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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
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Anstand? Habt ihr keine Mutter? Keine Schwester?
    Die beiden Polizisten lassen nicht locker und verlangen weiter, Aftab-Khanum soll ihren Schleier abnehmen.
    Sagen Sie Ihnen, dass ich ihn nach dem Winter ablegen werde, und zwar freiwillig und weil ich es will, flüstert Aftab-Khanum.
    Die Polizisten lachen. Freiwillig will die Saifeh ihn ablegen, spottet der Ältere. Du bist ein Dummkopf, sagt er zu Eskandar-Agha, weil du deiner Saifeh nicht begreiflich machen kannst, dass das Schleierverbot längst geltendes Gesetz ist und nicht erst nach dem Winter und persönlichem Belieben in Kraft tritt.
    Wegen seiner dunklen Haut und weil er den Teheraner Dialekt nicht beherrscht, nennen die Polizisten Eskandar-Agha einen dummen Bauerntrampel.
    Ein Wort gibt das andere, die Polizisten wollen die beiden nicht weitergehen lassen. Schließlich reißt einer der Polizisten Aftab-Khanum den Schleier vom Kopf und zieht sie dabei an den Haaren. Aftab-Khanum schreit, hat Angst, schämt sich. Der Polizist wirft ihren Schleier in den schmutzigen Schneematsch, trampelt mit den Füßen darauf herum und lacht.
    Ihr Rock reicht bis zum Boden und ist weit, ihr Mantel bedeckt ihren Körper, sie trägt einen dicken Schal, und ein Kopftuch bedeckt ihr Haar, dennoch fühlt Aftab-Khanum sich nackt, hilflos und den beiden ausgeliefert. Sie wimmert wie ein verletztes Tier, schützt ihren Kopf mit den Händen, duckt sich, sieht sich nach einem Versteck um. Eskandar-Agha schlägt um sich, bekommt von den Polizisten mit Knüppeln so heftig eins übergezogen, dass er taumelt. Menschen versammeln sich, manche verteidigen, andere verurteilen sie, manche lachen, andere sehen beschämt weg, aber niemand greift ein in die Fehde zwischen Staatsgewalt und Eskandar-Agha und Frau-Aftab.
    Solange wir uns in Teheran aufhalten, werde ich keinen Fuß mehr auf die Straße setzen, sagt Aftab-Khanum, als sie wieder im Schutz ihres Zimmers sind. Ob nun König, Polizist oder sonst wer, keinem Fremden sollte es erlaubt sein, der Frau eines anderen vorzuschreiben, wie sie sich zu kleiden hat.
    Eskandar-Agha ist selbst in seiner Ehre und seinem Stolz verletzt, trotzdem versucht er einzulenken, denn er fürchtet, Aftab-Khanum könnte von ihm fordern, dass sie ihre Sachen packen und nach Schiras zurückkehren. Seien Sie nicht so streng, bittet er. Der heilige Prophet ist auch ein Mann gewesen, sagt er und findet sein Argument überzeugend.
    Was hat der Prophet mit dem König und seiner Polizei zu tun? Aftab-Khanum kämpft mit den Tränen.
    Immerhin ist er der erste Mann gewesen, der den Frauen vorgeschrieben hat, wie sie sich zu kleiden haben. Er hat verkündet, sie sollen sich verhüllen. Und obwohl es ein Mann gewesen ist, der ihnen diese Vorschrift gemacht hat, war es für die Frauen nur von Vorteil, und sie haben seine Anweisungen befolgt.
    Was reden Sie denn da? Der Prophet ist der Prophet, ruft Aftab-Khanum aufgebracht. Und der König ist nur ein Sterblicher. Einer, der, wie Sie selbst geschrieben haben, ein Stalljunge gewesen ist, der sich selbst an die Macht gebracht hat und bis heute weniger lesen und schreiben kann als ich, eine Frau, der er glaubt vorschreiben zu können, dass sie keinen Schleier tragen darf. Sie selbst haben gesagt, die Zeiten, in denen der König gottgleich über sein Volk herrschte, sind vorbei. Diese ungebildeten, barbarischen Polizeibeamten, die der König auf die Menschen loslässt, sind eine Beleidigung für jeden. Diese Polizisten haben nicht nur meinen Schleier mit Füßen getreten, sie haben meine Ehre und damit die Ehre meines Mannes, Ihre Ehre, mein verehrter Gemahl, beschmutzt. Und Sie sagen es ja selbst, kein Geringerer als der Prophet hat bestimmt, dass Frauen sich verhüllen sollen. Und dieser selbsternannte König hat die Unverfrorenheit, sich über das Wort und das Gesetz des heiligen Propheten hinwegzusetzen.
    Sie hätten den Schleier doch schon bald von sich aus abgelegt. Nun ist es eben nicht das neue Jahr, sondern ein paar Wochen vorher. Welchen Unterschied macht das schon?
    Sie haben recht, schimpft Aftab-Khanum. So wahr ich hier sitze, ich wollte es tun, und Sie sind dagegen gewesen und haben gesagt, es ist zu früh für einen derart gewagten Schritt. Heute wurde der Beweis dafür geliefert, dass Sie recht hatten. Es ist zu früh, die Menschen dieses Landes in die Freiheit zu entlassen, ihnen den Fortschritt zu schenken. Was für eine Art von Freiheit soll das sein, die uns mit Gewalt aufgezwungen werden soll?
    Obwohl er ihr

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