Eskandar: Roman (German Edition)
zu reinigen. Und sag dem Gärtner, er soll die schönsten Rosen und Hyazinthen für mich aussuchen. Mahrokh-Khanum verzieht keine Miene, als sie im gleichen Ton sagt, ich möchte, dass du ins Badehaus gehst, dich waschen lässt und mit den neuen Ölen, die du besorgst, einreibst. Ich möchte, dass du heute nach dem Abendgebet zu mir kommst und alles bei mir persönlich ablieferst.
Eskandar krallt die Hände in seine Schenkel, will etwas sagen, doch Mahrokh-Khanum wendet sich von ihm ab und sieht zum Fenster hinaus. Und als sie sich ihm wieder zuwendet, ist keine Spur mehr übrig von dem Zauber und der Verführung. Zurückgeblieben ist ein kalter Blick, kalt wie ein erloschenes Feuer.
Und jetzt geh, befiehlt sie.
Auf dem Weg in den Basar sieht Eskandar seinen Schatten auf dem Schotter der Straße, und er kommt sich lächerlich vor. Ein kräftiger junger Mann sollte nicht auf diesem viel zu kleinen Esel mit kurzen und krummen Beinen und ungelenken Trippelschritten hocken, sagt er leise vor sich hin. Und er hat das Gefühl, alle starren ihn an, und er schämt sich wegen seiner langen baumelnden Beine, die beinah die Straße berühren.
Und dann fällt ihm auch noch ein, wo er dieses jämmerliche Bild schon einmal gesehen hat, nämlich bei dem Akhund, der damals in ihr Dorf gekommen und die Leute davor gewarnt hat, auf den verbotenen Berg zu klettern. Und Eskandar kann es gar nicht mehr ertragen auf dem Esel zu sitzen, und muss abspringen und zu Fuß weitergehen.
Ein Pferd, ein kräftiger, großer Hengst würde viel besser zu mir passen, denkt er und ärgert sich über den Esel, der neben ihm hertrippelt und unbeholfen mit seinen langen Ohren wackelt, um die Fliegen zu verscheuchen. Ich sollte dich auf dem Viehmarkt hinter dem Basar verkaufen, sagt er und gibt dem Esel mit dem Stock einen sanften Schlag auf den Kopf. Ein Pferd wäre das Richtige für mich, sagt Eskandar. Aber nicht einmal für einen Sattel besitze ich genügend Geld, geschweige denn für ein Pferd.
Als vier Frauen ihm auf der anderen Seite der Straße entgegenkommen, hat Eskandar trotz ihrer Schleier und weißen Gesichtstücher keinen Zweifel, sie sehen ihn an, und zwar genauso, wie die Mädchen damals am Fluss in Esfahan Hodjat den Reiter angesehen haben. Die Blicke der Frauen heften sich an ihm fest und lassen ihn nicht mehr los. Eine Frau zieht den Kopf ein, kichert und hört erst auf, als eine andere ihr einen Klaps auf den Hinterkopf gibt.
Unwillkürlich strafft Eskandar die Schultern, richtet sich noch weiter auf und lächelt.
Aber nicht nur die Frauen, auch der Duftverkäufer im Basar sieht ihn auf eine neue Art an. Verzeih, mein Freund, sagt er, seit Jahren nimmst du die Düfte, die ich für dich mische, ohne eine Frage zu stellen, und bist zufrieden. Heute aber prüfst du jeden einzelnen und riechst daran. Der Duftverkäufer lächelt vielsagend und tippt sich an die Nase, die hat sich noch nie getäuscht, sagt er und schmunzelt, meine Nase sagt mir, du bist verliebt.
Verliebt?, so leicht lässt Eskandar-Agha sich nicht aus der Ruhe bringen. Um ehrlich zu sein, mein Freund, von der Liebe habe ich keine Ahnung, solltest du also mit deiner Vermutung richtigliegen, dann weißt du mehr als ich.
Das ist eine Tragödie, sagt der Duftmischer. Wenn du mich fragst, könnte unser Land sämtlichen Farangi-Ländern weit voraus sein, wenn die Männer unserer Heimat sich in Angelegenheiten der Liebe besser auskennen würden. Aber sei unbesorgt, schließlich hast du mich zum Freund, und immerhin ist die Liebe mein Geschäft. Glaube mir, mit den Jahren habe ich gelernt, den Duft der Liebe bereits zu riechen, wenn er vorne den Basar betritt. Und so lass dir gesagt sein, du bist verliebt, mein junger Freund, du bist es.
Eskandar hantiert unbeholfen an den Flaschen und Flakons herum und vermeidet es, dem Blick des Duftmischers zu begegnen. Also gut, sagt er mit gespielter Ruhe. Du bist der Experte, dann bin ich also verliebt.
Und wer ist die glückliche Saifeh?, fragt der Duftverkäufer verschwörerisch, leise, damit die Händler in den benachbarten Buden ihn nicht hören.
Eskandar konzentriert sich auf das Gesicht des Duftverkäufers, seinen dunklen Bart und Turban, seine schmalen Lippen und seine große Nase. Er lächelt unbeteiligt und lügt. Das weiß ich nicht, mein Freund. Vielleicht ist es nur die Liebe selbst, in die ich verliebt bin, und gar keine Saifeh.
Der Duftverkäufer kneift die Augen zusammen, als würde er die Bilder und Gedanken im
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