Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
verändert, sie war mürrisch und feindselig geworden und hatte sich von den anderen zurückgezogen. Laut Mrs Delaney hatte sie sich nicht mit Daisy versöhnt. Doch nichtsdestotrotz hielt niemand sie für die Mörderin.
Als Raoul nun die Kutsche gegenüber von Daisys Haus parkte, fragte sich Francesca, ob Rose den Ort ihres ruchlosen Verbrechens nicht meiden würde, wenn sie tatsächlich die Mörderin war. Wenn sie jedoch unschuldig war, tröstete der Besuch bei Daisy sie vielleicht in ihrer Trauer.
Gerade als Joel und Francesca aus der Kutsche steigen wollten, öffnete sich die Eingangstür von Daisys Haus. Augenblicklich erkannte Francesca den großen, grauhaarigen Mann, der herauskam. Überrascht griff sie nach Joels Arm und zog ihn zurück in die Kutsche. Brendan Farr, der Polizeichef von New York City, eilte zu einer kleinen Droschke, die ein paar Meter weiter wartete. Nachdem er eingestiegen war, fuhr sie sofort davon.
Was hatte Farr bei Daisy zu suchen? Natürlich könnte es eine dienstliche Angelegenheit sein, doch er war kein Sergeant – er hatte die ganze Polizei unter sich. Und nicht nur das, es waren keine weiteren Beamten bei ihm gewesen, und Polizisten nahmen ihre Ermittlungen nur äußerst selten allein vor. Hier stimmte etwas nicht, das spürte sie ganz deutlich.
„Miz Cahill?“, fragte Joel mit großen Augen. „War das nicht der Polizeichef?“
Sie legte ihm die Hand auf die Schulter, während ihre Gedanken sich überschlugen. „Ja, das war er.“ Erstaunlich, wieruhig sie sich anhörte. Wenn Farr bei Daisy nach Beweismaterial gesucht hatte, sprach der Umstand, dass er allein gewesen war, bereits Bände. Falls er an diesem Fall arbeitete, handelte er offenbar auf eigene Faust. Sie wusste, dass er sie verabscheute. Sie wusste, dass er Bragg gegenüber nicht loyal war. Sie glaubte, dass er nur sich selbst gegenüber loyal war und vielleicht noch einigen, von ihm ausgewählten Männern. Wollte er den Fall selbst lösen? Wollte er den Ruhm, die Anerkennung? Oder hoffte er, ihr eins auszuwischen? Hart war sowohl Ricks Bruder als auch ihr ehemaliger Verlobter. Es wäre Farr eine Genugtuung, wenn man Hart für den Mord an Daisy verurteilen würde.
Doch würde er dafür Beweise manipulieren? Hart hatte man ein Messer untergeschoben. Francesca war unbehaglich zumute. Bereits bei früheren Ermittlungen hatte sie Farr unrechtmäßiger Aktivitäten verdächtigt. Sie traute ihm nicht und wusste, wie skrupellos er war. Doch in diesem Fall hatte er kein Motiv, Daisy zu ermorden.
„Das ist sehr verdächtig“, sagte sie zu Joel.
Er nickte. „Soll ich mich an ihn dranhängen?“
Das war eine gute Idee, doch wenn Joel erwischt wurde, musste sie um seine Sicherheit fürchten. „Nein. Er ist ein gefährlicher Mann, Joel. Ich weiß nicht, was er täte, wenn er bemerkte, dass du ihm folgst.“
„Aber das würde er nicht bemerken“, warf Joel mit vor Aufregung funkelnden Augen ein.
„Nein. Ich kann dich dieser Gefahr nicht aussetzen“, erwiderte Francesca unnachgiebig. Als sie den Gehweg betraten, versuchte sie sich andere Gründe für seine Anwesenheit in Daisys Haus auszumalen. Je mehr sie darüber nachdachte, desto überzeugter war sie, dass er nichts Gutes im Schilde führte – und dass er eine Bedrohung für Hart darstellte.
Homer öffnete die Tür. „Guten Tag, Miss Cahill.“ Ihmging es ein wenig besser, und er bekam sogar ein leises Lächeln zustande. „Wie kann ich Ihnen helfen?“
„Ist Rose Cooper zufällig hier?“, fragte Francesca.
Homer nickte. „Sie ist im Salon.“
Als er sich umwandte, um den kurzen Weg zum Salon voranzugehen, hielt Francesca ihn zurück. „Homer, was wollte Chief Farr?“
„Ich weiß nicht, Miss Cahill, aber er und Miss Cooper haben ein paar Minuten miteinander gesprochen.“
Also ermittelte er auf eigene Faust! „Hat er im Haus herumgeschnüffelt?“
„Nein.“ Homer wirkte überrascht. „Ich glaube, er kam, weil er Miss Cooper gesucht hat.“
Verdächtigte er etwa ebenfalls Rose? „Wie lange haben sie miteinander gesprochen? Und waren Sie dabei?“
„Er war nur kurz hier, vielleicht fünf Minuten, höchstens zehn. Und es tut mir leid, ich habe nichts gehört, weil sie hinter verschlossener Tür miteinander gesprochen haben.“
Francesca zögerte. „Homer, wenn er zurückkommt, geben Sie mir dann bitte Bescheid. Und falls er es tut, würden sie ihn vielleicht – diskret – belauschen?“ Dabei lächelte sie ihn liebenswürdig und
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