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ESCORTER (German Edition)

ESCORTER (German Edition)

Titel: ESCORTER (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christine Millman
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mulmig zumute. Sie glaubte nicht, dass die Frau rein zufällig in die gleiche Richtung lief. Das Gefühl der Bedrohung verstärkte sich, als sie einen weiteren Blick über die Schulter warf. Die Frau kam nicht näher, fiel aber auch nicht zurück und sie starrte sie unverfroren an, mit diesem tückischen Ausdruck im Gesicht.
    »Sie ist mir unheimlich«, wisperte Doreé.
    »Ich geh hin und frag’ was sie will, okay?«, murmelte David. Ehe Doreé etwas erwidern oder ihn aufhalten konnte, wandte er sich um und schritt auf die Frau zu. Mit vor der Brust verschränkten Armen baute er sich vor ihr auf. Furchtlos und selbstbewusst wirkte er.
    Doreé spitzte die Ohren, konnte aber nicht verstehen, was er sagte, sah nur, wie die beiden einander musterten wie alte Feinde. Die Frau grinste abfällig und begann, mit den Händen zu fuchteln, als würde sie Zeichen für Taubstumme in die Luft malen. Dann zog sie etwas aus ihrer Hose und hielt es David hin. Etwas helles Rechteckiges. Davids Hand schnellte zur Gesäßtasche seiner Jeans. Doreé runzelte die Stirn. Trug er etwa eine Waffe bei sich?
    Er schrie etwas und deutete mit dem glänzenden Ding in seiner Hand auf die Brust der Frau. Doreé schluckte nervös. Warum hatte sie den Eindruck, dass die beiden einander kannten? Dass David wusste, was die Frau wollte. Schon auf der Aussichtsplattform hatte sie das Gefühl gehabt, etwas zu verpassen. Etwas, das sie nicht begreifen konnte, als wäre sie Teil eines surrealen Films, der sich ihr erst im Nachhinein erschloss. Nun verdichtete sich das Gefühl zur Gewissheit. Hier war definitiv etwas im Gange.
    Obwohl die Hitze des Tages gewichen war, brach ihr der Schweiß aus. Sie neigte nicht zum Schwitzen, im Gegenteil, sie war immer kühl, schwitzte selbst im Hochsommer kaum. Einen Schweißausbruch bekam sie nur unmittelbar vor einer Panikattacke.
    Nicht jetzt , flehte sie stumm. Bitte nicht gerade jetzt .
    Tief sog sie die Luft in ihre Lungen, versuchte, die aufkeimende Panik zu unterdrücken. Schwindel erfasste sie. Keuchend beugte sie sich vor. In ihrem Kopf summte es, als wäre ein Bienenschwarm darin gefangen, ihre Hände und Füße kribbelten. Verflucht. Warum bekam sie eine Panikattacke?
    Sie sackte in die Knie, barg ihren Kopf in den Armen und konzentrierte sich auf ihren Atem, so wie sie es von ihrer Therapeutin gelernt hatte. Einatmen, ausatmen. Gleichmäßig und ruhig. Langsam ebbte der Schwindel ab. Panikattacken waren nichts Neues für sie, doch waren sie bisher nie grundlos über sie hereingebrochen. Am häufigsten traten sie auf, wenn sie einen Freund hatte, zu dem sie sich körperlich hingezogen fühlte. Spätestens wenn sie mit einem Mann intim werden wollte, war es da. Das Herzrasen, der Schwindel, die Enge in der Brust, das Kribbeln in Händen und Füßen, als würden tausend Ameisen über ihre Haut krabbeln. Ein schreckliches Gefühl und der Grund, warum sie mit fast einundzwanzig Jahren noch immer Jungfrau war. Zwei Jahre lang war sie in therapeutischer Behandlung gewesen, hatte alles versucht: Medikamente, Hypnose, Gruppengespräche, Heilkräuter und heimlich auch Alkohol. Nichts hatte etwas genutzt. Nachdem ihr letzter Freund Maximilian nach neun Monaten die Beziehung per SMS beendet hatte, hatte sie die Therapie schließlich abgebrochen und gleich auch ihr geplantes Psychologiestudium verschoben. Zu lächerlich war die Vorstellung einer angehenden Seelenklempnerin, die unter Panikattacken litt.
    Eine Hand auf ihrer Schulter holte sie in die Wirklichkeit zurück. »Doreé? Was ist los?«
    »Nichts«, keuchte sie und spuckte aus, um die Übelkeit loszuwerden, die noch immer ihre Kehle hinaufdrängte. Es kam nicht selten vor, dass sie sich nach einer Panikattacke übergeben musste.
    Davids nächste Worte gingen in dem Summen unter, das ihren Kopf nun gänzlich erfüllte. Erst nach dem dritten Mal verstand sie ihn. »Soll ich einen Arzt rufen?«
    Bloß nicht. Ächzend rappelte sie sich auf. »Nein, schon gut, alles in Ordnung.«
    »Du siehst aber nicht so aus«, erwiderte er. »Bist du dir sicher?«
    Doreé nickte. »Das passiert mir nicht zum ersten Mal.«
    Er hob die Augenbrauen und blickte sie fragend an.
    »Panikattacke«, stieß sie zwischen den Atemzügen hervor.
    »Wo ist die Frau hin?«
    David winkte ab. »Sie ist weggegangen.« Täuschte sie sich oder wirkte er nervös?
    Doreé strich sich die Haare hinters Ohr, eine ihrer Angewohnheiten, wenn sie sich unwohl fühlte. »Ihr habt ausgesehen wie

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