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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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Ausgleich dafür heute ein
wenig früher als sonst nach Hause gegangen. Und immer wieder in den letzten Tagen
hatte sie es per Handy vergeblich bei ihrer Mutter versucht. Das kurze
Lebenszeichen in Form des nicht wirklich zustandegekommenen Telefongesprächs
hatte sie einerseits beruhigt, andererseits aber beträchtlich aufgebracht, weil
es ihr nicht möglich gewesen war, Fanni vor Dieter Horn zu warnen.
    Während
Fanni auf einem Stein im Bett des trockenen Gebirgsbaches vor sich hin träumte,
gab Leni nun den Namen »Hubert Seeger« bei Google ein und wurde fündig.
    »Warum
er das wohl getan hat?«, fragte sie laut, nachdem sie alle einschlägigen
Informationen verknüpft hatte.
    Hubert
Seeger hatte bis vor einigen Monaten einen guten Posten bei Südzucker in
Plattling innegehabt und mit seiner Familie in einem noblen Deggendorfer
Stadtteil im eigenen Einfamilienhaus gewohnt. Viele der in Plattling
Beschäftigten lebten lieber im gemütlichen Deggendorf als in Plattling mit
seinem riesigen Gewerbegebiet und nahmen dafür die kurze Fahrstrecke in Kauf.
    Was
Leni allerdings verblüffte, war, dass Seeger seinen Posten bei Südzucker offenbar
kurzfristig aufgegeben hatte, ebenso kurzfristig das Haus veräußert hatte und
mitsamt seiner Familie von Deggendorf weggezogen war, wie sie im Archiv der
Lokalzeitung recherchiert hatte.
    So
weit ersichtlich, hatte er seitdem wieder einen guten Posten, diesmal bei einer
Elektronikfirma in der Nähe von Dingolfing.
    Mag
sein, sagte sich Leni, dass man ihn abgeworben hat. Aber warum hat er gleich
das Haus verkauft, die ganze Familie aus der gewohnten Umgebung gerissen? Er
hätte ja auch zwischen Deggendorf und Dingolfing pendeln können, das hätte ihn
bloß eine halbe Stunde mehr gekostet.
    Weil
Leni über Hubert Seegers Gründe, Deggendorf derart schroff den Rücken zu
kehren, im Netz nichts finden konnte, gab sie den Namen »Elke Knorr« ein. So
viel Zeit hatte sie noch, bis sie sich zurechtmachen musste, um sich mit ein
paar Kollegen aus München in einer Kneipe am Plärrer zu treffen.
    Die
quengelnde Elke war im Netz keine Unbekannte. Es gab einige Veröffentlichungen
von ihr, Reiseberichte, Novellen, Studien. Ihr Lebenslauf erschien detailliert,
hörte sich aber geradezu langweilig an. Aufgewachsen in Grafing bei München,
Abitur am dortigen Gymnasium, dann Geologie-Studium an der Uni München. Schon
während des Studiums war sie in aller Herren Länder unterwegs gewesen. Beim
Durchsehen der Reiseberichte fiel Leni auf, dass Elke etliche anspruchsvolle
Berge bestiegen hatte. War sie Mitglied im Alpenverein? Auf der Suche nach
Hinweisen danach stieß Leni auf die Homepage einer privaten Bergsteigergruppe
aus Grafing, der Elke angehörte.
    Was
nichts heißt, überlegte Leni, was gar nichts heißt. Elke ist ja viel zu jung,
als dass ihre Gruppe mit der von Willi Stolzer … Halt, stopp, verbesserte
sie sich schnell. Als Mama und Hans Rot der Stolzer-Clique noch angehörten, war
Elke zu jung. Aber die anderen haben weitergemacht. Mit Martha könnte Elke also
durchaus in Kontakt gekommen sein.

17
    Fanni
spürte Regentropfen auf der Nase und richtete sich auf. Erst da merkte sie,
dass es nicht nur wieder zu regnen begonnen hatte, sondern auch empfindlich kühl
geworden war. Sprudels Arme, die ihren Körper die ganze Zeit fest umschlossen
hatten, mussten sie gewärmt haben.
    Sie
löste sich behutsam von ihm und stand auf.
    Auch
Sprudel versuchte, sich zu erheben.
    Der
Ärmste ist ja ganz steif geworden! Hat sich die ganze Zeit über kein bisschen
zu bewegen gewagt, um Fanni Rot beim Dösen bloß nicht zu stören! Wie lange saß
er denn da wie in Stein gehauen? Eine halbe Stunde? Länger?
    »Eigentlich
ist es noch zu früh, um direkt zur Gîte zurückzukehren«, sagte Fanni, als sie
die sandige Hauptstraße von Aroumd entlangschlenderten.
    Sprudel
pflichtete ihr bei. »Was bliebe uns dort anderes übrig, als in den Schlafsack
zu kriechen? Für den Innenhof ist es zu kalt und zu nass, und im Salon regiert
König Small Talk.«
    Lieber
erfrieren als Small Talk ertragen – oder, Fanni Rot?
    »Kleiner
Umweg gefällig?«, fragte Fanni.
    Sprudel
nickte, und kurz entschlossen bogen sie in eine Quergasse ein.
    Fanni
achtete kaum auf die grauen, grob gemauerten Wohnhäuser, die ihren Weg säumten.
Gedankenverloren trottete sie dahin.
    Irgendwann
sah sie Sprudel schmunzeln. »Mir scheint, wir sind ins Geschäftsviertel
geraten.«
    Erst
jetzt bemerkte Fanni, dass hinter einigen Fensterluken

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