Eskandar: Roman (German Edition)
schwerfällt, hält Farrokh-Agha sich dieses Mal zurück und fragt nicht, ob auch dahinter wieder eine Information steckt, die sie von einer Dame beim Friseur bekommen hat.
Ein Verbindung und ein Bruch
Aber auch mit seinen ausländischen Freunden verscherzt der Kaiser es sich, nur zwei Jahre nachdem sie seine Gastfreundschaft genossen haben, denn der Iran und andere OPEC-Länder schrauben die Preise für Petroleum in die Höhe und verursachen eine weltweite Krise.
Ihre CISNU-Freunde, zwei iranische Studentinnen in Alman, schicken Nimtadj und Sahra Fotos davon, wie sie die Decken ihrer Wohnungen tiefer gehängt haben, um Kosten und Petroleum zu sparen, und sie schicken ihnen Bilder von vollkommen leeren Autobahnen.
Als Eskandar-Agha die Aufnahmen sieht, sagt er, das wird die Welt sich nicht gefallen lassen.
Sie haben recht, sagt Alexander.
Alle starren ihn an, er starrt vor sich hin, und dann sagt er: Spätestens jetzt werden die Machthaber der Welt Wege finden, das kostbare schwarze Gold als Waffe einzusetzen. Dann schweigt Alexander wieder.
Mit dem König allein würden wir fertig werden, sagt Sahra. Sie sieht keinen der anderen an, nur Alexander. Aber einen Schah, der von einer Supermacht und reichen Nationen und Regierungen gestützt und aufgerüstet wird, können wir ohne Waffen nicht besiegen.
Waffen? Eskandar-Agha schreit beinah. Mädchen, wovon sprichst du? Hast du deinen Verstand verloren? Selbst wenn du eine Waffe hättest und dein Leben leichtsinnig aufs Spiel setzen würdest, kommst du doch nicht gegen sechzigtausend Amrikai an, die hier stationiert sind. Es sind ihre besten Soldaten, Agenten und Spitzel, und sie sind mit den neumodischsten Waffen ausgestattet.
Wir werden einen Guerillakrieg führen -
Guerilla – WAS? Glaubst du, du und deine Freunde könnten den Amrikai auch nur ein Haar krümmen?
Was soll ich Ihrer Meinung nach tun? Stillhalten und zusehen, wie der König und seine Amrikai-Freunde mir die Freiheit und meine Zukunft rauben und zerstören? Ich bin erst achtzehn Jahre alt und habe mein ganzes Leben noch vor mir.
Eskandar-Agha bittet und bettelt so lange, bis seine Tochter ihm verspricht, sich nicht in Gefahr zu begeben. Ein paar Tage später ist sie trotzdem dabei, als Studenten eine Kaserne der Amrikai stürmen.
Eskandar-Agha verbietet ihr, das Haus zu verlassen, nicht einmal für ihre Vorlesungen an der Universität darf sie raus.
Tage und Wochen streiten Vater und Tochter, schreien sich an, weinen, schweigen, bis Eskandar-Agha herausfindet, dass Sahra hinter seinem Rücken nicht nur politisch aktiv ist, sondern allem Anschein nach auch noch ein Verhältnis mit Alexander hat.
Er stellt Sahra zur Rede.
Sie gibt zu: Alexander und ich sind ein Liebespaar und wollen heiraten. Eskandar-Agha tut etwas, was er bisher nur einmal getan, als sie ein kleines Kind gewesen ist, und was er nie wieder tun wollte. Er schlägt seine Sahra.
Am nächsten Morgen ist Sahra verschwunden, eine Nachricht ist alles, was Eskandar-Agha von ihr bleibt.
Verehrter Vater,
sorgen Sie sich nicht. Es tut mir in der Seele weh, Sie enttäuscht zu haben. Aber ich muss gehen. Ich bin sicher, wenn Sie in Ruhe darüber nachdenken, werden Sie es verstehen.
Wie soll ich das Leben lernen, wenn ich beschützt und behütet werde und nicht einmal das Haus verlassen darf?
Wie soll ich ein menschliches Wesen sein? Und wie soll ich mein Herz entdecken, wenn ich nicht lieben darf?
Verzeihen Sie die Frage, verehrter Vater, worin besteht der Unterschied zwischen Ihrer Art, mich zu beschützen und zu züchtigen, und der Art, wie der König unseres Landes mit seinen Gegnern und dem Volk umgeht?
Ihre Tochter Sahra.
Was soll ich armer, alter Mann nur tun?, klagt Eskandar-Agha unter Tränen. Ein paar Tage versuchen Roxana-Khanum, Agha-Farrokh und Nimtadj, ihn zu trösten, bis sie, und sei es noch so aussichtslos, Alexander um Hilfe bitten wollen.
Sein Zimmer ist leer, sagt Nimtadj. Sie ist bleich, ihre Lippen zucken, und sie wagt es kaum, den Abschiedsbrief ihres Bruders laut vorzulesen.
Verehrte Mutter,
ich bin Ihnen ein Fremder, deshalb erwarte ich nicht, dass Sie die Motive für mein Weggehen verstehen, und ich werde deswegen auf große Worte und Erklärungen verzichten.
Nur eines: Ich liebe Sahra, und sie liebt mich.
Im Namen der Liebe bitte ich Sie, verzichten Sie auf Anschuldigungen. Machen Sie weder sich selbst noch Eskandar-Agha Vorwürfe. Wir haben uns beide diesen Schritt lange überlegt und wissen,
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