Essen mit Freunden - Roman
eingeladen.«
»Svenja hat davon gewusst?« Luise stockte der Atem.
»Nein, natürlich nicht. Sonst hätte sie Rebecca noch â« Er biss sich auf die Lippen und schwieg.
Luises Gedanken rasten in Ãberschallgeschwindigkeit. Seine Ex. Becky. Rebecca. Luise hatte ein gutes Gedächtnis für Namen. Mareks Getuschel mit Svenja vor der Küchentür. Nummer vierzehn auf seiner Gästeliste. »Rebecca ist die, die beim mexikanischen Essen nicht aufgetaucht ist, oder?«
Er nickte.
»Also warst du da noch mit ihr zusammen?«
»Nein. Ja. Es war ein ewiges Hin und Her.«
»Als ich das erste Mal hier gekocht habe, war es also nichts Festes mehr?«
»Nein, war es nicht.«
»War ihr das da auch schon klar?«
»Luise, bitte!«
Der fehlende Spiegel. Die Urlaubsfotos. Die Leere im Bad.
»Oder war es für sie erst dann nichts Festes mehr, als sie hier ausgezogen ist? In der Woche vor dem Marsalahuhn.«
»Unsere Beziehung war schon länger zu Ende. Und als ich dich getroffen habe, wusste ich, was ich wirklich will.«
»Und trotzdem war es dir wichtig, dass sie von Svenja nichts erfährt.«
Zwei der Teelichter glimmten und verlöschten. Raphaels Züge waren nur noch zu ahnen, und Luise war froh, dass sie ihm nicht in die Augen sehen musste. Dass sie sich selbst in der Dunkelheit verstecken konnte. Wie sehr hatte sie sich die ganze Zeit gewünscht, hier zu sitzen, mit ihm, auf seinem Balkon, in dieser Nacht.
»Ich werde jetzt besser verschwinden«, sagte sie und erhob sich.
»Bitte â geh nicht!«
Sie schüttelte den Kopf.
»Warte, dann helfe ich dir zumindest mit dem Grill.«
»Nein, damit komme ich schon alleine klar.« Und auf dem Weg durch das viel zu helle Treppenhaus erinnerte sie sich, dass sie diesen Satz vor ein paar Tagen schon einmal gesagt hatte.
Im Auto entdeckte sie eine SMS auf ihrem Handy. Anne, die um Rückruf bat, auch mitten in der Nacht, und anbot vorbeizukommen, egal wie spät es wäre. Was Luise nach einer kurzen Ãberlegung annahm. Sie traute es sich zu, allein mit einem Grill klarzukommen, aber nicht mit dem Rest des Abends. Und so endete diese Nacht wie schon viele zuvor. Sie saÃen auf Luises Sofa, neben sich Chips und Erdnussflips
in glitzernden Tüten mit einer langen Reihe von Inhaltsstoffen, die Namen mit einem groÃen E und einer Nummer dahinter trugen, Getränke, die blubberten und perlten und am nächsten Morgen mit hochprozentiger Sicherheit für eine neue Ordnung im Kopf sorgen würden.
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Die Tage danach flossen dahin â träge und zäh. Es war das erste Mal, seit es Essen mit Freunden gab, dass es sie anstrengte, zu kochen. Die Menüs gelangen zwar, und ihre Kunden waren zufrieden, aber Luise war müde. Sie sehnte sich nach einer kleinen Auszeit. Und als sich dann durch zwei Absagen überraschend eine Lücke in ihrem Kalender bot, tat sie das, was sie seit mehr als einem halben Jahr nicht gemacht hatte.
»Was für eine Frage, Luise. Natürlich kannst du für ein paar Tage kommen. Immer. Es ist dein Zuhause.« Ihre Mutter lachte.
Und so packte Luise nach einem Geburtstagskaffee, den sie für eine alte Dame ausrichten musste, spontan ein paar Dinge in ihre kleine Reisetasche und machte sich auf den Weg.
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Sie zog die Schuhe aus und ging barfuà durch den Garten. Ein paar kleine Kürbisse versteckten sich bereits unter groÃen Blättern, die Paprikapflanzen hingen voll, der Estragon hatte den Winter überlebt und sich ums Doppelte ausgebreitet. Sie blickte zu den Bäumen. Es würde ein Apfeljahr werden. Beim Plausch mit Frau Petzold, der Nachbarin, kraulte sie deren Bassett durch den Zaun, dann kehrte sie zurück zur Terrasse, wo ihre Mutter bereits den Tisch gedeckt hatte. Luise war seit ihrer zufälligen Begegnung im Kulturhaus
drei- oder viermal hier gewesen. Nicht für eine Ãbernachtung, sondern nur für zwei Tassen Kaffee, für einen halben Tag. Nachdem sie an ihrem Geburtstagsabend zu dritt noch eine Weile am Küchentisch gesessen hatten, war Luise sogar einmal bei Paul gewesen. Er hatte sie auf die Idee mit den essbaren Blüten gebracht. SchlieÃlich hieÃe sie ja Luise Blum, was könnte da besser passen? Und weil sie so begeistert davon war, hatte er ihr angeboten, in einem Teil seines Gartens, der seit ein paar Sommern brachlag, für Essen mit Freunden Beete mit
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