Essen kann jeder
Supermarkt gehen. Die Schuhbeck-Dosen stehen meist irgendwo zwischen »Westfälischem Bohneneintopf« und »Feuerzauber Texas«. Aber das ist ja das Schöne am Schuhbeck: Er ist auf dem Boden geblieben. Gerade und schnörkellos kocht er. Nicht »geschnackselt«, wie er selbst über den Kochstil seiner Kollegen urteilt. Keine Auster im Kresseschaum. Keine Trüffel im Topinamburbett. Keine Erbse im Handstand. Wasser. Salz. Aroma. Passt!
Große Köche wie er haben bewiesen, dass ungezügelter Geschäftssinn und gutes Essen keine unüberwindlichen Gegensätze sein müssen, sondern nur lediglich sein sollten. Denn Köche sollten Geld verdienen dürfen. Das ist doch nur recht und billig. In einer modernen Leistungsgesellschaft ist eine unverkrampfte Einstellung zu Profit schließlich eine hohe Tugend. Und wer jetzt dem Schuhbeck seine Bücher unter die Nase hält, in der die Bedeutung von »frischen Zutaten« und der »regio nalen Küche« gepriesen wird, der verhält sich kleinlich und rückwärtsgewandt. Wer sagt denn, dass die Sahne nicht frisch pulverisiert wurde? Oder dass der Hefeextrakt nicht aus heimischen Pilzkulturen stammt? Solche Korinthenkacker wirken auf mich bigott. Wir leben in einer liberalen Gesellschaft, in der offen diskutiert werden darf, ob Prostitution als staatlich aner kannter Beruf zugelassen werden sollte. Da sollte doch auch ein Koch die Möglichkeit bekommen, ohne finanzielle Notwendigkeit die eigene Überzeugung zu verkaufen.
Doch, lieber Herr Schuhbeck, falls Sie dieses Buch lesen (was natürlich nicht der Fall ist, da Sie ein hoch beschäftigter Mann sind und wahrscheinlich so bodenständig und »ungeschnackselt«, dass Sie in langen, einsamen Nächten Ihre Fertigsuppen selbst in die Dosen füllen), dann hätte ich dennoch eine Frage: Gibt es nicht für alles Grenzen? Haben Sie nicht auch schon für McDonald’s geworben? Falls sich mein müdes Hirn nicht irrt, nannte sich die ganze Aktion »Hüttengaudi«. Das ist an sich noch gar nicht so schlimm. Im Gegenteil, ich bewunderte eher Ihre erstaunliche Begabung, sich in aller Öffentlichkeit lächerlich zu machen. Aber dass Sie dabei mit Uli Hoeneß paktierten, dafür muss ich Ihnen heute noch einen scharfen Verweis erteilen. Verkaufte dieser Wicht doch tatsächlich bei McDonald’s »Nürnburger«. Sie lesen richtig: Nürnburger. Ein Nürnburger ist ein Ciabattabrötchen mit Nürnberger Würstchen und bestrichen mit irgendeinem Senfschleim, der fatal an Auswurf erinnert. Ciabatta! An sich schon eine Blasphemie. Ein Nürnberger Würst chen kommt nicht ins Ciabatta, sondern ins Weckla. Und zwar seit Jahrtausenden. Für mich als Franken hört da der Spaß auf. Unfassbar! Ein Schwabe wie Uli Hoeneß erdreistet sich, mit seinen fettigen Wurstfingern nach dem fränkischen Regionalheiligtum zu grabschen, selbiges in ein lasches Industriebrötchen zu quetschen und dann bei einer amerikanischen Fast-Food-Kette zu verscheuern. Nürnburger bei McDoof. Was kommt als Nächstes? Silvaner im Pappbecher? Wenn Ihr Schwaben eine Kochkultur besudeln wollt, macht das bitte mit Eurer eigenen. Dann macht »Ländlegaudi« mit Linsen-Spätzleburger und McSchupfnudeln-Sticks. Ich sage es, wie es ist: Menschen wie Uli Hoeneß sind die Sargnägel der deutschen Esskultur. Und das geschieht alles vor Ihren Augen, Herr Schuhbeck. Doch statt diesem Frechling den Kopf in die Fritteuse zu stecken, grinsen Sie nur dämlich in die nächste Kamera!
Darum sage ich: Kehre um, Alfons, und tue Buße. Gehe in die Wüste, nähre dich von Heuschrecken und wildem Honig. Wir rufen dich, wenn die deutsche Gastronomie dich wieder braucht. Das kann aber noch dauern.
8 IHR KINDERLEIN, KOMMET ...
Quietschbunte, schrille, knisternde Packungen, bedruckt mit Tierchen, Früchtchen, Männchen und Monsterchen, wohin das Auge blickt: Die Süßwarenabteilung. Unsere Augen beginnen zu leuchten.
»Da lacht mich meine Kindheit an: Saure Pommes. Süße Mäuse. Cola-Fläschchen. Happy Cherries … das gab es schon vor 30 Jahren!«
»Schwimmbad-Futter. Für 20 Pfennig erhielt man eine randvolle Tüte buntes, süßes Glück!«
»Und das waren auch noch ehrliche Produkte. Hier: Haribo-Erd beeren. Bestehen laut Verpackung aus Zucker, Glucosesirup, Gelatine, Säuerungsmittel, Farbstoff und Aroma! Fertig.«
»Na ja, Philipp … ›Nimm zwei‹ gab es damals auch schon. »Mit wertvollen Vitaminen!« Und allein die ersten drei Zutaten sind: Zucker, Glucosesirup und Glucose-Fruktose-Sirup.«
»Die
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