Es wird Tote geben
sich die Abstände zwischen den Verbrechen verkürzen und der in immer kürzeren Abständen killen muss.“
„Sie reden von Serienmördern … wir haben allerdings keinen erwiesenen Mord und auch kein Geständnis eines Täters … da ist das erste Stadium wohl noch lange nicht vollendet, wie mir scheint.“
„Aber … aber“, Sanders wollte noch nicht aufgeben, „vielleicht ist das die österreichische Variante … der ist einfach ein bisschen gemütlicher, wartet was kommt und überstürzt die Dinge nicht.“
„ Austrian acceleration also“, Schäfer stocherte im Feuer, „dass ich da selbst nicht draufgekommen bin.“
„Macht ja nichts … jedenfalls sollten Sie jetzt zügig etwas unternehmen, bevor Ihr Kandidat sich das nächste Opfer vornimmt … außerdem sind Sie und Ihre Kollegen, mit denen der Täter Kontakt aufgenommen hat, ebenfalls in seinem Schussfeld und … “
„Hören Sie … ich weiß Ihre Fantasie wie auch Ihren Scharfsinn sehr wohl zu schätzen, allerdings sehe ich mich gezwungen, unter diese Form der … Kooperation einen Schlussstrich zu ziehen.“
„Wieso denn? Was habe ich denn falsch gemacht?“
„Sie gar nichts, aber ich … Sie sind eine Zivilperson und ich hätte Ihnen nichts über dieses Video erzählen dürfen, zumal Sie sich in einem Umfeld bewegen, aus dem die gesuchte Person kommen könnte“, Schäfer schnaufte tief durch, um seinen formellen Ton beibehalten zu können, „ich darf Sie in diese Ermittlungen nicht einbeziehen, das könnte mich meinen Job kosten oder, schlimmer noch, Sie in Gefahr bringen.“
„Mich? Wieso?“
„Weil … Herr Sanders, nichts für ungut, aber belassen wir es vorerst einfach dabei … ich habe einen anstrengenden Arbeitstag hinter mir, ich möchte jetzt noch ein paar Sternen dabei zusehen, wie sie vom Himmel fallen, und dann ins Bett gehen, ohne die Waffe unter den Polster legen zu müssen.“
„Oh … ja … entschuldigen Sie … ich dachte nur, dass …“
„Schon in Ordnung … nur das nächste Mal bitte zur offiziellen Dienstzeit.“
Schäfer drückte den Störenfried weg und fuhr fort, der Katze den Nacken zu kraulen. Fauch! Was war los mit ihm? Zuerst gierte er nach der Gesellschaft dieses Mannes wie die Katze nach der Maus, weihte ihn sogar in seine Ermittlungen ein und dann – wollte er ihn loswerden wie eine Zecke. Ein Gespräch mit seinem früheren Therapeuten fiel ihm ein, bei dem es um das Ausloten von Nähe und Distanz gegangen war. Setzen Sie Grenzen, Herr Schäfer! Ach Scheiße – hätte er zur Mutter von Yvonne Raab sagen sollen: Hören Sie auf mit der peinlichen Flennerei und sagen Sie mir, warum Ihre Kleine das getan hat? Hätte er zu Nadja Windreiter sagen sollen: Selber schuld, wenn du dich mit einem Minirock ins Auto von so einem Lüstling setzt? Sobald er darüber nachdachte, welche Grenzen er hätte ziehen sollen, stand doch schon der nächste Versehrte am Schlagbaum und begehrte Asyl zu seiner Aufmerksamkeit und Anteilnahme. Wen wunderte es, dass ihm die gesellschaftlich anerkannten Grenzen im vorigen Jahr völlig verloren gegangen waren. Dass er eine neue gezogen hatte, die nur mehr zwischen Lebenlassen und Töten trennte, zwischen Engeln und Dämonen.
Der Schaden, den seine Seele dabei genommen, die Verletzung, die sein Gehirn erlitten hatte, seine jetzige Verfassung, die fernab von einem Zustand namens Gesundheit war – ohne Korpsgeist, gute Beziehungen und eine Vertuschung seiner Fehlleistungen hätte man ihm nicht einmal einen Job als Schülerlotse anvertraut. Da oben kommen Sie zur Ruhe, hatte Oberst Kamp gemeint, in ein paar Jahren sind Sie wieder ganz der Alte. Der Alte? Gott bewahre! Wenn er daran dachte, was er sich seit diesem Mehrfachmörder-Fall in Kitzbühel geleistet hatte. Wie viele Male er die knöchernen Finger des Todes auf seiner Schulter gespürt, wie oft er diesen eingeladen hatte, ihn endlich mitzunehmen – nein, mit dem alten Schäfer wollte er nichts mehr zu tun haben. Und genau hier lag der Hund begraben: dass er sich nach Frieden sehnte, nach einem Schaukelstuhl auf einer Holzveranda, wo er dem struppigen Mischlingshund neben ihm den Kopf kraulte und sich nur zweimal am Tag erhob, um Bohnen mit Speck zu machen. Woran dieser überdrehte Autor, Inspektorin Auer und – nicht zu vergessen – seine Arbeit überhaupt kein Interesse zeigten. Die warfen ihm zwei tote Mädchen und ein weiteres im Koma auf die Veranda und brüllten ihm ihre Serienmörder-Theorien zu. „Profiler,
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