschwand sie. Und ich habe nie wieder von ihr gehört. Wie konnte sie mir das antun? Wie?“
Francesca nahm sie in die Arme. „Etwas Furchtbares muss geschehen sein, dass sie ohne ein Wort, nicht einmal zu Ihnen, von zu Hause fortlief.“
Lydia griff nach einem Medaillon, das sie an einer goldenen Kette um den Hals trug. Sie nahm es ab und zeigte es Francesca. Innen verwahrte es das Bild der beiden Schwestern als kleine Mädchen. „Seit dem Tag, an dem sie verschwand, habe ich es nicht mehr abgenommen.“ In einer plötzlichen Aufwallung von Schmerz schloss sie die Augen.
„Lydia, bitte, was verschweigen Sie mir?“
„Sie hinterließ mir eine Nachricht, Miss Cahill.“
„Hat sie das? Was stand darin?“
„Sie schrieb, dass sie nie zurückkommen würde. Dass sie bald ein besseres Leben hätte.“ Lydia wischte ihre Tränen fort. „Sie schrieb, dass sie mich liebt und das immer tun würde. Sie schrieb, ich solle mir keine Sorgen machen, und das war alles.“
„Sie hat Ihnen nicht geschrieben, warum sie ging?“
„Nein.“ Lydia schluchzte. „Ich habe den Brief niemandem gezeigt, nicht einmal als Mutter und Vater befürchteten, dass sie entführt worden wäre.“
Das fand Francesca merkwürdig. Auf gewisse Weise war Lydia so bei Honoras Verschwinden zur Mitwisserin geworden. Aber da war noch etwas, etwas, das Lydia ihr weiterhin verschwieg, das spürte Francesca. „Wissen Sie, wie ich Ihre Familie gefunden habe?“
„Nein.“
„Ich fand eine Schachtel mit Zeitungsausschnitten im Schlafzimmer Ihrer Schwester. In jedem Artikel ging es dabei um Ihren Vater, Lydia.“
Ein kurzes Blinzeln, ansonsten wirkte Lydia ungerührt. Auch das war eine merkwürdige Reaktion, fand Francesca.
„Ihre Schwester hat sein Leben mitverfolgt, über Jahre. Offensichtlich waren ihr ihr Zuhause und ihr Vater immer noch sehr wichtig. Obwohl sie weggelaufen ist.“
Lydia zuckte die Schultern. „Nun, ich nehme an, ich hätte das Gleiche getan an ihrer Stelle.“
„Sie hätten was getan?“, fragte Francesca sanft und war
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