Eskandar: Roman (German Edition)
Basar reiten darf, und weil seine Ware besonders kostbar ist und unbeschädigt zu den Frauen gelangen, aber vor allem unterwegs nicht dem Blick fremder Männer ausgesetzt sein soll, hat Agha-Mobasher ihm sogar Geld für eine Eseldecke mit großen Taschen auf beiden Seiten gegeben.
Am Eingang des Basars gibt Eskandar einem Jungen eine Münze, damit er auf seinen Esel aufpasst und das Tier samt Decke und Geschirr noch da ist, wenn er zurückkommt. Der Junge führt den Esel in den Schatten, und wenn Eskandar länger im Basar zu tun hat, setzt er ihm einen Sack Futter vor, damit er nicht vor Hunger anfängt lauthals zu schreien und Anstalten macht, nach Hause zu rennen.
Im Basar kommt Eskandar sich vor wie in einer unwirklichen Welt, wo jeder Wunsch erfüllt werden kann. Hier ist er sein eigener Herr, der von den Händlern und Handwerkern, die ihre Waren in Buden und Läden feilbieten, respektiert und geachtet wird; schließlich ist er einer ihrer besten Kunden, der für einen der mächtigsten und reichsten Männer der Stadt arbeitet.
Eskandar liebt die verwinkelten Gassen, die durch Lichtkegel erhellt werden, die durch runde Öffnungen im Dach fallen. Mit der Sonne wandern die hellen Kegel und beleuchten mal die eine Seite, mal die Mitte und dann die andere Seite der Gassen. Staub, der von den Füßen aufgewirbelt wird, tanzt in den Lichtkegeln nach dem Rhythmus und der Melodie der laut rufenden Händler, dem Klopfen der Blecharbeiter und Holzhandwerker. In jeder Gasse duftet es nach etwas anderem, nach Gewürzen; rohem und gebratenem Fleisch; nach Fisch; Zwiebeln; gegrilltem Kebab und Tomaten; nach kostbaren Ölen, die aus Bagdad und Istanbul kommen; nach Menschen; Tieren; frischem Wasser auf staubigem Boden; nach Rauch und Weihrauch.
Zwar bereiten die Köche in der Küche des Tigers täglich die köstlichsten Speisen zu, doch im Gasthaus im Basar den frischen Reis mit Fleischspieß, die Suppe vom Schafskopf oder Kebab zu essen, das in seinem eigenen Saft schwimmt und das Brot darunter tränkt, ist ein Genuss, den Eskandar sich nicht entgehen lässt. Und während er sich das saftige Fleisch mit dem Brot genüsslich in den Mund schiebt, lauscht er den Männern, die aus dem ganzen Land in seinen Basar kommen, essen, Tee trinken, Wasserpfeife rauchen und Geschichten erzählen von ihren Reisen in ferne Orte und Länder, mit fremden Menschen und Gebräuchen.
Es sind Händler, Studenten, Hakim, Heiler, Karawanenführer, Mullah, Männer, die mal länger, mal kürzer unterwegs sind. Männer, die ihr altes Leben aufgeben wollten oder mussten und ein neues suchen.
Eskandar schlendert durch die Gassen, immer auf der Suche nach neuesten Waren aus dem Rest des Landes und auch dem Ausland, und sagt ihm etwas zu, kauft er gleich ein oder zwei Dutzend davon.
Ich brauche Kämme aus gutem Holz, sagt Eskandar zum Schreiner, das Holz deiner Kämme ist faserig, es reißt und zerstört das Haar meiner Herrschaft.
Ich werde dir neue anfertigen, sagt der Schreiner. Aber dann musst du vier nehmen, sonst lohnt sich die Arbeit nicht.
Ich nehme vierzig, sagt Eskandar.
Wozu brauchst du vierzig Kämme?, fragt der Schreiner ungläubig.
Ich lebe mit den vierzig schönsten Mädchen und Frauen der Stadt zusammen, antwortet Eskandar und grinst. Und weil ich gerade dabei bin, mach mir auch gleich vierzig Stöckchen zum Auftragen des Kajalpulvers für die schönsten vierzig Paar Augen.
Stets zu Ihren Diensten, antwortet der Schreiner übertreiben unterwürfig.
Gut, gut, sagt Eskandar, legt seine Hand an seinen unsichtbaren Dolch und kommt sich ein wenig vor wie der Tiger höchstpersönlich.
Die Frauen und Töchter des Palang-Khan sind entzückt von den Kämmen, den Lidstöckchen, dem extra fein gemahlenen schwarzen Kajalpulver, den unterschiedlichen Wangenpulvern in den verschiedensten Rotund Rosatönen und den neuen Düften, die Eskandar nach seinem eigenen Geschmack für sie hat zusammenstellen lassen.
Um ihnen eine besondere Freude zu bereiten, lässt Eskandar aus besonders starker Wolle der Frühlingsschafe Garn und Strickwolle drehen, die er nach eigenem Geschmack färben lässt, und bringt sie den Frauen, damit sie daraus Schals und Tücher stricken und häkeln.
Eines Tages, als Eskandar auf Knien und mit einem ausgestreckten Arm einen Elefanten nachmacht und Roxana auf seinem Rücken reiten lässt, ruft Mahrokh-Khanum entzückt, unsere Roxana liebt Elefanten. Ich wünschte, du könntest einen zeichnen, kannst du das?
Saheb, das
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