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Esper unter uns

Esper unter uns

Titel: Esper unter uns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Morgan
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nagte.
    »Sam, wenn ich mich erinnern könnte, wäre ich vermutlich nicht imstande, darüber zu reden, nicht einmal zu Ihnen.«
    »Unsere Jungs könnten doch so etwas nicht tun, nicht wahr? Sie sind zwar manchmal recht wild, aber einem anständigen Mädchen wie Flower würden sie so etwas bestimmt nicht antun.«
    Victor runzelte die Stirn. »Unsere Jungs? Ich verstehe nicht, Sam.«
    »Mama machte sich große Sorgen – Mitternacht war schon vorbei, und sie hatte den ganzen Tag nichts von Flower gehört. Ich versuchte ihr ständig zu erklären, daß sie bestimmt versucht hatte, uns anzurufen, aber das Telefon nicht funktionierte, und daß sie vermutlich bei Ihnen und alles in Ordnung war. Aber Mama war so unruhig. Sie ging hinunter auf die Straße. Sie sah Cass und bat ihn, mit seinen Rastas nach Flower Ausschau zu halten. Die Polizei nahm sie fest, als sie auf ihrem Weg zu Ihnen am Bahnhof Temple ankamen. Und nun hat man sie der Vergewaltigung und des Mordes angeklagt und macht sie für das ganze schreckliche Unglück verantwortlich.«
    »So etwas Unsinniges habe ich in meinem ganzen Leben nicht gehört!« fuhr Victor auf. »Ich bin sicher, daß Cass nicht dort gewesen sein kann, als es passierte.«
    »Sie sind ein Anglo – vielleicht hört die Polizei auf Sie, wenn Sie es ihr sagen.«
    »Sicher – aber das Schlimme ist, daß ich mich an nichts erinnern kann, Sam. Und wenn ich irgendwelche Einzelheiten erfände, würde ich die Dinge für Cass und die anderen nur verschlimmern.«
    »Sie stellen es so hin, daß er auf Flower und Sie eifersüchtig war und das Ganze als Racheakt plante.«
    »Ich habe Cass nur einmal bei Ihnen gesehen, aber ich glaube, ihn trotzdem gut genug zu kennen, um sicher zu sein, daß er so etwas nie tun würde. Die Polizei glaubt es doch bestimmt selbst nicht?«
    »Vielleicht nicht, aber es ist ein guter Vorwand für sie, ihn und die anderen festzuhalten. Im Augenblick finden eine Unmenge von Immigrantenverhaftungen überall in London statt. Seit dem Attentat auf den Premier sperrt die Polizei ein, wen sie kann.«
    »Jemand hat Donleavy getötet?«
    Sam schüttelte den Kopf. »Nein – drei andere starben, aber er soll nicht einmal einen Kratzer abbekommen haben, sagt man. Es war das Dümmste, das passieren konnte. Es hat die ohnedies angespannte Lage nur noch schlimmer gemacht und der Regierung einen Vorwand gegeben, den Druck auf uns zu verstärken.«
    Victor wurde klar, daß seine Isolierung nun zu Ende sein mußte. Er durfte es sich nicht länger erlauben, sich von allem abzuschließen, was außerhalb seines Zimmers vor sich ging. Aber obwohl er von Cass’ Unschuld überzeugt war, wußte er, wie schwierig es sein würde, ihm zu helfen. Er zweifelte nicht daran, daß Peter Moray mit seiner Erklärung, was im U-Bahnhof wirklich geschehen war, recht hatte. Aber genau wie Peter sagte, wenn er die Polizei darauf hinwies, müßte er seine entsprechenden Psikräfte unter Beweis stellen. Ganz abgesehen davon, daß er dadurch seinen Verpflichtungseid gegenüber dem Verband brechen würde, konnte er es auch gar nicht, weil er momentan über diese Kräfte nicht verfügte. Man würde ihn lediglich als einen Verrückten abstempeln.
    Aber die Alternative, zu schweigen, während Cass und seine Freunde aufgrund von Mackens manipulierten Beweisen verurteilt und gehängt wurden, kam erst recht nicht in Frage. Es mußte einen Weg geben!
    »Hören Sie, Sam«, sagte er schließlich, »ich weiß nicht, ob ich überhaupt in dieser Situation helfen kann, aber, verdammt, ich werde es versuchen!« Er drückte auf den Knopf am Kopfende seines Bettes.
    »Danke, Victor. Ich wußte, daß Sie nicht tatenlos zusehen würden.« Sam erhob sich. »Aber seien Sie vorsichtig, dieser Macken ist ein ganz übler Bursche.«
    Als Sam das Zimmer verließ, trat die gerufene Schwester ein. »Sie haben geläutet, Dr. Coleman?«
    »Ja. Ich möchte meine Sachen.«
    »Ich muß erst Dr. Boyle fragen.«
    »Dann tun Sie es, aber sofort! Oder besser noch, bitten Sie Dr. Boyle, zu mir zu kommen.«
    Als er wieder allein war, öffnete er das blaue Päckchen, das Sam ihm mitgebracht hatte. Unter dem Packpapier kam ein Kunstlederalbum zum Vorschein. Er schlug es auf der ersten Seite auf.
    Ein kaffeefarbiges Baby mit dunklen Juwelenaugen lag auf einem Tigerfell. Darunter stand mit ordentlichen Lettern: FLOWER, sechs Monate alt, 10. Mai 1972.
    Victor blätterte durch das Album und traf Flower als pummelige Dreijährige, als magere Elfjährige mit

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