Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
Vom Netzwerk:
»Gut, Gisela, dann gehen wir beide eben
allein.«
    Obwohl
es eigentlich noch zu früh war, um Leni zu erreichen, machten sich Fanni und
Sprudel gleich nach dem Mittagessen auf den Weg in den tiefer gelegenen Ortsteil
von Aroumd, wo sich das Hotel inmitten eines von einer hohen Mauer umgebenen
Parks befand.
    Doch
die Mühe war umsonst gewesen, wie sich schnell herausstellte, denn das riesige
Tor in der Umfassungsmauer zeigte sich geschlossen und versperrt.
    Sprudel
sprach zwei kleine Jungen an, die in der Nähe herumlungerten, und erfuhr –
hauptsächlich durch Zeichensprache –, dass der endgültige Beginn der
Schneestürme am Toubkal das Ende der Hotelsaison in Aroumd einläutete.
    »Wir
müssen ein Stück in Richtung Imlil laufen und versuchen, per Handy Kontakt mit
Leni zu bekommen«, sagte Sprudel daraufhin zu Fanni, und sie machten sich auf
den Weg.
    Doch
nicht einmal in Imlil selbst ließ sich eine brauchbare Verbindung zu Leni
herstellen. Fanni konnte zwar hören, wie sich ihre Tochter meldete, aber lautes
Knacken und Rauschen machte eine Unterhaltung unmöglich. Nach etlichen
Misserfolgen gab sie auf.
    »Es
bleibt uns wohl nichts anderes übrig, als bis morgen zu warten«, sagte Sprudel.
»Dann fahren wir ins Flachland zurück, wo die Orte größer sind, die Unterkünfte
moderner und der Anschluss ans Web zum Alltag gehört.«
    Morgen,
hallte es in Fannis Kopf. Wo sollte die geplante Reiseroute am nächsten Tag
eigentlich hinführen? Jäh wurde ihr bewusst, dass sie den Programmablauf völlig
aus den Augen verloren hatte. »Werden wir wieder in Marrakesch übernachten?«,
fragte sie.
    »Nein«,
erwiderte Sprudel und dachte kurz nach. »Ich hatte doch gestern erst das
Programm … Ja, natürlich, der Ort, in dem wir morgen Quartier beziehen,
heißt Benhaddou. Oberhalb dieses Städtchens soll ein altes Berberdorf liegen,
das angeblich schon etlichen bekannten Filmen als Kulisse gedient hat. Das
besichtigen wir, und dann fahren wir zu unserem Hotel in der Neustadt, wo wir
sicherlich an einen Internetzugang kommen.«
    Fanni
nickte und schaute sich um. »Aber was machen wir jetzt?«
    Es
hatte aufgehört zu regnen. Ab und zu gelang es der Sonne, hinter den Wolken
hervorzublinzeln.
    »Wir
könnten uns den Wasserfall ansehen, von dem Elke letzthin gesprochen hat«,
sagte Sprudel.
    Fanni
runzelte die Stirn. »Und wo soll der zu finden sein?«
    Sprudel
grinste. »Wir könnten es am Bach versuchen.«
    Da
streckte ihm Fanni die Zunge heraus.
    Sprudel
küsste sie auf die Nase, nahm sie an der Hand und steuerte dorthin, wo die
Palmen am dichtesten wuchsen und das Gras am saftigsten zu sein schien.
    Musste
da nicht der Bach fließen?
    Das
tat er, und die beiden folgten ihm flussaufwärts, wo sie Felswände aufragen
sahen.
    Brauchte
ein Wasserfall nicht Felsen, um über sie hinunterzustürzen?
    »Ich
fürchte, der Wasserlauf hat sich neuerdings einen komfortableren Weg gesucht«,
sagte Sprudel, nachdem sie fast eine Stunde lang über trockenes Gestein
bergwärts gestiefelt waren und plötzlich in einer flachen Mulde standen, die
von Windböen leidlich verschont blieb. Er atmete ein paarmal tief durch, ließ
sich auf einen rund gescheuerten Felsblock fallen, drehte das Gesicht zur Sonne,
die sich gerade eine Wolkenlücke zunutze machte, und zog Fanni zu sich
hinunter.
    Weil
die Sitzgelegenheit eigentlich nur Platz für eine Person bot, setzte sich Fanni
zwischen seine gespreizten Beine, und er hielt sie von hinten umschlungen. Sie
lehnte den Kopf an seine Brust, und so dösten sie eine Zeit lang vor sich hin.
    Fanni
dachte an Leni und daran, dass es nun noch einmal vierundzwanzig Stunden dauern
würde, bis sie sich ausführlich mit ihr unterhalten konnte. Was ihre Tochter
wohl gerade trieb? Ob sie inzwischen etwas Bedeutsames herausgefunden hatte? Hatte
sie sich mit jemandem getroffen? Jemandem einen Besuch abgestattet? Was würden
sie morgen von ihr hören? Würde sich das Motiv nun endlich zeigen?
    Fanni!
    Sie
horchte auf ihre Gedankenstimme.
    Mal
angenommen, Leni findet das Motiv für die Anschläge heraus, sodass sich ein
Hinweis auf den Täter enthüllt. Was willst du dann tun?
    Mit
ihm reden.
    Ach
so!

16
    Leni
hatte am Samstag ihren Besuch bei Toni Stolzer gemacht, wovon Fanni noch immer
nichts wusste.
    Am
Sonntag war Leni nach Nürnberg zurückgekehrt, um dort ihrer Arbeit im Labor der
Universität nachzugehen. Am Montag war sie bis spät nachts mit ihren
Versuchsreihen beschäftigt gewesen, war aber zum

Weitere Kostenlose Bücher