Es wird Tote geben
riesigen Garten, eine Feuerstelle, eine Katze, die mit einem Raben Kunststücke aufführt … Ruf mich am Tag davor an, dann richte ich das Gästezimmer her … Natürlich sind deine Freunde auch willkommen, aber Rauschgift wird bei mir nicht konsumiert … Ich hab dich lieb, schöne Grüße an deinen Vater … Ja, an deine Mutter natürlich auch.“
Eine gute Viertelstunde ließ Schäfer seinen Gummiball im ungefähren Rhythmus von Zola Jesus, Neil Young und Peaking Lights springen, bis das Telefon sich darüber empörte, wie der hochrangige Polizist mit Steuergeldern umging.
„Major Schäfer? … Doktor Lainz von der Gerichtsmedizin … wir haben bereits …“
„Ja, ich weiß, wer Sie sind – womit kann ich dienen?“
„Es geht um die toxikologische Untersuchung von Yvonne Raab … wir haben im Blut des Mädchens Spuren von LSD und Benzodiazepinen gefunden, das sind …“
„Tranquilizer, ich weiß“, Schäfer drückte die Stopptaste seines CD-Players, der gerade White Rabbit von Jefferson Airplane preisgab. „Wie viel?“
„Reichlich … so viel, dass man davon ausgehen kann, dass sie das LSD in der dem Suizid vorausgegangenen Nacht oder vielleicht sogar am Morgen eingenommen hat.“
„Ich kümmere mich um die Sache … danke.“ Er legte auf und rief Auer in sein Büro.
„Irgendwelche Ergebnisse bei Ihren … Nachforschungen?“
„Der Suizid? … Also bislang habe ich keine Zeit gehabt, aber …“
„Was haben diese Filmleute gesagt? Haben die etwas gehört oder gesehen, als sie am Morgen durch den Wald spaziert sind?“
„Sie haben die Notbremsung gehört, haben sich aber nichts gedacht dabei … Das sind vielleicht arrogante Schnösel, wenn Sie mich fragen. Dieser Brandt hat mich angeschaut, als wollte er mich für einen Pornofilm casten.“
„Nehmen Sie’s als Kompliment … und jetzt gehen Sie noch einmal in die Schule und befragen Sie die Mitschülerinnen … vor allem diese drei Mädels.“ Schäfer reichte Auer einen Zettel mit den Namen von Yvonnes besten Freundinnen.
„In Bezug auf was?“
„Verhaltensänderungen im vergangenen Jahr, ihre Beziehung zu Daniel Antinori, Kontakte zu Personen außerhalb der Schule, Leistungsabfall in irgendeinem Fach … und vor allem Drogenkonsum.“
„Da hat niemand was ausgesagt.“
„Die Gerichtsmedizin hat festgestellt, dass Yvonne kurz vor ihrem Tod Drogen konsumiert hat, also: Fragen Sie noch einmal … Nehmen Sie Friedmann mit, der schüchtert die mehr ein.“
„Okay …“
„Und fragen Sie diese Sarah Köfler, weswegen sie kaum noch Kontakt zu Yvonne gehabt hat … Wenn Ihnen etwas merkwürdig vorkommt, bohren Sie nach und wenn Sie wieder zurück sind, erstellen Sie ein Gesprächsprotokoll und bringen es mir.“
„Gut … dann …“
„Dann gehen Sie jetzt, ja“, antwortete Schäfer.
Regungslos, fast als ob er einem Maler als Modell diente, saß Schäfer am Schreibtisch und starrte in die Luft. Etwas stimmte nicht. Eine Ungereimtheit, etwas Übersehenes, es sprang durch sein Gehirn wie der Gummiball durch den Raum, doch wesentlich schneller und nicht fassbar. Und er konnte nicht einmal sagen, ob es mit dem Selbstmord von Yvonne Raab zusammenhing. Mit den Drogen, die sie genommen hatte. Mit irgendeinem der anderen Delikte, die sie aktuell bearbeiteten, oder einfach nur damit, dass der Rabe am Vortag vergeblich auf die Katze gewartet hatte. Vielleicht auch nur damit, dass er es aus seiner früheren Tätigkeit gewohnt war, allerlei plausible und absurde Zusammenhänge herstellen zu müssen und jetzt mit Konflikten betraut war, die eine nüchterne und geerdete Vorgangsweise verlangten. War es möglich, gleichzeitig über- und unterfordert zu sein?, fragte er sich und sah den Drehbuchautor an der Scheibe vorbeigehen.
„Grüß Gott, Herr Major.“ Der Mann hatte sich nicht nur der österreichischen Grußweise befleißigt, sondern blieb obendrein an der Schwelle stehen, bis er aufgefordert wurde, einzutreten. Gute Manieren, damit hatte man bei Schäfer gleich einmal einen Sympathievorschuss.
„Herr … Sanders, oder?“
„Genau … ich wollte Ihnen nur das Drehbuch vorbeibringen, damit Sie es nicht ausdrucken müssen.“
„Das ist nett … ich hätte es aber auch am Bildschirm lesen können.“
„Ja … aber das da brennt besser.“ Sanders grinste und legte das Manuskript auf den Schreibtisch.
„Das sagen Sie über Ihr eigenes Werk?“
„Auftragswerk … die Story ist völlig hanebüchen, aber bitte
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