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Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Titel: Es wird schon nicht das Ende der Welt sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Lewis
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und sagte: »Welche Scheißstraße denn?«
    Das Funkgerät knisterte wieder, und Dads Stimme röhrte: »Daniel! Was zum Teufel machst du da?« Ich wusste, ich war total in Schwierigkeiten. Keiner nannte mich Daniel, es sei denn, irgendwas war ernsthaft schiefgelaufen. Ich stellte mir vor, wie Dad die Hände rang, mit ganz verkniffenen Augen, wie immer wenn er wütend war – und deshalb antwortete ich nicht. Ich hielt es für das Beste, Buzz wiederzufinden, denn egal was passierte, Ärger würde ich sowieso kriegen.
    Ich quetschte mich rückwärts aus dem Fenster, setzte meinen linken Fuß auf die Kante und hielt mich am Dach fest. Als ich mein Gleichgewicht gefunden zu haben schien, zählte ich bis drei und drückte mich hoch, sodass ich auf der Fensterkante stand – irgendwie kauernd, aber draußen. Es war echt hoppelig, und ich war so dicht an den Rindern dran, dass ich ihre Hitze spüren konnte. Wenn ich ausrutschte, schätzte ich, würde ich entweder zu Tode getrampelt oder vom Pick-up überrollt werden. Da kam mir Jonny in den Kopf. Ich konnte ihn deutlich wie sonst was vor mir sehen. Er sah total ernst aus. Das war seltsam, weil ich mich manchmal, wenn ich an Jonny denken wollte, nicht daran erinnern konnte, wie er ausgesehen hatte. Aber dann wieder, wenn er mir einfach irgendwie in den Kopf kam, ohne dass ich an ihn dachte, konnte ich ihn so deutlich sehen – als ob er direkt neben mir sitzen würde. Ich musste mich konzentrieren. Ich musste unbedingt auf die Ladefläche und leicht war das nicht.
    Ich langte zum rückwärtigen Teil der Fahrerkabine und fand eine Stange zum Festhalten. An der zog ich, so fest ich konnte. Gleichzeitig schleuderte ich mein rechtes Bein auf die Ladefläche. Mit dem linken Fuß drückte ich mich von der Fensterkante ab. Alles geschah auf einmal. Als mein rechter Fuß hinten angekommen war, baumelte der linke hinter mir runter und schlug gegen den Metallstreifen an der Seite vom Pick-up, dann schwenkte er nach hinten, und ich trat eine Kuh. Ich stellte mir vor, so zu enden wie Regs Viehtransporterfahrer, der, der auf dem Hänger von den Rindern zerquetscht worden war, und das gab mir die Kraft, meinen Körper auf die Ladefläche zu ziehen.
    Der Pick-up holperte durch die Wüste, und ich lag mit dem Gesicht nach unten auf dem gefurchten Metall, das ich bei jedem Atemzug hart an meinen Rippen spürte. Ich schnappte nach Luft und wartete darauf, dass der Schmerz in meinem Bein und meiner Brust aufhörte. Während ich auf das dumpfe Pochen meines Herzens lauschte, fiel mir ein Klopfgeräusch auf. Mir wurde klar, dass die Pommie an die hintere Scheibe der Fahrerkabine klopfte. Ich richtete mich auf die Knie auf und guckte durch das dreckige Fenster. Ihr Gesicht war im Rückspiegel zu sehen. Sie fragte, ob mit mir alles in Ordnung war. Ich nickte und zog mich ordentlich hoch, sodass ich an der Kabine lehnte. Ich schaute auf die Herde ringsum und stellte fest, dass wir ein gutes Stück von der Spitze entfernt waren. Hinter uns konnte ich die Einzäunungen liegen sehen. Dads Pick-up war ziemlich weit hinten. Ich war froh, dass ich das Funkgerät nicht mehr hören konnte. Manchmal, glaub ich, wenn man so viel Ärger hat, kann man nur weiter geradeaus gehen. Ich musste Buzz finden.
    Aber das war nicht leicht. Wir waren zwischen all den Rindern gefangen – wie in einem riesengroßen Viehsandwich – nur dass wir die Füllung waren. Die Pommie tat ihr Bestes, uns durch die Herde zu steuern. Sie hupte ziemlich viel und hätte fast einen Stier überfahren, der uns nicht ausweichen wollte. Doch wir mussten weg von den Rindern. Wir mussten um sie herumfahren, wenn wir an die Spitze gelangen wollten.
    Ich klopfte ans Fenster, um der Pommie zu sagen, sie solle abdrehen, rausfahren aus der Herde. Sie kapierte es nicht. Nach links rüber, sagte ich deshalb. »Was?«, machte sie mit den Lippen. So ging das noch ein paar Mal, bis sie es schließlich verstand und schnell den Daumen hochhielt. Dann bog die Pommie ab und brachte mich aus dem Gleichgewicht. Ich fiel hin und schlug mir das Knie an der Ladefläche auf. Einen Moment blieb ich liegen, um wieder zu Atem zu kommen. Mir standen Tränen in den Augen, aber dass ich jetzt anfing zu heulen wie ein Baby, war das Letzte, was ich brauchen konnte.
    Ich hörte, wie die Pommie einen niedrigen Gang einlegte und Gas gab. Ich war überrascht – sie war nie eine tolle Fahrerin gewesen, während ihrer Zeit auf der Station musste sie also das eine oder

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