Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
Vom Netzwerk:
Briefmarken kaufen?«
    Es
wird sich nie wirklich feststellen lassen, dachte Fanni, wer sich wo befand,
als Martha überfahren wurde. Abgesehen davon, dass eine Person ja wohl lügen
muss, sind die Erinnerungen der anderen einfach nicht zuverlässig genug.
    In
den vergangenen Tagen scheint es ja ganz schön gegoren zu haben in den Köpfen
deiner Mitreisenden! Wurden da etwa gewisse Fragen aufgeworfen?
    Gut
möglich, dachte Fanni. Der erste Schock wird sich mittlerweile gelegt haben,
außerdem hatten wir alle während der ausgedehnten Wegstrecken auf der Tour nach
Aroumd eine Menge Zeit, um nachzudenken. Jetzt ist es wohl so weit, dass einige
Gedanken ausgesprochen werden wollen.
    Die
Diskussion im Speisezelt wurde lauter und hitziger.
    Du
wirst hier drin nichts Aufschlussreiches erfahren! Schon allein deshalb nicht,
weil inzwischen kein vollständiges Wort mehr zu verstehen ist.
    Fanni
erhob sich, stützte sich dabei leicht auf Sprudels Schulter und sagte in sein
Ohr: »Ich gehe mich waschen und umziehen.«
    Sprudel
zögerte, überlegte einen Moment, schien aber zu dem Ergebnis zu kommen, dass
Fanni mitten im Camp nicht in Gefahr war.
    Er
antwortete leise: »Ich bleibe noch ein bisschen. Dann hast du unser kleines
Zelt für dich allein.« Sie spürte, dass er grinste. »Mehr Platz, weniger
Rempeleien.« Ernsthafter fuhr er fort: »Und wer weiß, womöglich ergibt sich
noch ein wichtiger Hinweis während dieser aufgeregten Debatte hier.«
    Fanni
wandte den Kopf und küsste ihn kurz auf den Mund, bevor sie hinausschlüpfte.
    Als
sie schon fast bei ihrem Zelt war, merkte sie, dass zwei weitere Personen das
Speisezelt verlassen hatten. Sie drehte sich schnell um, konnte jedoch wegen
der fortgeschrittenen Dämmerung nicht erkennen, wer es war.
    Die
Igluzelte, die der Reiseveranstalter den Teilnehmern des Atlas-Trekkings zur
Verfügung stellte, bestanden aus einem Innenzelt, das gerade geräumig genug
war, um zwei Personen Platz zum Schlafen zu bieten, und einem Überzelt, das
wegen seiner größeren Breite links und rechts vom Innenzelt Apsiden entstehen
ließ. Dort waren sowohl am Innen- wie auch am Überzelt Reißverschlüsse
angebracht, sodass man beide Apsiden – theoretisch – als Ein- und
Ausgang benutzen konnte. Praktisch jedoch ließ sich nur eine dafür verwenden,
denn in der anderen musste man das Gepäck und die Bergschuhe unterbringen.
    Fanni
kroch ins Zelt, zog die beiden Reißverschlüsse an der Seite zu, die sie und
Sprudel als Eingang benutzten, und öffnete diejenigen auf der
gegenüberliegenden Seite, um an das Gepäck zu kommen.
    Es
dauerte einige Zeit, bis sie alles, was sie brauchte, auf ihrer Schlafmatte
ausgebreitet hatte: frische Unterwäsche, Waschlotion, Zellstofftuch, Mineralwasserflasche,
Haarbürste, Creme …
    Du
weißt es hoffentlich zu schätzen, dass du heute das Zelt für dich allein hast!
In Oughlad ist es ja geradezu in ein Handgemenge ausgeartet, als ihr versucht
habt, euch gleichzeitig in dieser Stofftüte frisch zu machen!
    Fanni
wollte gerade damit beginnen, sich auszuziehen, da merkte sie, dass sie schon
wieder pinkeln musste. Einen Moment lang schimpfte sie stillschweigend mit
ihrer Blase, weil die ihr andauernd Umstände bereitete.
    Da
wirst du dich doch wohl hineinschicken können! Solltest lieber froh und dankbar
sein, dass dein Flüssigkeitshaushalt so störungsfrei funktioniert!
    Fanni
beschloss, das Pinkeln noch vor dem Waschen zu erledigen.
    Hast
Glück, dass es schon fast dunkel ist! Ein paar Schritte vom Zeltplatz weg, ein
Tritt hinter einen der großen Steine, und schon kannst du dich hinhocken!
    Fanni
schaute sich mürrisch den Zelteingang an, der mit all jenen Sachen
verbarrikadiert war, die sie sich gerade eben hergerichtet hatte. Gegenüber,
vor der anderen Apsis, lag gar nichts, weil sie sich den Zugriff zu ihrer
Reisetasche freigehalten hatte. Allerdings stand in diesem Zwischenraum das
gesamte Reisegepäck.
    Trotzdem,
dachte Fanni. Einfacher ist es durch die Hintertür.
    Sie
angelte nach ihren Flipflops, zog den Reißverschluss des Überzelts hoch und
kroch über die beiden Taschen und die beiden Tagesrucksäcke hinweg ins Freie.
Draußen schaltete sie ihre Stirnlampe ein und wandte sich nach rechts, wo sich
hinter dem letzten der Igluzelte ein kleiner Felsvorsprung befand, der sich als
Versteck eignen würde.
    Sie
hatte sich noch nicht weit entfernt, da erklang hinter ihr ein Hufgetrappel,
als sei sie mitten auf die Pferderennbahn geraten. Das Trampeln war

Weitere Kostenlose Bücher