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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
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die Kesselflicker schlagen auf Metall, die Schneider rattern mit ihren Handmaschinen, Teejungen singen und klappern mit ihren Gläsern und über all dem liegt das Gebet des Muezzin. Der Basar ist voller Farben, grelle und glitzernde Stoffe, gelbe, grüne, rote, orangefarbene Gewürze, Früchte, Gold, Messing, Eisen, Holz, Stoffe, Kleider; an den Wänden und über den Eingängen der Läden, auf Ständen, Karren und Kisten riesige Zeichnungen und Schriftzüge. Eskandar und der Übersetzer kommen an Ständen mit Kebab, gegrilltem Mais, Khoreshts, Ashs und anderen leckeren Speisen vorbei.
    Und als sie am anderen Ende wieder aus dem Basar herauskommen, sagt der Übersetzer, nun riechen wir selbst, als wären wir in einen großen Kochtopf gefallen.
    Je weiter sie gehen, desto mehr Frauen sieht Eskandar. Anders als in seinem Dorf sind sie von Kopf bis Fuß in schwarze Tücher gehüllt, und ihre Gesichter verstecken sie unter weißen Tüchern.
    Du wirst sehen, sagt der Übersetzer freundlich, hier gibt es alles, sogar Dinge, die man nicht einmal im Lager der Ausländer findet.
    Hinter dem Basar verlassen sie die belebte Hauptstraße und biegen in eine schmale Sandgasse ab, die Eskandar an sein Dorf erinnert, wie es gewesen ist, bevor die Trockenheit kam. In der Mitte der Gasse schlängelt sich ein Djub mit gurgelndem Wasser aus den Bergen. Der Übersetzer zieht seine abgetragenen Schlappen aus und hängt seine Füße in den Djub.
    Schade, dass die Diebe unsere neuen Schuhe, die der Farangi uns geschenkt hat, geraubt haben, sagt er und genießt mit geschlossenen Augen das kühlende Wasser.
    Weiter unten, vor einer in zwei Hälften geteilten Holztür mit je einem eisernen Türklopfer, bleibt der Übersetzer wieder stehen. Der runde Klopfer, erklärt er, der mit dem Loch in der Mitte, wird ausschließlich von den Frauen betätigt. Wir Männer benutzen den länglichen Klopfer, der aussieht wie, na ja – wie ein Stab. Er klingt voll und fordernd wie ein Mann, während sich der Ring weich und sanft anhört, wie eine Saifeh, eine schwache Frau eben. Auf diese Weise erkennen die weiblichen Bewohner, ob eine Frau oder ein Mann um Einlass bittet, und sie können sich verschleiern, zur Waffe greifen oder sich verstecken und gar nicht öffnen. Verstehst du?
    Eskandar zuckt mit den Schultern.
    Der Moteardjem nickt zufrieden, klopft mit dem Stab, und eine verschleierte Frau öffnet.
    Im Zimmer nimmt sie ihren Schleier ab und ruft, Tajelmoluk, bring Tee. Sie tätschelt Eskandars Kopf und sagt, das ist also der Junge, mit dem meine Tochter und ich unser Namuss, unsere Ehre und unseren Ruf, wiederherstellen sollen.
    Der Junge, mit dessen Kost- und Logiergeld Sie und Ihre Tochter, statt auf der Straße oder sonstwo zu landen, hier in Ihrem Zimmer bleiben können, korrigiert der Übersetzer.
    Eskandar mag die Fremde, seit dem Tod seiner Mutter ist sie die erste Frau, deren Gesicht er zu sehen bekommt und die ihn berührt, und am liebsten würde er sich in ihre Arme schmiegen und einschlafen.
    Der Junge ist kein wirkliches Kind mehr, sagt sie. Er wird mir die Haare vom Kopf fressen. Sein Hemd und seine Hose sind ihm schon jetzt zu klein, und er ist barfuß. Hätte der Saheb ihm nicht wenigstens ein paar Schuhe mitgeben können?
    Wegelagerer haben sie gestohlen, antwortet der Übersetzer.
    Der Unterricht beim Mullah ist nicht umsonst, und in wenigen Wochen wird das Batshe-Harumzade in diese Welt kommen und ebenfalls Kleidung und Essen benötigen.
    Batshe-Harumzade? Eskandars Vater hat ihn so genannt, dann bin ich also nicht der Einzige von dieser Sorte?, denkt Eskandar und lächelt.
    Der gnädige Herr hat an alles gedacht, sagt der Moteardjem.
    Der gnädige Herr hätte ein wenig denken sollen, bevor er dieses Unheil angerichtet hat, antwortet Frau-Rohan.
    Weil keiner der beiden ihn beachtet, hockt Eskandar sich an die kniehohe Fensterbank und erinnert sich an die Hütten in seinem Dorf. Auch dort hatten die Zimmer große Fenster, die zum Hof zeigten, und man konnte wunderbar auf der breiten Fensterbank in der Sonne hocken und vor sich hin dösen. Entlang der Wand liegen auch hier Sitzpolster und Kissen. In einer Nische in der Wand sind Teller, Gläser und Tonschalen gestapelt, in der anderen befinden sich ein paar Kleider und in der dritten zwei Öllampen. Die Nische neben dem Fenster ist leer. Eskandar stellt sich vor, wie sein Stein, seine Blechschüssel, sein Notizbuch und sein Stift darin aussehen würden.
    Du kannst doch hoffentlich das

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