Es wird Dich rufen (German Edition)
vorzubereiten.
Immer wieder fiel sein Blick an diesem Abend auf den mysteriösen Umschlag, der immerhin ein Todesopfer gefordert hatte. Nur zu gerne hätte er ihn geöffnet, um herauszufinden, was genau darin aufbewahrt wurde.
Vielleicht erhielt er ja schon bald eine Antwort darauf.
4
Es war bereits nach Mitternacht, als jemand an die dunkle schwere Eisentüre in den Katakomben eines weithin bekannten süddeutschen Benediktinerklosters klopfte.
»Herein«, rief eine kraftvolle, laute Männerstimme.
Die Tür öffnete sich nur schwerfällig. Sie führte in einen ausschließlich von Kerzen schwach beleuchteten geheimen Saal. Der Raum wies die Größe einer kleinen Kapelle auf und war etwa vier Meter hoch. Fenster gab es keine. An den gemauerten Wänden standen Regale mit Büchern und Dokumenten, die zum Teil viele hundert Jahre alt und vereinzelt auch schon ziemlich verstaubt waren. Die Luft roch modrig. Dafür war es während der heißen Sommertage aber angenehm kühl hier unten.
Am hinteren Ende stand ein größerer Tisch aus massivem Eichenholz. Auch auf ihm stapelten sich Bücher, zwischen denen ein gesetzter Mann neugierig in Richtung der geöffneten Tür schaute.
Der Mann hielt einen Füllfederhalter in seiner rechten Hand, mit dem er sich ein paar Notizen auf dem vor ihm liegenden Blatt Papier gemacht hatte. Eine lange schwarze Kutte verbarg seinen fülligen Körper nur unzureichend.
»Habt Ihr Neuigkeiten, Bruder Thomas?«, erkundigte er sich bei dem jungen Mann, der, nachdem er das Zimmer betreten hatte, nun mit einem nachdenklichen Gesichtsausdruck direkt vor ihm stand. Auch er trug eine weite, jedoch braune Mönchskutte, hatte allerdings den weitaus schlankeren Körper.
»Ja, Euer Eminenz«, sagte er und zögerte. »Ich bedauere, das sagen zu müssen, aber – es sind keine guten Nachrichten.«
Der Ältere legte Stift und Papier zur Seite und erhob sich.
»Was ist passiert?«, fragte er.
»Bruder Gérard … Er ist tot.«
Die Miene des Älteren erstarrte für einen Moment. Bestürzt sah er den Überbringer der Nachricht an und suchte nach Worten.
»Was ist geschehen?«
»Soweit wir erfahren haben, wurde er das Opfer eines Verkehrsunfalls«, berichtete Bruder Thomas.
Der Ältere wurde unruhig. »Wer hat diesen verursacht?«
»Das wissen wir noch nicht. Unsere Quellen in Frankreich sprechen im Moment von einem Unglücksfall. Bruder Gérard wurde beim Überqueren der Straße von einem Wagen erfasst und getötet. Der Verursacher hat Fahrerflucht begangen.«
»Was denken Sie, Bruder Thomas: War es wirklich ein Unglück?« »Sie meinen, ob sie für den Unfall verantwortlich sind?«
Der Ältere nickte. Dann lief er schweigend einige Male auf und ab, sah gedankenverloren an die kuppelförmige Decke des Raumes, dann wieder in Richtung der Bücher in den Regalen sowie in das Gesicht des jungen Mitbruders.
Ihm war klar: Der Todesfall war ein schwerer Schlag für seinen Orden. Bruder Gérard war einer seiner besten Agenten gewesen. Niemand wäre besser geeignet, die heikle Mission durchzuführen, die er ihm anvertraut hatte.
Nun war Gérard tot. Mit ihm war nicht nur einer der wichtigsten Vertreter des Ordens in Frankreich, sondern gleichzeitig auch einer seiner engsten Vertrauten und Freunde gestorben.
Der Schmerz saß tief, aber der Ältere war sich bewusst, dass es zu seiner Aufgabe als Großmeister des Ordens gehörte, sich diesen nicht anmerken zu lassen.
Sie alle wussten, dass so etwas passieren konnte. Das war das tägliche Risiko, mit dem sie sich bei ihrer schweren, aber äußerst wertvollen Arbeit konfrontiert sahen. Jeder der dem Orden beitrat und eine Aufgabe zum Schutz des Allerheiligsten übernahm, wusste genau, worauf er sich damit einließ. Es war eine ehrenvolle Aufgabe im Kampf gegen die dunklen Mächte, auch wenn sie viel zu oft einen sehr hohen Tribut forderte.
»Was ist mit den Dokumenten?«, fragte der Ältere.
»Wir sind uns darüber nicht im Klaren«, gestand Bruder Thomas.
»Wenn wir der Polizei in Rennes glauben wollen, dann hatte er keine Papiere bei sich.«
»Verdammt«, fluchte der Ältere leise. »Und was ist mit diesem Journalisten? Hat er ihn getroffen?«
»Ich glaube nicht.«
»Verdammt!«, fluchte er ein zweites Mal. Er ahnte Schlimmes. »Hoffen wir, dass sie nicht in deren Hände übergegangen sind. Das wäre eine Katastrophe!«
»Das wäre es in der Tat«, pflichtete Bruder Thomas ihm bei.
»Wir müssen vorsichtig sein, dürfen uns jetzt keinen Fehler
Weitere Kostenlose Bücher