Esper unter uns
Zuschaueranrufe, und schon jetzt stand aufgrund der Einschaltquote fest, daß die Stunde der Wahrheit einen neuen Rekord errungen hatte. Man konnte demnach erwarten, daß nächsten Mittwoch noch mehr als siebzig Millionen Zuschauer gebannt vor ihren Schirmen sitzen und von Sandra die Aufdeckung weiterer Skandale erwarten würden. Tod bei einer Liveaufnahme! Eine bessere Werbung als diese konnte es für das Fernsehen offenbar gar nicht geben. Außer David Evans schien auch keiner etwas dabei zu finden, wie ein Mensch hier vorsätzlich in den Tod getrieben worden war. Allerdings, wenn er fair sein wollte, mußte David zugeben, daß außer ihm ja auch keiner wußte, daß Sandra das Leben Grangers in ihrer Hand gehalten und ohne Gewissensbisse zerdrückt hatte.
In ihrem hauchdünnen, kremfarbigen Negligé, das nichts von ihrem aufreizend schönen Körper verbarg, hatte Sandra sich auf dem Sofa zurückgelehnt.
»Du bist ein Idiot! Du hängst mir mit deinem Schuldgefühl zum Hals heraus!« sagte sie kalt, als er ihr das geeiste Glas mit Cola und Wodka reichte.
Idiot – Idiot – Idiot …, hallten die Psiechos aus dem Geist Afreets wider, die wie eine Sphinx mit geschlossenen Augen auf dem Teppich neben dem Sofa lag und sich genußvoll von Sandra zwischen den Pinselohren kraulen ließ.
David hatte dieses Tier von Anfang an nicht gemocht. Es war ein durch besondere genetische Experimente mutierter Luchs mit hoher Intelligenz. Ein solches Haustier war für Sandras exotischen Geschmack genau das Richtige, um so mehr, als sie festgestellt hatte, daß die Katze über ein rudimentäres Talent verfügte, das es ihr ermöglichte, sich mittels Psi mit ihr zu verständigen.
»Was du mit diesem Mann gemacht hast, war kaltberechneter Mord«, sagte Dave. »Ich warnte dich, aber du machtest trotzdem weiter.«
»Ich hatte keine andere Wahl. Hätte ich auf dich gehört, wäre die ganze Show im Eimer gewesen.«
»Und das ist dir wichtiger als das Leben eines Menschen?«
»Pah! Er muß schon lange ein schwaches Herz gehabt haben. Spielt es denn eine Rolle, wo er schließlich abkratzte?«
»Er hätte vermutlich noch ein gutes Jahr oder länger leben können. Aber du hast mit der Art von Streßfaktor auf ihn eingehämmert, die selbst einen Gesunden hätte niederstrecken können.«
»Blödsinn! Du hast die Nachrichten selbst gehört. Ein bedauernswerter Unglücksfall – ein Herzschaden, von dem selbst sein Hausarzt nichts wußte.«
»Glatte Pressearbeit! Selbst wenn sie die Wahrheit ahnten, hätten die Fernsehfritzen es nicht anders gemacht.«
»Na also! Warum machst du dir dann Gedanken? Die Zuschauer kaufen alles ab, was man ihnen sagt. Das tun sie immer.«
»Nicht alle …«
Ihre Augen verhärteten sich. »Was willst du damit sagen?«
»Ich denke an diejenigen, die den Geschichten nicht glauben, daß du durch reines Glück und Geschick der Wahrheit auf die Spur kommst. Ich meine die, die wissen , wie man es macht.«
»Die verdammte jüdische Hexe mit ihrer Bande, die mit halbem Herzen hin und wieder versuchen, Gutes zu tun?«
»Bis jetzt duldeten sie uns. Aber ich glaube nicht, daß sie so etwas einfach hinnehmen werden.«
»Pah! Das letzte, was sie wollen, ist, auch nur die geringste Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Das hast du selbst oft genug gesagt.«
»Das brauchen sie auch nicht. Mit den Kräften, die ihnen zur Verfügung stehen, können sie gegen uns vorgehen, ohne daß jemand es ahnt. Mit Psi kann man auf tausenderlei verschiedene Arten töten – einen Druck auf einen Nerv hier, die Schwankung einer Drüsenfunktion, Teleportation …«
»Aber das wurde doch nie … Das hast du selbst gesagt.«
»Nicht, soviel ich weiß, aber es gibt eine Menge, von dem ich eben nichts weiß. Ich war dem Machtzentrum nie nahe genug, um viel über diese Art von Dingen zu erfahren.«
»Alles Bluff! Kapierst du das denn nicht?« sagte Sandra abfällig. »Nur um sich an diese blöden Gebote zu halten. Deshalb wollten sie mich auch nicht als Mitglied. Sie wußten, daß sie mir mit diesem Gewäsch nicht Angst machen konnten.«
Was sie sagte, stimmte vielleicht zum Teil. Sandras Fähigkeit war nicht sehr stark, aber es lag in ihrer Natur, daß sie sich keine Gelegenheit entgehen ließ, sie zu ihren Zwecken zu nutzen. Als Becky Schofield Sandra ablehnte, hatte sie David gewarnt, daß das Mädchen moralisch nicht geeignet war, weiter ausgebildet zu werden, und es am besten sei, die Finger von ihrem Talent zu lassen, damit es sich
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