Essays: Erweiterte Ausgabe (German Edition)
Monat Januar die Kosten auszahlen sollen, die Hermachus dazu bestimmen, und auch den Aufwand, der jeden zwanzigsten Tag im Monat zu einer Mahlzeit für Philosophen aufgehen würde, mit denen er in einem vertraulichen Umgange gelebt, die sich zum Gedächtnis seiner und des Metrodorus versammeln sollten. Carneades war das Haupt der entgegenstehenden Meinung, und hat behauptet, daß der Ruhm an und für sich selbst wünschenswert sei; geradeso, wie wir uns derer ihrer selbst wegen annehmen, die nach unserm Tode geboren werden, die wir nicht kennen und wovon wir gar keinen Genuß haben. Diese Meinung hat nicht ermangelt, einen allgemeinen Beifall zu finden, und am gewöhnlichsten befolgt zu werden, wie es mit denen zu geschehen pflegt, die sich am füglichsten nach unsern Neigungen bequemen. Aristoteles gibt ihm den ersten Rang unter den äußern Gütern und sagt: "Vermeide, als zwei gefährliche Extreme, sowohl Ruhm zu suchen als ihn zu fliehen." Hätten wir die Bücher, welche Cicero über diesen Gegenstand geschrieben hatte, so glaube ich, würden wir gar herrliche Sachen darüber lesen. Denn dieser Mann war dergestalt von dieser Leidenschaft beherrscht, daß er, wie mich deucht, wenn er sich es nur getrauet hätte, gern in das Übermaß gefallen wäre, in welches die andern verfielen, daß nämlich die Tugend selbst nur insofern wünschenswürdig sei, als sie uns die Ehre erwirbt, die eine beständige Folge derselben ist.
Paulum sepultae distat inertiae
Celata virtus. 3
Welche Meinung aber so falsch ist, daß es mich ärgert, daß sie jemals hat in den Kopf eines Menschen kommen können, der die Ehre hatte, ein Philosoph zu heißen. Wenn sie wahr wäre, so dürfte man nur öffentlich tugendhaft sein, und hätten wir mit dem Bestreben der Seele, worin sich eigentlich der wahre Sitz der Tugend befindet, nichts zu schaffen, um sie in Regel und Ordnung zu erhalten, als nur insofern es zur Kenntnis anderer gelangen müßte. Es käme also nur darauf an, mit Feinheit und Behutsamkeit lasterhaft zu sein. Wenn du weißt, sagt Carneades, daß an der Stelle eine Schlange liegt, wo sich ein Mann, ohne es zu vermuten, niedersetzen will, von dessen Tode du Vorteil hast, so handelst du als ein Bösewicht, wenn du ihn nicht warnest, und zwar um so mehr, weil deine Handlung nur dir allein bekannt bliebe. Wenn wir das Gesetz wohlzutun nicht aus uns selbst hernehmen, wenn Impunität für uns Gerechtigkeit ist; in wie viele Arten von Bosheit werden wir dann nicht täglich Gelegenheit haben, uns zu stürzen. Was S. Peduceus tat, als er dasjenige treu herausgab, was C. Plotius ihm ohne jemandes Mitwissen von seinen Reichtümern anvertraut hatte, und desgleichen ich auch selbst getan habe, das finde ich nicht eben so vieles Rühmens wert, als ich es schändlich finden würde, wenn wir es nicht getan hätten. Und finde es gut und nützlich zu unsern Tagen, das Beispiel des P. Sextilius Rufus anzuführen, welchen Cicero darüber anklagte, daß er wider besser Wissen und Gewissen eine Erbschaft an sich gerissen, obgleich nicht nur ohne Widerspruch der Gesetze, sondern selbst durch die Gesetze. Und M. Crassus und Q. Hortensius, welche wegen ihrer Macht und ihres Ansehens von einem Fremden angegangen wurden, gewisse Anteile aus einem falschen Testamente sich gefallen zu lassen, damit er daraus des Seinigen desto gewisser sein möchte, begnügten sich damit, daß sie mit der Verfälschung des Testaments nichts zu schaffen haben wollten, schlugen aber den Nutzen nicht aus und hielten sich für genug gedeckt, wenn sie vor Anklagen und vor Zeugen und dem Gesetze sicher wären. Meminerint Deum se habere testem, id est (ut ego arbitror), mentem suam. 4
Es wäre um die Tugend ein elend jämmerlich Ding, wenn sie ihren Wert nur aus dem Ruhme zöge. Vergebens bestrebten wir uns, ihr einen eigenen Rang einzuräumen und sie vom Glück unabhängig zu machen; denn was ist wohl zufälliger als ein berühmter Name. Profecto fortuna in omni re dominatur: ea res cunctas ex libidine magis, quam ex vero, celebrat obscuratque. 5 Zu veranstalten, daß die Handlungen sichtbar und bekannt werden, ist bloß ein Werk des Glücks. Das blinde Glück ist es, welches uns aufs Geratewohl den Ruhm austeilt. Ich habe gesehen, wie es sehr oft vor dem Verdienst hergeht und oft in großer Länge über das Verdienst wegschreitet. Derjenige, welcher zuerst den Einfall hatte, den Ruhm mit einem Schatten zu vergleichen, sagte etwas Besseres, als er sagen wollte: beide
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