Escape
schwungvoll mit meinem freien Bein nach dem Mann, traf ihn seitlich in der Nierengegend. Er krümmte sich. Ich sprang auf, holte aus und schwang das Vasenstück auf seinen Hinterkopf. Die Haut platzte auf und Blut sprudelte aus der Wunde, während der Mann auf den Boden sackte.
Sam verpasste Riley einen Kinnhaken. Der taumelte rückwärts in einen Müllcontainer. Sofort war Sam wieder bei ihm, griff mit der Linken in Rileys Haare und boxte ihn mit der Rechten.
Rileys Körper erschlaffte. Sam zielte mit der Pistole auf ihn.
»Nein! Bitte, tu's nicht!«
Sam sah über die Schulter zu mir. »Anna«, sagte er, mein Name klang wie ein verzweifeltes Seufzen.
»Bitte.«
»Wieso nicht?«
»Keine Ahnung.« Ich kannte Riley persönlich, und obwohl er ja offensichtlich dazu bereit war, meinem Leben ein Ende zu setzen, war ich mir nicht so sicher, dass ich diesen Weg wirklich einschlagen wollte. »Bitte«, wiederholte ich, »tu's nicht.«
Sam ließ die Waffe sinken. »Durchsuch ihn.« Er nickte zu dem Mann hinter mir. »Ausweis. Schlüssel. Waffen.«
Ich durchwühlte seine Taschen und beobachtete dabei, wie sich sein Brustkorb hob und senkte. Ich fand ein Portemonnaie, ein paar Kabelbinder und ein Schlüsselbund. All das reichte ich Sam. Er warf alles, zusammen mit den Sachen, die er Riley abgenommen hatte, in einen der Müllcontainer.
Wir verließen die Gasse und im Laufen rief Sam die anderen an. »Bei euch alles klar? Wir mussten den Rückzug antreten.« Er machte eine Pause. »Kommt zum Wagen.«
An mich gerichtet, fragte er: »Alles in Ordnung? Kannst du laufen?«
Ich nickte, obwohl Laufen das Letzte war, was ich tun wollte. Ich war nicht so cool und abgebrüht wie Sam. Ich konnte nicht gegen Menschen kämpfen, gegen Menschen, die ich kannte, denen ich vertraut hatte, und dann einfach weitermachen, als wäre nichts passiert. Riley hatte seine Waffe auf mich gerichtet. Hätte Connor das auch getan? Und Dad? Was hätte er gemacht, wenn er hier gewesen wäre?
»Alles in Ordnung«, sagte ich dennoch. Ich wollte Sam beweisen, dass ich neben ihm bestehen konnte, selbst wenn die Lage ernst war. Also liefen wir weiter.
Auf der Höhe des Buchladens bemerkten wir einen grauen Wagen, der mit quietschenden Reifen auf den Parkplatz bog. Gummi rieb sich am Asphalt ab und schon steuerte das Auto auf uns zu.
»Ist das -«
»Lauf!« Sam schob mich Richtung Jeep.
Die graue Limousine wich nach links aus und sauste über den Parkplatz, parallel zu uns. Die anderen Jungs stürzten aus dem Sportgeschäft rechts von mir. Sie stürmten zu uns, schnell war Cas vor, Trev neben und Nick hinter mir. Ich versuchte, gezielt zu atmen, weil sich meine Lunge schon verkrampfte.
Gerade als wir einen weiteren Parkstreifen kreuzten, bog der graue Wagen in diesen ein. Unser Jeep war noch drei Reihen entfernt. Das würden wir nie schaffen.
Hinter uns quietschten Bremsen. Ich wollte mich umdrehen, doch Nick drängte mich weiter. Schritte näherten sich uns. Cas war als Erster beim Jeep. Sam warf ihm den Schlüssel zu, den Cas aus der Luft fing, bevor er hinters Steuer rutschte. Trev riss eine der hinteren Türen auf, Nick steuerte den Beifahrersitz an.
»Schnappt euch zuerst das Mädchen!«, brüllte jemand.
Mein Hals zog sich zusammen. Die Schritte kamen immer näher. Sam rannte um den Wagen herum, ich kletterte hinein, Trev folgte mir. Da griff auch schon eine Hand nach mir. Ich kreischte, weil einer der Agenten mich an den Haaren gepackt hatte und versuchte, mich daran aus dem Jeep zu zerren. Sam legte mir einen Arm um die Taille.
»Fahr los!«, schrie Nick.
Cas riss den Hebel auf D.
Es fühlte sich an, als würde meine Kopfhaut in Flammen stehen.
Trev schnappte sich die Tasche mit den Pistolen aus dem Fußraum und rammte sie gegen den Agenten. Als die Tasche ihn traf, verlor er den Halt und ließ meine Haare los, stolperte rückwärts. Cas trat aufs Gaspedal und sofort schössen wir davon. Trev gelang es noch, die Tür zu schließen.
»Du Idiot!«, schrie Nick. »Jetzt haben wir keine Waffen mehr!«
»Die hatten Anna!«, schrie Trev zurück. »Was anderes war nicht da.«
Ich versuchte, die Diskussion auszublenden, und Sam zog mich nah zu sich. Die Angst überlagerte meine Schmerzen im Knie und am Kopf.
Nur fünf Minuten zuvor hatte Sam mich gefragt, ob mit mir alles in Ordnung war. Da wäre die ehrliche Antwort eigentlich Nein gewesen. Doch nun waren wir nur knapp den Agenten entwischt, was sich in diesem neuen Leben wie ein Erfolg
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