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Essen mit Freunden - Roman

Essen mit Freunden - Roman

Titel: Essen mit Freunden - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Insel Verlag
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heraus waren und ihre Weisheit to go mit ihrem fettreduzierten Cappuccino Caramel aufgesogen hatten. Nur die üblichen Verdächtigen und andere Sentimentale. Luise schlüpfte in ihren schwarzen Tüllrock, suchte aus der hinteren Ecke ihres Kleiderschranks das Shirt mit den Fledermausärmeln und dem U-Boot-Aus
schnitt, toupierte sich die Haare, nahm zu viel Kajal und zog zur Netzstrumpfhose die alten spitzen Stiefeletten mit Schnallen und Nieten an.
    Sie war froh, als ihr Auto ansprang. Die letzten Tage hatte es gemuckt. Heute Abend jedoch konnte sie sicher und beinahe ungesehen in ihrem Outfit durch die Stadt gondeln. Der Kajal, die Nieten. Meine Güte. Sah es nicht doch albern aus? Wie lange hatte sie das nicht getragen? Spätestens aber, als Anne sie im Club begrüßte und nicht nur eine pinkfarbene Neontüllschleife im Haar trug, sondern auch einen Minirock, der très mini war, hatte Luise ihre Scheu überwunden. Und als ihr dann noch Thorben um den Hals fiel, in einer viel zu schmalen, an den Seitennähten geschnürten Lederhose und einem Sakko, das ihm schon vor Jahren zu kurz gewesen war, dachte sie, dass es wie früher war – nur eben etwas enger und zwei Nummern zu klein. Sie drückte Thorben sein Geschenk in die Hand und stürzte sich ins Gewühl. Es war wunderbar. Sie konnte fast alle Lieder mitsingen, kannte jeden Takt und wurde von Strophe zu Strophe, von Beat zu Beat jünger und unverletzlicher. Glücklich lächelte sie über die Tanzfläche, und die Tanzfläche lächelte zurück. Zumindest eine Ecke auf der Tanzfläche, in der ein blonder Hüne zu einem Lied von Depeche Mode begeistert in die Höhe hüpfte, auch wenn er garantiert noch in der Grundschule gewesen war, als dieser Song herauskam. Luise kniff die Augen zusammen, weil sie sich nicht sicher war, ob sie das eben richtig gesehen hatte. Eine Brille würde wohl demnächst fällig werden. Doch, ja, er strahlte sie an. Sie hatte sich nicht geirrt. Und wenn sie noch zwei Lieder auf der Tanzfläche bliebe, hätte er sich endgültig zu ihr vorgearbeitet. Luise tauchte ab und drängelte sich Richtung Theke.
    Â»Nicht übel«, stellte Anne fest, die den kleinen Flirt gemeinsam mit Natascha beobachtet hatte.
    Â»Zu jung«, sagte Luise.
    Â»Wofür?«, fragte Anne und begann lauthals zu lachen. »Oder trauerst du deinem Besteller immer noch nach?«
    Luise wurde ernst. »Er simst. Er mailt. Er entschuldigt sich immer wieder. Er will reden.«
    Â»Raphael? Worüber?«, fragte Natascha.
    Â»Er will es erklären. Und er will wissen, ob er vielleicht trotzdem eine Chance hat.«
    Â»Und? Hat er die etwa?« Natascha sah sie forschend an.
    Â»Na ja, ich habe ihm neulich mal geantwortet.« Luise blickte auf ihre Schuhspitzen.
    Â»Das ist nicht dein Ernst.« Annes Miene nahm besorgte Züge an.
    Â»Er will noch mal von vorn anfangen.«
    Â»Womit?«, fragte Natascha. »Mit den Geschichten?«
    Â»Nein, mit der Wahrheit.«
    Â»Aber wie kannst du wissen, dass es jetzt die Wahrheit ist? Und selbst wenn, wie lange kannst du sicher sein, dass sie wahr bleibt? Wann traut er sich wieder nicht und erzählt das nächste Mal Geschichten? Wann kommt die nächste fantastische Frau? Er hat ein bisschen wenig gewagt dafür, dass er dich angeblich so sehr wollte«, stellte Anne klar.
    Â»Ach Mädels, so ernst?« Sybille schwebte auf sie zu wie die verspätete Königin der Nacht. Sie war die Einzige, an der heute Abend nichts zu klein oder unpassend wirkte. »Ihr redet doch hoffentlich nicht über das Alter und die Zeit?«
    Â»Nein«, sagte Natascha, ȟber Liebe und Mut.«
    Luise verdrehte die Augen.
    Â»Oh, das Thema ist ja momentan sehr en vogue.« Sybille nippte mit roten Lippen an ihrem Campari.
    Â»Stimmt. Da fällt mir ein: Was ist eigentlich mit dir und Markus?«, fragte Anne, während Luise den Kopf schüttelte.
    Â»Markus? Was soll mit uns sein? Wir haben uns getroffen und hatten eine Menge Spaß.«
    Anne zog die Augenbrauen in die Höhe. »Bitte Details!«, sagte sie zu Sybille und warf Luise einen fragenden Blick zu.
    Die zog eine Grimasse, denn sie konnte ja schlecht erklären, dass Details über Markus' Intimleben das Letzte wären, was sie interessierte. Jedenfalls das Letzte, wenn diese Details mit Sybille zusammenhingen.
    Â»Du willst es ganz genau wissen.« Sybille

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