Es wird schon nicht das Ende der Welt sein
er jemanden brauchte, der auf Gil aufpasste. Sie hatte gesagt, Gil habe ihr leidgetan, weil er von seinem Dad und den anderen Blackfellas so durch die Wüste geschleppt wurde. Gils Mum war nicht mehr da. Sie war bei einem Autounfall umgekommen, als Gil noch klein war. Gil war auch in dem Auto gewesen, Mum hielt es für ein Wunder, dass er nicht auch getötet worden war. Das Auto war ein paar Meter abseits von der Tanami Road gegen einen Baum gefahren. Keiner wusste, wie es passiert war. Gil erinnert sich nicht dran, er war zu klein. Na egal, ich glaube, deshalb hat Mum ihn zum Spielen kommen lassen.
Ich versuchte, mich zu erinnern, wann ich Gil zum letzten Mal gesehen hatte. Wahrscheinlich hatte er während der Weihnachtsferien ein paar Mal reingeschaut, dachte ich. Das Letzte, was ich gehört hatte, war, dass er im Laden in Warlawurru einen Job gekriegt hatte.
Am selben Abend, Mum war gerade im Esszimmer und machte die Buchführung für die Farm, fragte ich sie, warum wir die Pommie brauchten, wenn die doch keine Ahnung von nichts hatte. Mum sagte nur, die Pommie würde sich bestimmt ganz gut machen, wenn sie den Bogen erst mal raus hatte . Ich wollte wissen, wie lange das dauern würde, aber das wusste Mum nicht. Ich sagte, ich würde schätzen, dass es ewig dauern würde und dass wir sie einfach feuern sollten, so wie Dad Olive Fish gefeuert hatte. Das war die alte Hauslehrerin vor Bobbie. Miss Fish hat sich nicht lange gehalten. Sie konnte uns Kinder nicht ausstehen, besonders Jonny nicht. Sie hatte gesagt, er wäre ein Hooligan. Wir waren alle der Meinung, dass sie ein paar Schrauben locker hatte. Ich sagte zu Mum, ich glaubte, mit der Pommie wäre das genauso. Da rastete Mum aus und brüllte: »Um Himmels willen, Daniel. Es reicht. Siehst du denn nicht, dass ich zu tun habe?« Ich ging in mein Zimmer und beschloss, der Pommie eine Lektion zu erteilen.
8
KURZE ZEIT SPÄTER FANDEN WIR eine Mulga im Schulzimmer – das ist eine Giftschlangenart, manche Leute sagen auch King Brown dazu. Sie war noch ein Baby, Bobbie holte also einen Spaten und hackte ihr den Kopf ab. Danach guckten wir sie uns alle gut an. Sie war so klein, aber sie konnte einen töten. Da sie ja tot war, hob ich sie auf und fragte Bobbie, ob ich sie behalten könne. Bobbie wollte wissen, was ich damit wollte, aber ich zuckte nur mit den Schultern, ich wollte nichts verraten. Ich glaub, Bobbie war ganz egal, was mit der Schlange passierte, nachdem sie tot war, sie sagte, wir sollten uns alle wieder auf unsere Plätze setzen und mit unserer Arbeit weitermachen.
Ich glaub, an diesem Abend hörte das gesamte Territory den Schrei der Pommie, als sie die Laken zurückzog und eine kopflose Mulga in ihrem Bett fand. Wir rannten alle aus dem Haus, weil wir sehen wollten, was los war. Die Pommie stand, an die Wand gedrückt, in ihrem Zimmer und hatte Todesangst, dabei brüllte sie: »Da ist eine Schlange in meinem Bett!« Bobbie war da. Ein Blick reichte, und sie wusste sofort, was passiert war. Dad, Elliot und Lloyd waren alle bereit zu töten, was auch immer die Mädchen angegriffen hatte. Dad war im Pyjama und trug ein Gewehr. Lloyd hatte nur seine Boxershorts an, aber doch wenigstens einen Baseballschläger dabei. Elliot musste geschlafen haben, als die Pommie losschrie, denn er hatte einen Stiefel in der Hand – ich vermute, das war das Erste, was im Dunkeln zur Hand gewesen war. Als sie kapierten, was los war, schüttelten Lloyd und Elliot die Köpfe und wanderten zurück zu ihrem Wohnwagen. Ich glaub, sie wussten nicht, ob sie nun sauer sein sollten, weil sie geweckt worden waren, oder froh, weil sie es nicht mit einem verrückten Axtmörder aufnehmen mussten. Dad guckte die Pommie an und dann mich und sagte: »Ist das dein Werk?«
Ich nickte und lachte echt laut und sagte: »Reingelegt, Liz!«
Die Pommie war immer noch ziemlich fertig, glaube ich. Sie hielt sich das Schlüsselbein und schüttelte den Kopf. Dad nahm Emily auf den Arm und trug sie zurück zum Haus. Mum fand, wir hätten genug Aufregung für eine Nacht gehabt und sollten alle wieder ins Bett gehen. Sie sagte: »Alles in Ordnung mit dir, Liz?«, als wir alle gingen. Die Pommie nickte, aber ich merkte, dass sie Angst hatte. Wie lange sie es wohl noch auf Timber Creek aushalten würde? Am nächsten Tag beim Frühstück lachten wir alle drüber. Ich konnte nicht fassen, dass die Pommie lächelte. Sie sagte, sie glaube, solange sie auf Timber Creek sei, müsse sie lernen, beim
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