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Esper unter uns

Esper unter uns

Titel: Esper unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Morgan
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mit der Zeit, wie im Fall der meisten latenten Psis, zurückentwickelte und schwand. Doch zu dem Zeitpunkt war es für David bereits zu spät. Er steckte schon tiefer darin, als er vor sich selbst zugeben wollte. Seine Vernarrtheit in Sandra beherrschte ihn völlig, denn ihre Beziehungen erfüllten zum erstenmal in seinem Leben seine Bedürfnisse, die in den Traumata seiner Vergangenheit beruhten, mit ihren Echos einer Hurenmutter, die ihn vor so vielen Jahren seinem Schicksal überlassen hatte. Er begründete seine Handlungsweise, indem er sich selbst vortäuschte, der Verband habe ihn im Stich gelassen, dabei lag die Schuld ausschließlich bei ihm selbst.
    »Ich bin trotzdem der Ansicht, daß du vorsichtiger sein mußt«, sagte er. »Und ganz sicher werde ich dir nicht mehr dabei helfen, etwas Ähnliches wie heute abend zu veranstalten. Du magst vielleicht Königin im Land der blinden Nichtpsis sein, aber ohne meine Hilfe könntest du deine Stunde der Wahrheit nicht durchführen.«
    »Habe ich das bestritten? Trotz deines verdammt puritanischen Gewissens haben wir doch ein herrliches Verhältnis.« Sie erhob sich mit siegessicherem Lächeln. »Komm, Baba«, sagte sie zu dem Luchs.
    Die grünen Teufelsaugen des Tieres funkelten David böse an, als es aufstand, den Rücken krümmte und sich streckte, ehe es Sandra mit gleicher Grazie zum Schlafzimmer folgte. Sandra drehte sich unter der Tür um und schaute über die Schulter.
    »Weißt du, was ich meine, Davy-Boy?« sagte sie ruhig. »Ohne mich würdest du es auch nicht schaffen.«
    Du-du-du …
    Hilflose Wut hämmerte in seiner Brust, als er zusah, wie die Tür sich hinter dem spöttischen Echo von Afreets Geist schloß. Er konnte sich gegen diese Frau nicht wehren, und das wußte sie. So sehr sie ihn auch demütigte, so sehr er verabscheute, was sie tat, er würde doch immer für sie da sein, denn sein ganzes Wesen brauchte die Symbiose mit ihr.
     

 
6.
     
    Das Privatzimmer war eine kleine, isolierte Welt. Die Zeit teilte sich zu den Augenblicken auf, da man ihm das Essen brachte, das er automatisch zu sich nahm, ohne darauf zu achten, was es war, und den regelmäßigen Besuchen Matt Boyles, dessen joviales Wesen geräuschvoll im Zimmer echote, ohne großen Eindruck auf Victor zu machen. Er schlief viel, und wenn er wach war, hielt ihn gewöhnlich eine Art Lethargie im Bann, und er starrte blicklos an die Decke. Eifrige Schwestern brachten ihm Bücher zum Zeitvertreib und erklärten ihm die Knöpfe für den Wandschirm des 3-Vs, aber er interessierte sich weder für das eine noch das andere. Peter und Barbara Moray, oder zumindest einer von ihnen beiden, schauten jeden Tag nach ihm, und jedesmal wurde die Tatsache, daß seine Psiundurchdringlichkeit immer noch anhielt, durch einen kurzen Versuch von Psiberührung bestätigt. Inspektor Macken, vermutlich von Boyle davon abgehalten, kam nicht mehr.
    Am Abend des fünften Tages hatte er einen anderen Besucher. Hochgewachsen, würdevoll trat er in einem dunkelblauen Anzug herein. Tiefe Runen hatten sich in sein Gesicht gegraben. In seiner Linken trug er ein in blaues Papier gehülltes Päckchen.
    »Sam – was kann ich sagen?« Victor streckte der harten, beruhigenden Hand Sam O’Connors die Rechte entgegen.
    »Sie haben getan, was Sie konnten – Dr. Morgan versicherte es mir.«
    »Aber es war nicht genug, Sam.«
    »Sie dürfen nicht so reden, Victor. Was vorbei ist, ist vorbei …«, sagte Sam ernst. Er setzte sich auf den Stuhl neben dem Bett.
    »Nicht für mich. Ich werde Flower nie vergessen.«
    »Ich sagte ja nicht, daß Sie das sollten. Sie müssen sich nur mit dem Geschehenen abfinden.«
    »Darin war ich nie gut, Sam. Ich weiß nicht, ob das bedeutet, daß ich eine Kämpfernatur bin, oder ob mir bloß immer alles nach dem Kopf ging. Ich wollte nur …«
    »Wünsche sind sinnlos. Flower ist tot, daran wird nichts etwas ändern.«
    »Wie nahm Mama es auf?«
    »Sie wird schon wieder zu sich finden. Die ersten drei Tage bis zur Beerdigung waren die schlimmsten. Seither ist sie sehr still, als hätte sie sich in sich selbst zurückgezogen. Als ich ihr sagte, daß ich Sie besuchen würde, gab sie mir das mit.«
    »O danke, Sam. Was ist es?«
    »Etwas, das Sie haben sollten, meinte sie. Dr. Moray sagte, Sie könnten sich nicht erinnern, wie es geschehen ist – wie sie …«
    Victor blickte den Mann an und erkannte, daß unter dem scheinbar ruhigen Abfinden ein tiefer, hilfloser, aufbegehrender Schmerz

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