Essen mit Freunden - Roman
Teil der Wahrheit entsprach, denn als sie mit Marek den Abend planen wollte, war sein einziger Kommentar: »Warum groà besprechen? Ist doch egal. Mach einfach!« Und genau das war nicht, was sie mit Essen mit Freunden beabsichtigte, doch da hatte sie leider schon zugesagt. Vielleicht war das auch der Grund, warum ihr das Kochen dieses Mal nicht leichtfiel. Den Reis mit frischem Koriander und Tomaten in den Farben der mexikanischen Flagge einzufärben hatte ihr Spaà gemacht. Auch mit der Schärfe verschiedener Chilis zu experimentieren hatte ihr gefallen. Mit der Masse an Schweineschmalz, die in den Rezepten angegeben wurde, war sie jedoch ebenso wenig glücklich wie mit ihren ersten selbstgemachten Tor
tillas. Nach Mareks Reaktion auf ihr Menü hatte sie darum beschlossen, zumindest die Fladenbrote in einem lateinamerikanischen Lebensmittelladen vorgebacken zu besorgen.
»Ich vermute, Svenja will sich nur für all die Cantuccini, die sie bei der Berg essen durfte, revanchieren«, beantwortete sie schlieÃlich Sybilles Frage. »Sie meinte nämlich, dass einige Leute dabei wären, die sie sich gut als zukünftige Kunden für mich vorstellen könnte. Also buche ich es unter Akquise ab und lasse es dabei bewenden.«
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»Marek fand zwar, dass wir keine Tischdecke brauchen, aber mit den Blumen sieht das doch schön aus, oder?«
Svenja sah Luise unsicher an. Sie hatte sechs Tische zu einer langen Tafel zusammengeschoben. Blaue Stoffbahnen waren darüber ausgebreitet. Besteck und Geschirr hatte sie bunt zusammengewürfelt, nur Gläser waren einheitlich und reichlich vorhanden. Dies hier war eine Bar und kein Restaurant. In der Mitte standen zwei groÃe SträuÃe aus Tulpen und Narzissen. Feuerrot, leuchtend gelb.
»Ein schöner Kontrast. Frida Kahlo hätte es bei ihren Festen im blauen Haus nicht besser machen können«, sagte Luise und spürte Svenjas Erleichterung. »Wie viel Zeit haben wir noch?«
»Die Ersten sind wahrscheinlich in einer halben Stunde da. Dann gibt's einen Aperitif. Mit dem Essen wollen wir gegen acht beginnen.«
Luise nickte und kalkulierte im Kopf alles noch einmal durch. Das meiste war vorbereitet. Eigentlich brauchte sie die Speisen nur noch zu erhitzen, in die Schüsseln zu füllen, abzuwarten, ob es reichte, und dann könnte sie endlich ver
schwinden. Den ganzen Tag war sie auf den Beinen gewesen, und nun war sie todmüde. Sie hatte das Gefühl, mehrere Zentner Schweineschmalz verarbeitet zu haben, und es kam ihr so vor, als hätte ihr das Abschmecken der Mole, der Schokoladensauce für den Truthahn, mit jedem Löffel mehr den Gaumen verklebt. Sie dachte an Thorben und musste lächeln.
»Ich geh dann mal in die Küche«, sagte sie, warf Svenja einen aufmunternden Blick zu und verschwand. Zwischen dem Topfdeckelscheppern und dem Schüsselgeklapper am Herd hörte sie, wie drauÃen langsam die Gäste eintrudelten. Unverständliche Gesprächsfetzen und Gelächter schlichen sich zwischen Tomaten und Tortillas. Dann hörte sie Marek und Svenja vorm Durchgang zur Küche tuscheln, wobei nur Marek zu verstehen war:
»Wie? Sie haben sich gezofft? Das machen sie doch dauernd ⦠Rebecca hat abgesagt, und er kommt? ⦠Natürlich tut er mir auch leid. Aber du wirst dich bestimmt schön um ihn kümmern ⦠Mein Problem ist nur der freie Platz. Meinst du, dass sie vielleicht ⦠Frag mal.«
Svenja tauchte in der Küche auf, lehnte sich unschlüssig in den Türrahmen. »Kann ich noch was helfen?«
»Nein, alles im Griff. Aber beim Auftragen vielleicht. Kann es losgehen?« Luise sah sie neugierig an.
»Ja, gleich. Aber, sag mal«, sie zögerte. »Du isst doch mit uns, oder?«
»Ich dachte, ihr hättet zwölf Gäste. Und mit euch wären es vierzehn.« Svenja hatte viel erzählt über Marek, wenn sie bei ihr im Büro zum Keksenaschen vorbeigekommen war. Und Luise erinnerte sich gut daran, wie abergläubisch er war. Dreizehn am Tisch wären für ihn sicher kein gutes
Omen, um einen neuen Geschäftspartner zu begrüÃen. »Normalerweise mache ich das nicht, und eigentlich wollte ich auch nach Hause, aber wenn du unbedingt willst, bleibe ich noch.«
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Obwohl ihr drei rohe Möhren jetzt lieber gewesen wären als Schokoladen-Truthahn, aà sich Luise diszipliniert durch ihr Menü.
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