Es wird Dich rufen (German Edition)
die Straße hinunter.«
»Machen wir!«, freute sich Mike.
»Kann ich Ihnen sonst noch weiterhelfen?«, fragte sie.
Mike erinnerte sich daran, was Jean ihm geraten hatte.
»Ja, da war noch etwas. Ich sollte Sie nach einem … Sprachführer fragen.« Er konnte sich an die genauen Worte nicht mehr erinnern. »Ich glaube, es war etwas im Zusammenhang mit Boudet.«
»Der Sprachführer von Boudet?«
»Ja, so ähnlich klang es. Sagt Ihnen das etwas?«
»Im Moment nicht«, erklärte Michelle. »Wissen Sie, worum es geht?« »Nicht direkt«, bekannte der Journalist. »Jean sagte, dass …«
»Jean hat Ihnen das Buch empfohlen?«, horchte sie auf. »Sie sind sich absolut sicher, dass er von einem Sprachführer des Abbés Boudet gesprochen hat?«
»Ja! Er sagte es, als wir uns verabschiedeten. Ich hoffe, ich habe ihn nicht missverstanden.«
Michelle atmete tief ein.
»Es scheint nicht der Fall zu sein«, sagte sie dann. »Jean muss allerdings eine Menge von Ihnen halten, wenn er das gesagt hat.«
»Dann gibt es dieses Buch?«
»Es gibt ein Buch von Abbé Boudet, das aber sehr selten ist. Unter uns gesagt: Jean und ich, wir haben einen geheimen Code dafür.«
»›Der Sprachführer‹?«
»Genau.«
»Aber es ist kein echter Sprachführer?«, vermutete Mike.
»Es ist ein sehr seltenes Werk über die wahre Sprache der Kelten«, erklärte sie, ging aber nicht weiter darauf ein, weil in diesem Moment eine Gruppe von sieben Touristen das Geschäft betrat.
»Ich werde es Ihnen nachher mitbringen!«, versprach sie.
»In Ordnung«, erklärte sich Mike einverstanden und brachte die Bücher, die Michelle ihm empfohlen hatte, nach vorn an die Kasse.
Michelle folgte ihm und rechnete zusammen: »Das macht dann 210 Franc«, sagte sie.
Während Mike das Geld aus seinem Portemonnaie kramte, packte Michelle die Bücher in eine Plastiktüte und reichte sie ihm.
»Dann sehen wir uns im Restaurant!«, verabschiedete er sich. »Bis gleich, Monsieur Dornbach!«
22
Mike blickte auf seine Armbanduhr. Die Minuten waren wie im Fluge vergangen. Er hatte es sich mittlerweile in dem kleinen Restaurant »Pommes Bleues« bequem gemacht. Genauer gesagt, im Garten des Restaurants, der an das ehemals stolze Château von Rennes grenzte, wo Mike einen gemütlichen Platz entdeckt hatte. Vor ihm stand ein Glas mit Mineralwasser.
Von hier wirkte das Château noch zerfallener als von der kleinen Mauer aus, auf der er am Morgen mit Jean gesessen hatte. Trotzdem umgab es noch immer eine stolze Aura aus längst vergangenen Zeiten.
Der Gartenbereich des Restaurants war gut gefüllt. Viele Touristen ließen im Schatten der Bäume ihren Besuch in Rennes-le-Château ausklingen.
Zu gerne hätte Mike auch Feline hierher eingeladen, hatte sie aber am vereinbarten Treffpunkt, der Bank unterhalb des Tour Magdala, nicht mehr angetroffen. Vielleicht hatte sie sich nur einen Moment ihre Beine vertreten. So wartete Mike nun alleine auf die Besitzerin des Buchladens, mit der er verabredet war. Er nutzte die Zeit, indem er in den Büchern blätterte, die er bei ihr gekauft hatte.
Momentan hielt er das Buch über die Nazis und deren Gralssuche in Südfrankreich in seinen Händen. Der Klappentext ließ Interessantes vermuten. Beim Studieren der Inhaltsangabe stellte Mike fest, dass sich die Recherchen vor allem um einen Mann drehten: um Otto Rahn.
Mike las aufmerksam den kurzen Lebenslauf, der dem Buch beigefügt war.
Otto Rahn wurde am 18.Februar 1904 in Michelstadt im Odenwald geboren. Am Landgraf-Ludwig-Gymnasium kam er über seinen Religionslehrer Freiherr von Gall zum ersten Mal mit dem Schicksal der Katharer in Berührung. Anfang der 30er Jahre zog es ihn in das Gebiet des Rhazes. Rahn bereiste die wichtigsten Katharer-Zentren, um sie später in seinem Buch ›Kreuz-zug gegen den Gral‹ zu beschreiben.
Mit seinem Eintritt in die SS am 12. März 1936 gelangte Rahn in den persönlichen Stab von SS-Reichsführer Heinrich Himmler. Dieser versuchte offenbar, im Rahmen des Forschungsamtes Ahnenerbe in den Besitz des Grals zu kommen und organisierte diesbezüglich Expeditionen nach Südfrankreich.
In einem Schreiben vom 28. Februar 1939 bat Rahn um seine Entlassung aus der SS. Der Bitte wurde entsprochen. Wenig später beging Otto Rahn Selbstmord. Er starb in der Nacht vom 13. auf den 14. März in der kalten Bergwelt bei Kufstein. Gefunden wurde er allerdings erst zwei Monate später. Die Leiche war nach Angaben der Gendarmerie Söll/Tirol bereits stark
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