ESCORTER (German Edition)
Kurt.
Mühevoll hob Jakob die Lider und blinzelte in den grellen Deckenfluter, den Kurt eingeschaltet hatte. Er hatte das Gefühl, eben erst eingeschlafen zu sein.
Kurt beugte sich über ihn und griff nach seinem Arm. »Raus aus den Federn, jetzt wird es ernst.«
Mit einem zornigen Laut riss Jakob sich los und setzte sich auf. Kurt klatschte mehrmals hintereinander in die Hände, direkt neben seinem Ohr. »Auf, auf. Wir müssen uns beeilen. Die anderen warten bereits.«
Zorn und ein tiefes Unbehagen überfielen Jakob. Irgendetwas war hier im Gange, etwas, was über die nervenaufreibenden Bekehrungsversuche hinausging. Da Kurt schon wieder nach ihm grabschte, erhob er sich. Als letztes Aufbegehren gegen die innere und äußere Verwahrlosung strich er seine Kleidung glatt und fuhr sich durch die Haare, die in alle Richtungen von seinem Kopf standen.
Kurt feixte. »Bist hübsch genug, Blondie. Komm jetzt.«
Während Jakob ihm aus dem Zimmer folgte, begann er, nervös am Saum seines T-Shirts herumzukneten. Kurt glühte vor fiebriger Erwartung, trieb ihn aufgeregt zur Eile an. Hier war definitiv etwas im Gange. Wie zur Bestätigung führte er Jakob nicht Richtung Dachboden, wo sie ihn bisher gequält hatten, sondern nach unten in den Keller. Jakob hasste Kellerräume. Sie waren dunkel, kalt und vollgestopft mit Dingen, die kein Mensch mehr brauchte. Dazu noch der Schmutz und das Ungeziefer, das sich in den Ritzen und Nischen der unverputzten Wände versteckte. Einfach widerlich.
Zu seiner Erleichterung waren die Wände des Kellerraums verputzt, der Boden gefliest. Dafür war die Decke so niedrig, dass Jakob fast mit dem Kopf oben anstieß. Eine einsame Glühbirne brannte. Ein Dutzend Gideonisten hatte sich eingefunden und blickte ihm ernst und erwartungsvoll entgegen. Er entdeckte auch Irina unter ihnen. Sie sah traurig aus. Das schmerzte ihn. Gerne wollte er sie ansprechen, ihr etwas Tröstliches sagen, ihr versprechen, dass alles gutgehen würde. Seine Lippen bewegten sich lautlos. Kurt führte ihn zu einer mannshohen Öffnung in der Mitte des Raumes, die aussah wie ein alter Mienenschacht. Wollten sie ihn etwa dort hineinstoßen?
Augenblicklich begann sein Herz, zu rasen. Panik überschwemmte ihn, während er in das Loch zu seinen Füßen starrte.
Er nahm kaum wahr, dass Ben Nuru auf ihn zutrat und etwas von Buße und körperlicher Pein erzählte. Von Blut, das im Namen des Herrn vergossen werden musste, damit er zum Lichtbringer gelangte, der in Satans Reich über das Gleichgewicht wachte. Nichts als leere Worte für Jakob.
Ben Nuru fixierte ihn mit erhabenem Blick. Offensichtlich hielt er viel von diesem Luzifer, denn sogleich fuhr er fort. »Luzifer ist ein Bote des Herrn, Jakob. Selbstlos wacht er in der Gegenwelt über das Gleichgewicht. Dafür wird er von den Unwissenden Dämon gerufen. Doch er ist der Lichtbringer, Bewahrer des Friedens. Nichts entgeht seinem Blick.«
Jakobs sah zu Irina. Ben Nurus Worte interessierten ihn genausowenig wie dieser Luzifer. Irinas Augen dafür umso mehr, denn sie schwammen in Tränen.
»Da du deinen Körper nicht selbst reinigen wirst, müssen wir das an deiner statt tun«, fuhr Ben Nuru fort, während er Jakobs Kinn umfasste und ihn zwang, ihn anzusehen. »Bis du ein offenes Gefäß wirst und den Weg zum Lichtbringer beschreiten kannst.«
Jakob verstand kein Wort. Was zur Hölle wollten sie von ihm? Sein Atem beschleunigte sich. Krampfartig stieß er die Luft aus seinen Lungen. Kurt zerrte an seinem T-Shirt. Jakob schlug nach ihm, stieß zornige Laute aus. Täuschte er sich oder schluchzte Irina?
Drei Männer traten hinzu und hielten ihn fest. Kurt riss das T-Shirt entzwei, entblößte Jakobs Oberkörper.
»Knie dich hin«, befahl Ben Nuru. Unbarmherzig drückten die Männer ihn zu Boden. Ein Schatten fiel über Jakobs Gestalt. Jemand stellte sich hinter ihm auf.
»Haltet ihn fest«, knurrte Kurt.
Mit seinem mächtigen Bass stimmte Ben Nuru ein Gebet an. »Atme in mir, o Herr, dass ich Heiliges denke. Treibe mich, Herr, auf dass ich Heiliges tue.« Ein Zischen erklang, gefolgt von einem Klatschen. Im ersten Augenblick verstand Jakob nicht, was geschehen war. Der Schmerz kam so unvermittelt und heftig, dass er erschrocken aufheulte. Flüssiges Feuer rann über seinen Rücken. Ben Nuru erhob die Stimme, um sein Heulen zu übertönen. »Stärke mich, Herr, dass ich Heiliges hüte. Hüte mich, Herr, dass ich das Heilige nimmer verliere.«
Erbarmungslos sausten die
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