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Es wird Dich rufen (German Edition)

Es wird Dich rufen (German Edition)

Titel: Es wird Dich rufen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Cross
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des Unfallopfers sah, fuhr ihm gehörig der Schreck in die Glieder. Es war tatsächlich der ältere Mann, der ihm im Café die Papiere zur Aufbewahrung übergeben hatte.
    Instinktiv, ohne nachzudenken was er tat, ging er auf den Verletzten zu und kniete sich neben ihn nieder. Seltsamerweise wurde er von keinem der Umstehenden daran gehindert.
    Mike fühlte an der Halsschlagader des Mannes den Puls. Er war sehr schwach. Im Gegensatz zu dem merkwürdig verdrehten Körper, der auf mehrere schlimme Brüche und ernsthafte innere Verletzungen schließen ließ, war das Gesicht, abgesehen von ein paar Kratzern und Schrammen, nahezu unversehrt geblieben.
    »Können Sie mich hören?«, fragte Mike. Er erhielt außer einem leisen Stöhnen zunächst zwar keine Antwort, da der Mann aber seinen Kopf langsam zu ihm drehte, schien er zumindest noch ansprechbar zu sein.
    Nur mühsam gelang es dem Verletzten, sich ihm zuzuwenden.
    Als er Mike erkannte, wich die leidende Miene jedoch einem befreienden Lächeln.
    »Gott sei gedankt, dass ich Sie noch einmal sehen darf!« Er sprach sehr leise, immer wieder von schweren Atemzügen unterbrochen.
    »Versuchen Sie bitte, ruhig zu bleiben«, bat ihn Mike. »Hilfe ist bereits unterwegs.« Es war ihm klar, dass sein letzter Satz weniger auf Tatsachen beruhte, als vielmehr dazu dienen sollte, den Verletzten zu beruhigen.
    »Hilfe … kommt zu spät«, hustete der Mann. Aus seinem Mund tropfte Blut. Es war kein gutes Zeichen.
    »Nicht doch«, redete Mike dessen ungeachtet auf ihn ein. An den schlimmsten Fall mochte er im Moment nicht denken.
    Der Verletzte gab dem Journalisten ein Zeichen, dass er näher kommen sollte, damit er ihm etwas ins Ohr flüstern konnte.
    Seine Stimme war noch schwächer geworden.
    »Die Papiere …«, stammelte er, während Mike mit seiner rechten Hand vorsichtig das Gesicht des Verletzten stützte.
    »Sie … Sie ... Sie müssen sie ...«, er bekam kaum noch Luft, »die ›Bewahrer des Lichts‹ … bitte … Sicherheit ... Sie müssen … in Sicherheit bringen …«
    Es waren seine letzten Worte.
    Mike spürte, wie der Kopf des Verletzten nachgab. Eigenartigerweise wirkten seine Gesichtszüge jetzt aber glücklich und befreit.
    Vorsichtig bettete Mike ihn zurück auf die Straße und fühlte noch einmal nach dem Puls. Er spürte ihn nicht mehr.
    Mike vergaß in diesem Moment alles um sich herum. Er bekam es nicht bewusst mit, dass Feline plötzlich hinter ihm auftauchte und ihn zurückzog. Die Sirenen des Krankenwagens klangen für ihn unwirklich. Die herbeieilenden Sanitäter registrierte er nur schemenhaft.
    Seine Gedanken galten einzig dem Auftrag des Verstorbenen. Er sollte die Papiere in Sicherheit bringen – so viel hatte er verstanden. Aber wer oder was waren die ›Bewahrer des Lichts‹?
    »Hallo! Aufwachen!« Feline schüttelte Mike kräftig durch. »Tu mir einen Gefallen und komm wieder zu dir!«
    »Wie?«
    Es war so, als würde er aus einem schlimmen Traum herausgerissen.
    Als Mike sich umsah, bemerkte er, dass er und seine Fremdenführerin bereits wieder am Auto standen. Dass sie ihn mit viel Mühe dorthin gezerrt hatte, hatte er gar nicht wahrgenommen.
    »Was machen wir hier?«, fragte er entrüstet. »Wir müssen sofort zurück! Schnell!«
    »Bist du verrückt?«, sah sie ihn ungläubig an. »Was willst du dort? Da ist doch eh nichts mehr zu machen!«
    »Doch!«, entgegnete er. »Die Gendarmen! Ich muss ihnen sagen, was ich weiß!«
    Sein Blick fiel auf den Schriftzug ihres T-Shirts: »Ich liebe das Leben«. Selten hatte dieser Satz wohl eine tiefere Bedeutung als jetzt – im Angesicht des Todes.
    »Was du weißt?« Feline wirkte ratlos. »Was soll das heißen, was du weißt? Du hast doch von dem Unfall überhaupt nichts gesehen! Was also willst du von der Gendarmerie?«
    Felines Argumente klangen, oberflächlich betrachtet, sicher überzeugend. Gesehen hatte er tatsächlich nichts. Er konnte also höchstens von dem berichten, was ihm der Mann noch gesagt hatte, bevor er starb. Diese Nachricht war aber offensichtlich nur für ihn persönlich bestimmt gewesen! Was also sollte er tun?
    Einer Sache war sich Mike sicher: Er musste schnell handeln.
    »Lass uns zurück ins Café gehen!«, rief er Feline zu. Ihm war klar geworden, dass er zunächst die Papiere an sich bringen musste.
    Feline schien allerdings nicht zu verstehen, was er dort noch einmal zu suchen hatte.
    »Na gut. Wenn du meinst, dann geh halt«, stimmte sie seinem Vorhaben zu, machte

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