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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
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habe ich meinen Vormund gefragt, wer mein Vater gewesen ist.
    Du bist ein Tautropfen auf der schönsten aller meiner Rosen, im schönsten aller meiner Gärten gewesen, hat er geantwortet. Eines Nachts hat der Mond deine Schönheit entdeckt, hat sich in dir gespiegelt, und du hast ihn gefangen genommen und nicht mehr freigelassen. Da hat eine gute Fee dich entdeckt, und weil sie mir noch einen Gefallen schuldig war, hat sie dich mir zum Geschenk gemacht. Ich gab dir den Namen Gesicht des Mondes, Mahrokh, ich pflegte und liebte dich. Bis schließlich meine Liebe zu dir so groß wurde, dass du eines Morgens kein Tautropfen mehr warst, sondern ein schönes Mädchen.
    Ich ertrage es nicht, wenn Sie über andere Männer sprechen, sagt Eskandar. Ich will der einzige, der erste, der letzte Mann in Ihrem Leben sein.
    Mach dich nicht lächerlich, fährt Mahrokh-Khanum Eskandar an. Du hast mich darum gebeten, also schweig und höre. Mein Vormund hat mich und ich habe ihn geliebt, sagt sie. Er war meine Mutter, mein Vater, mein Lehrer, mein Meister und eben auch mein Mann und Geliebter. Alles, was ich weiß, was ich kann, was ich habe, habe ich von ihm. Er machte mich zu dem Menschen, der ich heute bin. Er gab mir stets das Gefühl, ein besonderer Mensch, die schönste all seiner Frauen zu sein.
    Sie sind schön, sagt Eskandar, spürt, wie kalt seine Stimme klingt.
    Und als es mit ihm und seinem Leben zu Ende ging, übertrug er seinen gesamten Reichtum auf mich.
    Er hat seinen Reichtum Ihnen vermacht? Einer Frau?
    Die Schöne lacht, siehst du? Er ist nun einmal anders gewesen. Einzigartig, mutig, der einzige richtige Mann, den ich kenne.
    Gott sei seiner gütigen Seele gnädig, sagt Eskandar und ärgert sich, weil seine Lust verflogen ist und brennender Eifersucht Platz gemacht hat.
    Er hat so lange gesucht, bis er Mullah und Akhund gefunden hat, die des Lesens und Schreibens mächtig waren.
    Auch ich kann lesen und schreiben, sagt Eskandar.
    Wieder ignoriert sie ihn. Acht an der Zahl. Junge und alte.
    Acht Akhund? Wozu die Übertreibung? Zwei oder drei hätten gereicht.
    Ich dachte, du kennst dich aus, erwidert die Schöne zynisch. Immer hin hat der Prophet bestimmt, das Weib, das schwache Geschlecht, wie auch du uns Frauen nennst, muss viermal so viele Zeugen vorweisen wie der Mann. Außerdem wollte mein verehrter, verstorbener Ehemann sicherstellen, dass der eine Mullah den anderen überwacht und keiner von ihnen auf den Gedanken kommt, er könne mich betrügen.
    Ich bin zwar arm und besitzlos, sagt Eskandar, doch auch ich würde Ihnen alles geben, was ich besitze, und wäre es mein Leben.
    Die Schöne steigt nackt, wie sie ist, aus dem Bett, geht ans Fenster und blickt hinaus. Und welchen Nutzen soll es haben, wenn du dein Leben für mich gibst?
    Eskandar will aufstehen, will zu ihr gehen, sie in die Arme schlie ßen, doch sie kommt zurück zum Bett, lehnt ihren Kopf an ein Kissen, nicht an seine Schulter, und sagt, bis zum Tag seines Todes habe ich jede Minute meines Lebens an seiner Seite verbracht. Er nahm mich überallhin mit, verwöhnte und verhätschelte mich, machte mich aber auch tauglich fürs Leben. Von Anfang an gewährte er mir Einblick in seine Geschäfte; er hat mir die Gründe für jede Entscheidung erklärt, und er hat mich nach meiner Meinung gefragt. Er hat Lehrer eingestellt, mir Rechnen, Lesen, Schreiben beibringen lassen, und ich habe sogar gelernt, den Koran zu lesen und ihn zu deuten.
    Sie sind die einzige Frau, die ich kenne, die all das weiß, sagt Eskandar und wünschte, sie würde schweigen.
    Siehst du, sagt sie und lacht bitter. Auch dich empört es, dass ich, eine Frau, Wissen habe und Reichtum besitze. Ich sorge für mich selber und treffe eigene Entscheidungen, und ich entscheide, mit welchem Mann ich mein Leben und meinen Reichtum teile. Mein geliebter Vormund und Ehemann hat mich mit Khadija, der ersten Frau des Propheten, verglichen. Er sagte, wenn der Prophet einer Frau Eigenständigkeit und Entscheidungsfreiheit zugebilligt hat, dann kann ich, ein einfacher Mensch, sie dir nicht verweigern. Und so ist Khadija, die tüchtige, fähige Geschäftsfrau, die Besitzerin von Karawanen, Grund und Boden, von Sklaven, Männern und Arbeitern, für mich ein Vorbild geworden.
    Khadija?, sagt Eskandar. Das ist die, die den Propheten Mohammad als Kameltreiber angestellt hat, bevor sie sich Jahre später in ihn verliebt und schließlich zum Ehemann genommen hat.
    Mahrokh-Khanum lächelt zufrieden und

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