Eskandar: Roman (German Edition)
aus dem Dorf ohne Namen, der euch den Segen Gottes bringt.
Hodjat sagt nichts.
Der Khan verlangt seinen Hengst zurück.
Und mit einer gewissen Schadenfreude sagt der Mullah, ich habe es gleich gesagt, es ist vermessen, sich auf eine Stufe mit Heiligen zu stellen. Und er befiehlt Eskandar, im Lager zu bleiben und dort Wasser zu schleppen, das Zelt des Mullah zu putzen, die Ziegen und Schafe zu melken, Tee zu kochen, die Kleider zu waschen und zu tun, was immer getan werden muss, damit für den Mullah das Leben fern der Heimat möglichst angenehm wird.
Ich will zurück zu meiner Roxana, sagt Eskandar. Doch davon will keiner der Männer etwas hören. Ein paar Tage später bekommt Eskandar Fieber, heftigen Husten, Schüttelfrost und lauter kleine, rote Punkte im Gesicht, auf dem Hals und den Armen. Vier Nächte und Tage verabreicht ein Hakim ihm alle möglichen Kräuter und Arzneien, Eskandar aber geht es immer schlechter.
Der Junge hat für niemanden einen Nutzen, sagt Hodjat. Wir sollten ihn nach Hause schicken.
Gott gibt, Gott nimmt, sagt der Mullah.
Was macht ihr so viel Wind um das Leben eines einfachen Jungen?, fragt der Khan.
Es ist in unserem eigenen Interesse, antwortet Hodjat. Er hat uns gute Dienste erwiesen, und wenn er wieder gesund wird, können wir ihn für den Kampf um die Hauptstadt einsetzen.
Also gut, willigt der Khan ein. In Gottes Namen, dann schicken wir ihn eben mit der nächsten Depesche zurück in den Süden.
Kaum haben die Männer Eskandar ihren Entschluss mitgeteilt, da wird er so plötzlich, wie er krank geworden ist, auch wieder gesund. Das führt dazu, dass nicht nur er selbst, sondern auch die Männer um ihn herum nun glauben, dass vielleicht doch Allah ein Auge auf den Jungen hat und seine schützende Hand über ihn hält.
Wenn das hier alles vorüber ist, sagt der Mullah, und, so Gott will, unser Kampf erfolgreich gewesen sein wird und wir eine Verfassung und ein Parlament haben, werde ich dich als meinen speziellen Schüler aufnehmen und zum Mullah ausbilden.
Gottes Wille wird geschehen, antwortet Eskandar, streckt und reckt seine vom Liegen steifen Knochen und freut sich auf das Wiedersehen mit seiner Roxana.
Ich will nicht, dass die Männer davon erfahren, befiehlt der Khan. Am Ende kommen sie auf den Gedanken, ebenfalls nach Hause zu wollen, und laufen davon.
Jetzt, da du wieder gesund bist, kannst du bis zu deiner Abreise arbeiten, sagt der Mullah, und dein Brot und deinen Schlafplatz ehrlich verdienen.
Wir werden ihn zur Feier des neuen Jahres die Geschichte des ältesten aller persischen Feste erzählen lassen, schlägt Hodjat vor. Auf diese Weise werden die Männer bei Laune gehalten und nebenbei auch noch ermutigt, sich und das Lager sauber zu halten und ohne Streit zusammenzuleben.
Hört, hört, Männer, heute bringe ich euch eine Geschichte aus einer Zeit, als die Könige noch gerecht waren, ruft Eskandar. Auf zwölf Säulen, die sich dem Himmel und der Sonne entgegengestreckt haben, hat der Herrscher zwölf Sorten Korn anpflanzen lassen. Jene Saat, die bis zum Tag des neuen Jahres am besten aufgegangen und gewachsen war, hat der König unter sein Volk und den Bauern verteilt, sodass sie es auf allen Feldern der geliebten Heimat anpflanzen. Mit ihrer reichen Ernte haben sie die Kammern des Landes gefüllt, und in der kalten Zeit des Winters hat niemand Hunger leiden müssen. Damals wie heute, erzählt Eskandar, als hätte er selber es unzählige Male getan, damals wie heute zerschlagen die Menschen dem Brauch nach ihre alten Wasserkrüge aus Ton, werfen das alte Stroh ins Feuer und richten sich neue Schlafplätze ein. Sie reinigen ihre Hütten und sich selbst, legen sich neue Gewänder zu, beten und zünden an allen Orten Feuer an, um rein und geläutert in das neue Jahr zu wechseln.
Wunderbar, ruft Hodjat, als er sieht, dass seine Rechnung aufgeht. Seine Männer säubern ihre Schlafplätze, beseitigen ihren Unrat, gehen an den Fluss, waschen sich selbst und ihre Kleider, schmücken ihre Zelte und provisorischen Dächer aus Reisig und Stroh mit Girlanden aus Gras und Blumen aus den umliegenden Feldern, und sie waschen und schmücken sogar ihre Pferde.
Am letzten Dienstag vor dem Jahreswechsel verbrennen sie, wie Eskandar ihnen den alten Brauch beschrieben hat, ihr altes Stroh, und während sie über die Feuer springen, singen sie: Das Gelb deiner Flamme bekommst du von mir, mein lebendiges Rot bekomme ich von dir.
Dreizehn Tage nach dem Beginn des neuen
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