Essays: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
ihrem Namen, die Männer folgendes lehren, wenn es noch welche geben sollte, die die Sache zu hitzig betreiben, nämlich, das Vergnügen selbst, das sie in Erkenntnis ihrer Frauen genießen, ist verwerflich, wenn nicht Mäßigung dabei beobachtet wird; und können sie in dieser Sache ebensowohl als in einer unerlaubten durch Übermaß und Ausschweifung in Fehler verfallen. Diese unehrbaren Liebesbeweise, zu denen uns die erste Hitze in diesem Spiel treibt, werden nicht bloß nur unanständiger-, sondern sehr schädlicherweise gegen unsre Weiber verwendet. Laß sie doch wenigstens von andrer Hand lernen, unverschämt sein! Sie sind immerdar willig genug zu unseren Bedürfnissen. Ich habe mich dabei immer an die natürliche und einfache Anweisung gehalten.
Der Ehestand ist eine fromme heilige Verbindung. Das ist der Grund, warum das Vergnügen, welches man daraus zieht, ein bedächtliches, ernsthaftes und mit einiger Strenge vermischtes Vergnügen sein muß. Es muß eine gewissermaßen kluge und gewissenhafte Wollust sein. Und, weil ihr Hauptzweck Erhaltung und Fortpflanzung ist, so gibt es einige, die es in Zweifel ziehen, ob, wann die Beschaffung dieses Endzwecks nicht zu hoffen ist, als z.B., wenn schon die Frau über Jahre hinaus ist oder bereits ihre Bürde trägt, es erlaubt sei, dann noch diesen Beweis der Liebe zu begehren. Nach dem Plato wäre es ein Menschenmord. Gewisse Nationen (unter andern die mohammedanische) verabscheuen die Vereinigung mit einer Frau, während daß sie hohen Leibes ist. Verschiedene andre berühren keine Frau, solange ihr Rosenstock blüht. Zenobia erlaubte ihrem Ehgemahl nur eine Umarmung, hernach enthielt sie sich von ihm entfernt, die ganze Zeit, bis sie entbunden worden; da sie ihm dann erst wieder gestattete, den Zweck der Fortpflanzung zu bezielen. Ein herrliches, großmütiges Beispiel eines Ehebündnisses!
Plato hat von einem Dichter, der auf diesen Handel sehr gierig und heißhungrig gewesen sein mag, folgende Erzählung entlehnt: Jupiter erkannte einst seine Juno mit solcher Glut, daß er nicht Geduld genug hatte, sie zu ihrem Liebeslager zu führen; sondern den harten Fußboden zum Thalamo erhob und über der Freude alle die großen und wichtigen Entschlüsse vergaß, die er mit den übrigen auf dem Olymp versammelten Göttern genommen hatte. Er rühmte dabei, er habe sie diesmal ebenso entzückend befunden, als da er ihr, ihren Eltern unbewußt, das erstemal den Gürtel gelöst.
Die Könige von Persien nahmen ihre Gemahlinnen mit in die Gesellschaft, bei ihren Hoffesten; wenn sie aber fühlten, daß der Wein anfing sie zu erhitzen und daß sie die Wollust gar nicht mehr im Zügel halten könnten, so schickten sie solche zurück nach ihren Wohnungen im Innern des Palastes, um sie an ihren unmäßigen Begierden keinen teilnehmen zu lassen, und ließen dann statt ihrer solche Weibsbilder herbeiführen, denen sie nicht schuldig waren, mit Achtung zu begegnen. Alle Ergötzungen und alle Befriedigungen herbergen nicht wohl zusammen bei aller Art Menschen. Epaminondas hatte einen liederlichen Burschen ins Gefängnis werfen lassen. Pelopidas bat ihn, solchen, ihm zu Gefallen, auf freien Fuß setzen zu lassen. Er schlug es ihm ab, verwilligte es aber einer seiner Dirnen, die ihn gleichfalls darum bat, und sagte dabei, es sei eine Gefälligkeit, die man wohl einer Freundin gewährte, sie sei aber unter der Würde eines Generals. Als Sophokles mit Perikles das Amt der Prätur verwaltete und eben zufälligerweise einen schönen Knaben vorbeigehen sah, sagte er zum Perikles: "Ei, sieh einmal den schönen Knaben!" – "Das wäre so etwas," antwortete Perikles, "für einen, der nicht Prätor wäre; denn ein Prätor muß nicht nur reine Hände, sondern auch reine Augen haben."
Der Kaiser Älius Verus antwortete seiner Gemahlin, als sie sich darüber beschwerte, daß er andern Weibern nachginge, das täte er aus Gewissensdrang; denn der Ehestand sei eine Benennung von Ehre und Würde und hätte mit Tändeleien und sinnlichen Begierden nichts zu tun: und unsere Kirchengeschichte hat uns das Andenken jener Frau in allen Ehren aufbewahrt, die sich von ihrem Ehemann scheiden ließ, weil sie seine unverschämten und häufigen Betastungen weder begünstigen noch dulden wollte. Kurz, es gibt keine noch so erlaubte Wollust, deren unmäßiger Genuß uns nicht zum Vergehen angerechnet werden müßte.
Ganz aufrichtig gesprochen aber, ist der Mensch nicht ein armseliges Tier? Kaum steht es, in
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