Es wird Dich rufen (German Edition)
»Hier in Rennes?« »Ich vermute«, räumte Mike ein. »Genau weiß ich es nicht.«
Mike reichte ihr den Umschlag und deutete auf die beiden Namen.
Die Dame griff nach einer Brille und setzte sie auf, um die Schrift besser lesen zu können.
»Sehen Sie?«, sagte er. »Rennes-le-Château. Ich denke, dass es die Adresse eines Châteaus in der Stadt ist.«
Die Französin gab ihm den Umschlag schmunzelnd zurück. Dann setzte sie die Brille ab und hielt sie mit beiden Händen fest, während sie sich gleichzeitig mit den Ellenbogen auf dem Schreibtisch abstützte.
»Monsieur! Das ist ein Missverständnis«, lächelte sie.
»Ein Missverständnis?«
»Ja! Sehen Sie: Hier es sich handelt um Rennes-le-Château!«
Sie kramte eine Karte von Frankreich hervor, breitete sie vor sich aus und deutete mit dem Finger auf einen kleinen Punkt nahe der Mittelmeerküste – nicht weit von der spanischen Grenze entfernt.
»Rennes-le-Château ist nicht hier. Es hat nichts mit diesem Rennes zu tun. Das ist ein kleiner Ort am Rande der Pyrenäen, sehen Sie?«
Mike drehte die Karte zu sich und studierte die genaue Lage. Tatsächlich hatte ihm die Dame vom Fremdenverkehrsbüro weitergeholfen – und zwar mehr, als ihr bewusst war. Er war jetzt regelrecht erleichtert.
Nun, so glaubte Mike, sollte es kein allzu großes Problem mehr sein, diesen Bérenger Saunière ausfindig zu machen. Wenn es sich bei Rennes-le-Château wirklich nur um einen kleinen Ort handelte, dann sollte er dort bekannt sein.
»Wollen Sie die Karte gerne mitnehmen?«, fragte die Mitarbeiterin. »Wenn das möglich ist?«, nickte der Journalist.
»Bien sûre!«, sagte sie. Auf jeden Fall.
Sie nahm einen Stift zur Hand und zeichnete um Rennes-le-Château einen Kreis.
»Damit Sie können den Ort besser finden!«, bemerkte sie.
»Danke sehr!«
Mike faltete die Karte zusammen und reichte der Französin die Hand, um sich zu verabschieden. Auch Feline erhob sich, nachdem sie noch einige Worte mit der Dame gewechselt hatte.
»Wir müssen sofort da hin!«, rief Mike seiner Begleiterin aufgeregt zu, als sie das Rathaus verlassen hatten und wieder auf dem Place de la Mairie standen.
»Wir?«, fragte Feline verunsichert. »Wie stellst du dir das vor? Ich kann hier unmöglich weg!«
»Warum nicht? So weit ist das doch gar nicht!«
»Da täuscht du dich, Mike. Du brauchst einen Tag, um dorthin zu kommen«, mahnte sie. »Das wird also mindestens zwei Tage dauern, bis wir zurück sind!«
»Gibt es denn keine Flugverbindung?«
»Ich weiß es nicht.«
»Na ja, macht nichts«, bedauerte Mike. »Dann werde ich eben alleine fahren müssen.«
Er hatte gehofft, dass Feline ihn begleiten würde, damit sie ihm auch in Rennes-le-Château als Dolmetscherin zur Verfügung stand. Allerdings konnte er ihre Lage verstehen.
Seine Entscheidung war also gefallen. Er würde alleine nach Rennes-le-Château reisen.
Vielleicht konnte er den Trip in den Süden Frankreichs dann auch mit einer Visite am nahe gelegenen Mittelmeer verbinden? Die spontane Idee gefiel ihm so gut, dass er sie Feline gleich mitteilte.
»Es kann sein, dass ich mir am Meer ein Hotel suche und mich ein wenig in der Sonne aale, nachdem ich den Umschlag abgegeben habe«, teilte er ihr mit. »Ich werde mich dann wieder bei dir melden, sobald ich zurück bin.«
»Und was ist mit all den Dingen, die ich dir hier zeigen wollte?« Feline klang fast enttäuscht, als wäre sie nicht einverstanden mit Mikes Vorhaben.
»Es gibt noch so vieles, was du sehen musst!«
»Aber das rennt uns doch nicht weg«, beschwichtigte Mike. »Ich bin ja nur zwei oder drei Tage im Süden. Danach komme ich wieder zurück nach Rennes. Und dann holen wir das alles nach, okay?«
Er dachte daran, dass sie heute ja eigentlich das Kloster St. Michel besichtigen wollten. Feline hatte sich so sehr darauf gefreut, ihm gerade das zu zeigen.
»Na gut«, stimmte Feline dennoch zu. Ihr war ohnehin klar, dass sie Mike schlecht von seiner Idee abbringen konnte. Er hatte offensichtlich eine private Mission zu erfüllen und würde keine Ruhe geben, bis er sie hinter sich gebracht hatte.
»Gib Bescheid, wenn du mich wieder brauchst«, bot sie ihm an. »Meine Telefonnummer hast du ja!«
»Werde ich tun!«
Feline verabschiedete sich mit einem freundschaftlichen Kuss auf Mikes Wange und ließ ihn mit seinen Gedanken alleine.
Mike kehrte kurz darauf in die Ferienwohnung seines guten Freundes Walter Stein zurück, um sich dort auf die Fahrt
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