Esper unter uns
geworden war.
Das Publikum spürte den nahenden Todesstoß, und eine vibrierende Spannung hing über dem Studio.
»Miß Lamarr, ich fürchte, ich muß davon Abstand nehmen, weiter über dieses Thema mit Ihnen zu diskutieren …«
»O nein, Sir Colin!« Sandras Stimme war jetzt kalt und tödlich. »Wir sind hier in der Stunde der Wahrheit und dürfen nichts übergehen, um der Wahrheit auf die Spur zu kommen und sie selbst bis zum bitteren Ende zu verfolgen. Richtig, meine Damen und Herren?« wandte sie sich an das Publikum, das ihr mit der gleichen Gruppenskrupellosigkeit, wie die Zuschauer im Kolosseum in Rom nach dem Blut der Gladiatoren heulten, Beifall klatschend recht gab.
Granger sackte in seinem Sessel zusammen. Sein Gesicht wirkte plötzlich älter. In seiner obersten Ebene waren noch Echos von etwas anderem, wie drohender Grundbaß, das David nicht verstehen konnte.
»Erzählen Sie uns ein wenig mehr über den Tod Hemingford-Wills’, Sir Colin«, forderte Sandra hartnäckig mit befehlender Stimme. »Stimmt es nicht, daß Hemingford-Wills auf Ihre ausdrückliche Anordnung hin von einem Agenten der Spezialabteilung getötet wurde?«
»Nein …!« Die eine Silbe hörte sich wie das verzweifelte Brüllen eines getroffenen Stieres in der Arena an.
»Und daß dieser Agent …«
David erkannte jetzt endlich das Wesen des Grundbasses.
Sandra, um Himmels willen, laß nach! Er ist am Rand eines Zusammenbruchs.
Zum Teufel damit! Wenn ich nachlasse, glauben sechzig Millionen Zuschauer, daß ich Schiß habe.
Sandra, bitte …
Die Frau ignorierte ihn und fuhr mitleidlos fort: »… von Ihnen persönlich mit Geld bezahlt wurde, das Sie durch Ihre Geschäfte mit Kwame Nariz machten.«
»Nein!«
Das schlammige Wasser um den Raubfisch war nun mit Blut vermischt und roch nach Gefahr. Geschmeidig wie immer schoß er hoch und in Sicherheit.
Sandra! Viel mehr kann er nicht einstecken. Vielleicht ist es bereits zu spät!
»Hemingford-Wills war in Wirklichkeit nur ein Juniorpartner in diesem Geschäft, das mit dem Massaker in Johannisburg endete. Sie, in Ihrer Sonderstellung als Zweiter Sekretär, waren die wirkliche Hauptfigur dieses Abkommens – eines, wie ich hinzufügen möchte, das nicht nur aus einer idealistischen Überzeugung heraus getroffen wurde, sondern aus Gewinnsucht …« Sandra war großartig in dieser Art von Staatsanwaltsrolle – eine rächende Göttin, der die Elemente gehorchten.
»Haben Sie eine Antwort auf diese Anklagen, die, wie Sie genau wissen, den Tatsachen entsprechen? Haben Sie den Mut, sich der Wahrheit zu stellen, Sir Colin?«
Das bedauernswerte Opfer bemühte sich, aus dem Sessel aufzustehen. Seine Lippen bewegten sich, ohne daß ein Laut über sie kam. Einen Augenblick stand er aufrecht, den rechten Arm erhoben, als wolle er seine Peinigerin schlagen, doch dann kippte er langsam nach vorn. Glas klirrte, als sein Gewicht den Tisch umwarf. Er sackte schließlich auf den Boden, mit dem Hinterkopf den Zuschauern zugewandt.
Die Stille wurde von einem einstimmigen Seufzen des Publikums gebrochen – es war ein Laut, der den Eindruck orgastischer Befriedigung erweckte. Sie waren in der Hoffnung hierhergekommen, skandalöse Eröffnungen zu hören, aber die Wirklichkeit hatte noch alle Erwartungen übertroffen.
Sandra zeigte weder Schrecken noch Triumph, als sie sich neben dem Mann auf den Boden kniete.
»Holen Sie einen Arzt, Greg«, wandte sie sich an den Aufnahmeleiter, während sie Grangers Krawatte und Hemdkragen öffnete. Eine der näheren Kameras folgte jeder ihrer Bewegungen.
Trotz seines Abscheus bewunderte David Sandras absolute Selbstbeherrschung und ihr natürliches Talent, ohne Übergang von der Rolle des Racheengels zu der einer Samariterin überzuwechseln.
Ein kleiner pausbackiger Mann kletterte wichtigtuerisch auf die Bühne und kniete sich neben Sandra. Aber Dave wußte, daß er bereits zu spät kam. Sein Psi nahm kein Lebenszeichen Grangers mehr auf.
Ekel vor sich selbst übermannte David. Er wollte irgendwohin laufen und sich verkriechen – aber wie sollte man sich vor etwas in seinem eigenen Kopf verstecken?
Lange nach Mitternacht erst erreichten sie ihr Apartment, ein luxuriöses Penthaus mit einem Blick auf den Hyde Park. Alle hatten sich in Sandras Garderobe gedrängt und ihr ihr Mitgefühl und ihre Bewunderung ausgedrückt, sogar der Leiter der Unterhaltungsabteilung, der sich normalerweise sehr rar machte. Die Telefonzentrale war überlastet durch
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