Eskandar: Roman (German Edition)
König Ahmad Schah, dem letzten König der Qajaren-Dynastie, für gutes Geld in den Palast bringen.
Eskandar-Agha kehrt in den Süden zurück
Das von Mahrokh-Khanum verlangte Jahr ist längst verstrichen und viele weitere dazu; Eskandar hat sich wieder und wieder neue Sätze ausgedacht, die er sagen will, wenn er endlich vor seiner Geliebten und der kleinen Roxana steht. Der große Mirza hat mich gebraucht, wird er ihnen erklären. Dass er der Schreiber des Freiheitskämpfers war und nicht nur seine Korrespondenz erledigt, sondern auch die Lebens geschichte dieses großen Mannes aufgeschrieben hat.
Eskandar malt sich aus, wie er Mahrokh-Khanum und Roxana, die mittlerweile ein junges Mädchen sein dürfte, seine Holzkiste mit den beschriebenen Seiten und seine Zettel zeigen wird und die beiden stolz auf ihn sein und ihm vergeben werden, dass er erst nach so vielen Jahren zu ihnen zurückkehrt. Und dann wird er ihnen alles erzählen, von der Begegnung mit dem rothaarigen Engelissi-Agenten, der den Mirza zum König des Iran machen wollte; und warum die Russi zu Bolschewiken wurden; warum die Alliierten, Engelissi, Faranssawi, Almani, Amrikai das alte Osmanische Reich zerstört haben und den Türken ein eigenes Land gegeben haben und warum sie mit dem Lineal neue Grenzen und neue Länder wie Syrien, Irak, Libanon geschaffen und das Volk der Kurden willkürlich aufgeteilt haben.
Er wird ihnen die Stelle vorlesen, wo er beschreibt, wie er sich zunächst vor dem dunklen Wald gefürchtet hat und später in ihm nicht nur sein neues Zuhause gefunden, sondern sich auch von den Früchten, Pflanzen und Tieren im Wald ernährt hat. Und er wird ihnen erzählen, wie das anstrengende Leben im Djangal nicht nur sein Wesen, sondern auch seinen Körper geformt und geprägt hat und er sogar noch mehr Muskeln bekommen hat als zu der Zeit, als er mit seinem Meister Hodjat trai niert hat.
Eskandar wird ihnen erzählen, seit der neue Schah, Resa-Khan, die Macht der korrupten Qajaren-Könige nach 130 Jahren Ausbeutung endlich beendet hat und den Iran in ein fortschrittliches Land verwandeln will, habe auch ich unermüdlich gearbeitet, um das nötige Geld für die Reise nach Teheran zusammenzubekommen.
Tatsächlich kann Eskandar sich beinah wöchentlich einen Besuch im öffentlichen Bad leisten. Er hat sich seinen Bart trimmen und die Haare kürzen lassen, sich sogar ein neues Hemd, eine Hose und ein paar Giweh geleistet und besitzt einen sauberen Schlafplatz im Teehaus, wo er tagsüber als Schreiber arbeitet.
Der neue König und seine Gesetze sind gut für Eskandar-Agha. Täglich muss er für seine Kundschaft neuerdings benötigte Besitzurkunden, Bescheinigungen, Bestätigungen und Zeugnisse schreiben oder vorlesen.
Schon allein, weil er dank der Politik des Königs Arbeit und ein Auskommen hat, aber hauptsächlich, weil die Geschichte von Resa-Khan ihn an seine eigene erinnert, mag Eskandar den neuen König.
Resa-Khan ist ein einfacher Bauernjunge aus der Provinz Mazandaran am Kaspischen Meer gewesen, der sich als Stalljunge der Kosakenbrigade unter russischer Führung angeschlossen hat. Zielstrebig arbeitete er sich hoch, bis er zuerst Oberst, dann Befehlshaber der Armee, Kriegsminister und schließlich Premierminister wurde. Zu guter Letzt putschte er sich unblutig gegen den letzten Herrscher der Qajaren an die Macht und wurde von der Nationalversammlung zum Schah ausgerufen, woraufhin er sich eigenhändig die Krone auf den Kopf setzte. Wie viele Menschen aus dem Norden Irans hat Resa-Khan stahlblaue Augen. Er ist ein groß gewachsener, stattlicher Mann, der mit seinem stechenden Blick Respekt und Angst einflößt.
Seine Gegner und Feinde lässt er ohne Gnade verhaften und töten. Er ohrfeigt seine Minister, tritt ihnen in den Hintern und entlässt sie. Er führt sein Land mit eiserner Hand und verfolgt, koste es, was es wolle, nur ein Ziel: ein modernes Persien, das mit anderen Ländern der Welt Schritt halten kann und den Besatzern die Stirn bietet. Resa-Khan will Straßen bauen, um die Städte miteinander zu verbinden, er will eine ordentliche Verwaltung und ein Bildungssystem aufbauen. Was aber Eskandar besonders gefällt, ist, dass er unerschrocken und mutig den Kampf sogar mit den Großgrundbesitzern und Religiösen aufnimmt und eine Landreform durchführt. Womit zahlreiche Stammesfürsten und Mullah ihre Macht und ihren Einfluss verlieren.
Aber auch im Teehaus hat der neue König nicht nur Freunde. Er hat keinen Plan,
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