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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
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ich korrekt gekleidet bin, weil ich als Bediensteter des Hauses des verehrten Palang-Khan in der Öffentlichkeit mit ihm in Verbindung gebracht werde. Sie sagen selbst, die Leute schließen von mir, meinem Erscheinungsbild und Verhalten auf das gesamte Haus und seinen Herrn.
    Der alte Verwalter kann nicht verbergen, dass es ihn amüsiert, wie Eskandar seine Predigt über die Reinlichkeit der Bediensteten und ihr äußeres Erscheinungsbild wiedergibt und dabei den Rücken gerade hält und sogar Hände und Kopf bewegt wie er selbst. Gut, gut, sagt der Verwalter im gleichen Ton wie der Khan. Merke dir nur, du kannst dich noch so sehr waschen und in Düfte hüllen, der Verwalter streicht seinen Bart glatt, du bist und bleibst, was du bist. Ein Diener.
    Jawohl, Agha. Das werde ich nicht vergessen.
    Es ist Jahre her, seit der Verwalter Eskandar gefragt hat, wohin er geht. Heute tut er es.
    Mit Verlaub, Agha, zum Meister Agha-Hodjat.
    Geh mit Gott, sagt der Verwalter und blickt Eskandar skeptisch nach.
    Auch wenn Eskandar so etwas noch nie gesehen, geschweige denn getan hat, tauchen plötzlich Bilder in seinem Kopf auf, die es ihm unmöglich machen, auch nur einen einzigen klaren Gedanken zu fassen. Es sind Bilder von Haut, von nackten Frauenbrüsten; von Frau und Mann, die sich vereinigen; von Fleisch auf Fleisch. Versunken in seinen verbotenen Phantasien, schreckt Eskandar auf, als der Mullah plötzlich neben ihm hergeht, ihm den Arm um die Schulter legt und in die Luft schnuppert. Aber heute ist doch gar kein Badetag, stellt der Akhund fest. Was hat diese Duftwolke zu bedeuten?
    Heute ist das Hammam billiger gewesen, lügt Eskandar, da habe ich die Gelegenheit genutzt.
    Ja, ja, sagt der Mullah und seufzt. Die Zeiten sind hart, und jeder muss zusehen, wie er sie meistert. Doch vergiss nicht, dein Verhalten stets danach auszurichten, was Allah gefällig ist.
    Vor dem Zimmer, das Hodjat zusammen mit seiner Frau Zarrin und seinen Kindern bewohnt, muss der Mullah endlich von Eskandar ablassen; schließlich ist er kein Mahram, kein Blutsverwandter, weshalb es Sünde wäre, wenn er die Frau von Hodjat sehen würde.
    Als Eskandar vor seinem Meister und dessen Frau steht, spürt er, auch hier ist nichts, wie es gestern noch gewesen ist. Und Eskandar weiß, es ist weder das Bad, noch sind es die Düfte, es sind die Worte von Mahrokh-Khanum, die ihn verändert haben.
    Hodjat-Agha und seine Frau-Zarrin stehen auf ihrer kleinen Lehmveranda und starren ihn an, als wäre er ein Fremder. Das Lächeln in Zarrin-Khanums Gesicht verfliegt, und sie zupft verlegen ihr Kopftuch zurecht. Hodjat-Agha steigt das Blut in den Kopf, weil er mit einem Mal erkennen muss, sein Zögling ist kein Junge mehr, sondern ein Mann. Der Reiter macht sich breit, stemmt die Arme in die Seiten und verdeckt damit den Blick auf seine Frau.
    Nach all den Jahren, der Nähe, der Vertrautheit ist es plötzlich ein Vergehen, eine Sünde, die Frau seines Meisters unverschleiert und ohne Gesichtstuch zu sehen. Als hätte er etwas verbrochen, blickt Eskandar auf den Boden.
    Doch gerade als er gehen will, erhebt Hodjats Frau die Stimme. Lieber Agha-Eskandar, ich will ehrlich mit Ihnen sein. Schließlich sind Sie kein Fremder für Hodjat-Agha und mich. Sie sind uns so nah wie jeder Blutsverwandter. Wie ein Sohn sind Sie uns ans Herz gewachsen, sagt sie und spürt, wie es nicht nur ihr selbst, sondern auch ihrem Mann und Eskandar leichter ums Herz wird. Zarrin-Khanum hält sich beim Sprechen die Hand vor den Mund, lächelt und senkt abermals verlegen den Blick. Von einem Tag auf den anderen ist aus Ihnen ein richtiger Mann geworden, sagt sie. Bitte erlauben Sie mir zu sagen, Sie haben sich zu einem prächtigen jungen Mann entwickelt. Und ich bin stolz, in all den Jahren eine Art Mutter für Sie gewesen zu sein, und möchte Sie bitten, das auch in Zukunft sein zu dürfen, sagt Zarrin-Khanum und tut etwas, das sie mutiger als die beiden Männer sein lässt. Behutsam schiebt sie sich an ihrem Mann vorbei, stellt sich vor Eskandar auf die Zehenspitzen und küsst ihn auf die Stirn.
    Eskandar verbeugt sich tief, verbirgt seine Tränen nicht, küsst die Hand der Frau seines Meisters auf eine Art, wie man es nur bei einer Höhergestellten tut. Möge Allah Ihnen ein langes Leben bescheren.
    Die beiden Männer wissen, Frau-Zarrin ist mit ihren sechs- oder siebenundzwanzig Jahren allenfalls sechs oder sieben Jahre älter als Eskandar und könnte niemals seine Mutter sein. Also hat sie

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