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Esel

Esel

Titel: Esel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Gantenberg
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schält sich eine Gestalt aus dem Stall. Groß, breit, schwer. Ein Mann.
    »Was machst du denn da?« Seine Stimme ist tief. Ein Bariton.
    »Bin ausgerutscht.«
    »So, so. Mach mal deinen Esel fest, der macht meine Marie ja ganz bekloppt.«
    Ich rappele mich auf und nicke. Und jetzt ist auch Sabine da. Die Enttäuschung ist ihr deutlich anzusehen. Josef und Maria fällt nun definitiv aus.
    »Ich bin der Markus.«
    »Björn.«
    »Und du?« Markus zeigt auf Sabine.
    »Sabine!«, antwortet sie, und mit einem Mal ist auch ihre alte Stimme wieder da.
    »Geht’s auch leiser? Du sägst einem ja den Nerv ab«, sagt Markus mit einer beneidenswerten Offenheit.
    »Was?«, schreit die Stimme.
    »Leiser! Sonst Ärger! Capito?«
    Sabine schweigt. Ich auch. Es ist zu spät, jetzt schnell weiterzumarschieren. Ich habe Friedhelm bereits festgebunden. Er und Marie haben sich eine Menge zu sagen, und ich werde es nicht riskieren, ihn wütend zu machen, indem ich ihm diese Freude nehme.
    Sabine muss sich entscheiden. Entweder geht sie mit Inge allein weiter, oder sie setzt sich nun mit Markus auseinander. Sabine entscheidet sich gegen die Einsamkeit und bindet Inge etwas abseits der beiden anderen Esel an.
    »Was jetzt?«, will Markus von uns wissen.
    »Können wir vielleicht in den Stall?«, frage ich.
    »Warum?«
    »Es regnet.«
    »Das sehe ich.«
    »Und?«
    »Wie und?«
    »Können wir?«
    »Auf eure Gefahr!«
    »Wie meinen Sie das?«, will jetzt Sabine wissen. Und diese Frage finde ich zur Abwechslung auch sehr sinnvoll.
    »Ich habe einen umgenietet.«
    Ich nicke, so, als hätte Markus mir soeben nur mitgeteilt, dass er lediglich eine Flasche Bier dahat und nicht bereit ist, die mit uns zu teilen. Dabei bin ich das Gegenteil von unbeeindruckt und mache mir fast in die Hose. Sabine und ich stecken mitten in einem Unwetter fest, weit und breit ist nichts zu sehen, was Hilfe verspricht, und jetzt zeigt uns Markus auf seiner Handoberfläche, genau zwischen Daumen und Zeigefinger, drei blaue, tätowierte Punkte. Das international anerkannte Zeichen für Knackis.
    Super, es läuft so super, ich könnte schreien …
    Mit einer knappen Geste bedeutet uns Markus, in den Stall zu kommen.
    »Und damit das gleich mal klar ist: keine Handys, kein Gequatsche, kein Gebimmel. Is’ klar?«
    Wir nicken artig und setzen uns auf einen Strohballen, während Markus sich nun Zeit nimmt, uns genauer anzuschauen.
    »So, so«, sagt Markus.
    »Ja«, sage ich.
    »Mhm«, fügt Sabine hinzu.
    Natürlich bimmelt ausgerechnet jetzt das Handy, die Rocky-Fanfare war noch nie unpassender.
    »Was hab’ ich gesagt?«
    »Kein Handy, kein Gebimmel, kein Gequatsche«, antworte ich ohne jede Verzögerung.
    »Und was is’ das?«, fragt Markus und deutet auf meine Tasche, aus der Rockys Fanfare bimmelt, als gäbe es kein nächstes Mal.
    »Sein Handy«, antwortet Sabine ohne Grund.
    »Das hör’ ich selber. Mach das aus!«
    »Natürlich, sofort.«
    »Mann, ich krieg’ Puls.«
    Wie zum Beweis umklammert Markus dabei seinen Hals, und die drei tätowierten Punkte auf seiner Hand wirken jetzt wie eine Ampel, die eine freie Fahrt zum nächsten Mord verspricht.
    »Hab’s gleich, is’ gleich aus. Kein Problem. Gleich aus. Echt. Mooomentchen noch …«
    »Mann!«
    Während Rocky gnadenlos weiterbimmelt, habe ich unglaubliche Schwierigkeiten, in aller gespielten Ruhe das Handy auszuschalten. Auf dem Display sehe ich Karin, aber das ist nun wirklich nicht der richtige Moment, um mit ihr zu sprechen. Wenn sie sehen könnte, wie sehr Markus mit seinem Puls zu kämpfen hat, würde sie augenblicklich den Versuch beenden, mich anzurufen.
    »Mach lieber aus, Björn«, rät mir Sabine und legt auch noch ihre Hand auf meinen Arm.
    »Was glaubst du, was ich hier versuche, Sabine?«
    Keine Ahnung, warum ausgerechnet jetzt keiner dieser verdammten Schalter das tut, wofür er konzipiert wurde.
    »Mann!« Markus’ Stimme klingt nicht nur gewaltig, sie ist es. »Mach den Scheiß aus! Ich hab’ so’n Puls!«
    Markus beugt sich vor.
    Rocky! Rocky! Rocky! Bimmel. Bimmel. Bimmel.
    Jetzt zeigt er mir seine Zähne, auch nicht alle in Schuss. Aber ich wäre der Letzte, der ihm daraus einen Strick drehen würde.
    »Ausmachen! Mann!«
    Markus riecht aus dem Mund, wie lange mag er schon in diesem Stall sein? Und hat er schon jemals in seinem Leben mit einem anderen Menschen eine Waschmaschine geteilt? Im Ernst, das frage ich mich gerade. Das muss das Adrenalin sein, die Körperdrogen wirken. Werden

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