Es wird Dich rufen (German Edition)
Pendel, Heil bringenden Steinen und Souvenirartikel, die die Touristen zuhause an den Besuch im Dorf erinnern sollten.
Mike betrat das Geschäft, das eher klein und relativ eng war. Die Regale an den Wänden waren mit allerlei Büchern, Bildbänden, Videos, ja sogar mit winzigen Plastikfiguren des Priesters und des Teufels, der den Eingang zur Kirche bewachte, vollgestopft. Ein großes Holzregal in der Mitte des Raumes enthielt zudem Kopien von persönlichen Aufzeichnungen und Auszügen aus der Korrespondenz des Abbés Saunière.
Außer Mike waren noch zwei weitere männliche Besucher anwesend, zwischen 60 und 70 Jahre alt. Sie fielen durch ihre sonderbare Kleidung auf: Einer der beiden trug Shorts mit einem seltsamen Blumenmuster, der andere Sandalen mit weißen Socken zu einer viel zu engen, kurzen Hose. Aufgrund seiner nur noch spärlich vorhandenen, dafür aber schulterlangen Haare, sah er recht ungepflegt aus. Ganz im Gegensatz zu der jungen charmanten Dame, die ermüdet wirkte, Mike aber dennoch freundlich mit »Bonjour, Monsieur« begrüßte.
»Bonjour, Madame!«, antwortete er.
Die Frau war höchstens Anfang 30. Ihr maßgeschneidertes dunkles Kostüm, die funkelnden Ohrringe und die goldene Kette an ihrer rechten Hand unterstrichen die Wirkung einer eleganten Geschäftsfrau.
»Cherchezvous des livres sur l´abbé?«, erkundigte sie sich.
Dass sie ihn danach gefragt hatte, ob er Bücher über den Priester suchte, das hatte er gerade noch verstanden. Bevor sie allerdings weiter ausholen und ihm genau erklären würde, wo er welche Bücher finden konnte und welches von besonderem Interesse sei, griff Mike auf einen der wenigen französischen Sätze zurück, die er absolut perfekt beherrschte: »Pardon, parlez-vous allemand?«
Mike hatte im Hinterkopf, dass die Besitzerin deutsch spricht. So hatte es zumindest Jean gesagt.
»Oh, Sie sind aus Deutschland?«, strahlte sie ihn tatsächlich an. »Schön, dass Sie den weiten Weg auf sich genommen haben! Sie sind das erste Mal hier?«
»Ja!«, bestätigte Mike.
»Das dachte ich mir«, sagte sie. »Ich habe Sie hier nämlich noch nie gesehen – und Gesichter kann ich mir schon nach der ersten Begegnung sehr gut merken.«
»Dann müssen Sie ein fotografisches Gedächtnis haben!«
»Das haben schon viele von mir behauptet«, erklärte sie und streckte ihm die Hand entgegen. »Ich bin Michelle Chartreaux!«
»Mein Name ist Mike Dornbach«, sagte er.
»Schön! Schauen Sie sich um, Monsieur Dornbach. Wenn ich Ihnen helfen kann, sagen Sie es bitte!«
»Danke!«, nahm Mike ihr Angebot gerne an.
Offenbar war der Buchladen auf ein internationales Publikum eingestellt. Die Bücher, darunter viele Sachbücher, aber auch einige Romane, waren in spanischer, französischer, englischer, italienischer und teilweise auch deutscher Sprache verfasst. Die meisten beschäftigten sich natürlich mit dem Mysterium von Rennes-le-Château. Mike entdeckte aber auch viele Bücher über die Tempelritter, die Katharer, die Merowinger – ja, sogar über die Nazis und ihre Suche nach dem Heiligen Gral in Südfrankreich.
Durch die Auswahl an Titel und Themen gewann er fast den Eindruck, dass es kaum eine Zeitepoche gab, in der die jeweiligen Machthaber nicht am legendären Heiligen Gral interessiert waren. Kaum ein gedrucktes Werk war hier zu finden, das sich nicht mit diesem Thema auseinandersetzte. Und das wiederum musste ja einen ganz bestimmten Grund haben. Offensichtlich spielte diese Reliquie eine weitaus größere Rolle in dem Geheimnis, als er es zunächst vermutet hatte.
Mike nahm das Buch über die Nazis und deren Gralssuche aus dem Regal – nicht, weil er sich sonderlich für die Vergangenheit des Dritten Reiches interessierte, sondern weil es als eines der wenigen deutschen Bücher in greifbarer Nähe stand.
Er richtete seine Aufmerksamkeit auf den Klappentext des Buches.
Der Heilige Gral und die Heilige Lanze. Beide Reliquien faszinierten die Nazis. Während die Lanze mit der Annexion Österreichs in den Besitz der Nationalsozialisten überging, suchten der Reichsführer SS, Heinrich Himmler, und seine Truppen in Südfrankreich nach dem Gral. Unterstützung erhielten sie von einem deutschen Gralsforscher: Otto Rahn. Rahn glaubte, dass der legendäre Abendmahlskelch in den Pyrenäen zu finden sei. Bestseller-Autor Marcel Daffner entführt Sie auf bislang unbekannte Pfade, die das mythologische Denken der Nazis veranschaulichen und die schreckliche Perversion des
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