Eskandar: Roman (German Edition)
Kopf von Eskandar lesen. Plötzlich lächelt er nicht mehr, und seine schmalen Lippen werden noch schmaler. Es ist doch aber hoffentlich keine, die bereits einem anderen Mann gehört, sagt er.
Eskandar erschrickt so sehr, dass ihm das Flakon mit Narzissenöl aus der Hand rutscht, er fängt es aber gekonnt auf und spielt weiter den Gelassenen. Es ist niemand. Aber weil du mein Freund bist, werde ich dir ein Geheimnis verraten. Wenn ich ehrlich bin, hätte ich nichts dagegen, es gäbe eine, die mir ihre Liebe schenkt. Schließlich haben andere Männer in meinem Alter längst Frau und Kinder. Ich finde, es ist an der Zeit, dass auch ich mir darüber Gedanken mache. Was denkst du?
Du willst meine Meinung hören? Der Duftmischer versucht nicht einmal, seinen Unmut zu verbergen. Ich sage dir, was ich denke. Ich denke, du bist ein miserabler Lügner. Und ich denke, du spielst mit dem Feuer und bist auf dem besten Weg, dir die Finger und sonst noch was zu verbrennen. Und jetzt, mein Freund, sag mir, welchen Duft du haben möchtest, denn es ist Zeit für mich, in die Moschee zu gehen, zu beten und Allah und dem Propheten zu danken und sie zu preisen.
Ich nehme alle, antwortet Eskandar in der Hoffnung, mit einem guten Geschäft die Gunst des Duftverkäufers zurückzuerlangen, und seine Rechnung geht auf.
In Gottes Namen, sagt der Duftmischer. Uns ist es nicht vergönnt gewesen, vor der Ehe zu sehen, wer die Mutter unserer Söhne werden wird. Mein Vater ist der Bruder des Vaters meiner Mutter, die Mutter meiner Söhne ist meine Cousine, und wir beide sind einander versprochen gewesen, noch bevor wir in diese Welt gekommen sind. Aber heutzutage ist es keine Seltenheit, dass Männer das Glück haben, die Mutter ihrer Kinder selbst auszuwählen und sogar vor der Hochzeit einen Blick auf sie zu werfen. So sage mir, mein Freund, wann wird, so Gott will, die Hochzeit stattfinden?
Die Hochzeit? Dieses Mal lässt Eskandar die Tonschale mit den Seifen fallen und kann sie auch nicht auffangen und sie birst auf dem Steinpflaster in kleine Scherben.
Mach dir nichts draus, sagt der Duftmischer lachend. Sei froh, schließlich ist es nur eine Tonschale gewesen und nicht dein Herz, das gebrochen ist. Und wo alter Ton zerbricht, macht er Platz für etwas Neues und Reines.
Der Duftmischer kehrt die Scherben zusammen und sagt, du bist ein guter Mann, und hier im Basar hast du den Ruf, ehrlich zu sein. Auch daran, dass du was hermachst, gibt es keinen Zweifel, schließlich arbeitest du im Haus des verehrten Khan. Glaub mir, mein Freund, der Duftmischer beugt sich vor und flüstert, mancher dieser Händler und Handwerker hier sähe es gerne, wenn du um die Hand seiner Tochter anhalten würdest. Aber so wie es aussieht, sagt der Verkäufer und deutet auf die Düfte und Öle, die er für Eskandar einpackt, bist du bereits bei irgendeinem glücklichen Vater vorstellig geworden. Mobarak. Mobarak. Gratulation, lieber, verehrter Agha-Eskandar. Mögen deine Söhne die Kraft und Würde ihres Vaters besitzen. Und falls du demnächst nach einer zweiten oder dritten Frau Ausschau halten solltest, lass es mich wissen. Ich kenne viele Männer, die dich gerne als Schwiegersohn hätten.
Der Dallack, der Badehausmeister, knetet, walkt und wäscht Eskandar von Kopf bis Fuß, färbt ihm Hände, Füße, das Haar und auch seinen dünnen Bart mit rotem Henna, damit Blut und Temperament sich beruhigen, und zum Schluss reibt er ihn von Kopf bis Fuß mit den Ölen ein, die Eskandar gekauft hat.
Als er nach vielen Stunden wie ein ganzes Beet Blumen duftend nach Hause kommt, mustert Agha-Mobasher ihn mit strengem Blick. Mein Sohn, du hast doch hoffentlich nicht vergessen, wo du hingehörst und welches deine Aufgaben sind. Ich erwarte, dass du bescheiden und genügsam deine Pflicht tust und stets deine eigenen Bedürfnisse dem Wohl und den Bedürfnissen der Herrschaft unterordnest.
Agha, mit Verlaub. Ich habe keinerlei Bedürfnisse, antwortet Eskandar, wie es sich gehört.
Agha-Mobasher streckt die Nase in die Duftwolke, die Eskandar umgibt. Und das? Was ist das? Für mich riecht das nach sehr viel eigenem Bedürfnis.
Verehrter Agha, ich befolge nur die Befehle, die Sie selbst mir gegeben haben.
Habe ich dir vielleicht gesagt, du sollst ins Bad gehen und dich mit allen verfügbaren Essenzen des Basars einreiben?
Mit Verlaub, Saheb, Sie erwarten von mir, stets sauber und reinlich zu sein und keine unangenehmen Körperausdünstungen zu haben. Sie wollen, dass
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