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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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winkte sie so gebieterisch zum
Speisezelt hinüber, dass sich Fanni nicht zu widersetzen wagte. Sie bedankte
sich für die ausdrückliche Einladung und warf Sprudel dann verstohlen einen
resignierten Blick zu.
    Wenige
Augenblicke später betraten sie das Speisezelt. Verhalten ächzend ließ Fanni
ihre Knie einknicken und hockte sich auf die Fersen.
    »Unser
Koch ist ein Zauberer«, sagte Gisela und steckte sich das letzte Stück ihrer
Crêpe in den Mund.
    »Schweren
Herzens haben wir zwei davon für euch aufgehoben«, fügte Bernd hinzu und
reichte Fanni eine Platte.
    Otto
Brügges Blick schien anzudeuten, dass er nicht damit einverstanden gewesen war.
    Fanni
bestrich die beiden Crêpes dick mit Feigenmarmelade, rollte sie zusammen und
reichte eine davon Sprudel, der genussvoll hineinbiss.
    Während
Fanni den Eierkuchen aß, den sie für sich selbst hergerichtet hatte, dachte sie
an ihre Enkelkinder Max und Minna, die sich, sooft sie zu Besuch nach
Erlenweiler gekommen waren, Eierkuchen mit Kirschen bei ihr bestellt hatten.
    Was
die beiden wohl gerade treiben?, fragte sich Fanni. Wie sich Max wohl auf dem
Gymnasium macht? Ob Minna wohl einen Preis im Musikwettbewerb gewonnen hat? Hoffentlich
hatte sich der Hautausschlag gebessert.
    Von
jäher Sehnsucht nach ihren Enkeln befallen nahm sie sich vor, Max und Minna in
den nächsten Ferien für eine ganze Woche nach Birkenweiler einzuladen. Fanni
zweifelte keinen Moment daran, dass sie und Sprudel – mit oder ohne Gäste –
jederzeit in Lenis Anwesen wohnen konnten.
    Max
wird begeistert sein, dachte sie, wenn er auf dem Klein-Hof wieder mal Bauer
spielen darf. Ein leises Lächeln umspielte ihre Lippen. Falls er Glück hat,
kriegt die Resi genau in diesen Tagen ein neues Kalb.
    Und
mit Minna, überlegte Fanni weiter, können Sprudel und ich im Elypso-Hallenbad
schwimmen gehen, einen Ausflug ins Haus der Wildnis nach Ludwigsthal machen und
einen ganzen Nachmittag bei einer Einkaufstour in der Deggendorfer Innenstadt
verschwenden. Sprudel wird bestimmt nichts gegen den Besuch der beiden haben.
Im Gegenteil, sinnierte Fanni, Sprudel wird sich freuen.
    Entschlossen
nahm sie sich vor, ihren Plan mit Vera zu besprechen, sobald sie und Sprudel
von der Marokkoreise nach Hause zurückgekehrt waren.
    Nach
Hause?
    Birkenweiler,
dachte Fanni, nach der Landung in München werden wir für ein paar Tage nach
Niederbayern fahren. Von Birkenweiler aus kann ich Vera anrufen, bevor …
    Bevor
was? Bevor du Pläne machst, solltest du dich lieber fragen, ob du jemals
irgendwohin zurückkommen wirst!
    »Morgen
ist es genau eine Woche her«, sagte Olga in Fannis Gedanken hinein, »dass
Martha diesen furchtbaren Unfall hatte.«
    Schweigen
breitete sich aus, das Bernd nach einer Weile brach: »Je mehr ich über diesen
Unfall nachgedacht habe, desto unglaublicher kommt es mir vor, dass keiner von
uns mitbekommen haben soll, wie Martha vor den Bus geraten konnte.«
    »Was
soll daran unglaublich sein?«, entgegnete Wiebke Brügge fast aufgebracht. »Ich
konnte nicht einmal auf die Straße hinausschauen, weil an der Glasscheibe vor
meinem Platz mannshoch Kisten aufgestapelt waren. Warum hast du selbst denn
nichts mitbekommen, Bernd?«
    »Weil
ich nicht – wie ihr andern alle – im Hotelcafé am Panoramafenster
gesessen habe, als Martha starb«, antwortete Bernd steif.
    »Und
darf man fragen, wo du zu dem Zeitpunkt warst?«, schoss Wiebke zurück.
    »Auf
dem Weg zum Supermarkt«, antwortete Bernd ernst. »Eigentlich hatte ich im
Hotelshop Mineralwasser kaufen wollen, aber der hatte zu.«
    »Du
warst draußen?«, rief Wiebke. »Dann hättest du den Unfall ja beobachten
müssen!«
    Bernds
Stimme nahm einen belehrenden Tonfall an: »Der Supermarkt liegt stadteinwärts.
Demnach hatte ich der Unfallstelle den Rücken zugewandt, als ich mich dorthin
aufmachte.«
    Er
wirkte nachdenklich, als er hinzufügte: »Auf Höhe der Apotheke kam mir Melanie
entgegen.«
    »Aber
Melanie hat doch mit uns im Café gesessen«, mischte sich Dieter Horn ins
Gespräch. »Ich meine mich zu erinnern, dass Dora erwähnt hat, sie und Melanie …«
    Der
Rest ging im aufkommenden Stimmengewirr unter.
    Fanni
schnappte dort und da einen Satz auf: »Hubert hat doch gerade diese blöde
Geschichte erzählt …« – »Elke war keine Sekunde im Café. Sie hat ja
die ganze Zeit über in der Lobby telefoniert …« – »Und woher willst
du das wissen?« – »Wiebke, wolltest du an dem Morgen nicht draußen
irgendwo

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