Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)
sich
zusammen.
„Was stört dich daran? Es geschah nur in seinem Kopf.
Kein gefährlicher Ort für die Kleine.“
„Es war abstoßend.“
„Er ist alt, Daniel, er sieht seinem Tod entgegen. Und
denken darf er, was er will, n’est pas?“
„Baptiste. Er stellte sich vor,…“ Daniel nahm einen
Schluck von dem Melissensud. „ Auf ihren Knien! Blutig.“
„Mon dieu. C´est vrai, das ist widerlich. Hat sie
etwas bemerkt?“
„Nein. Ich werde ihm trotzdem einen Besuch zu diesem
Vorfall abstatten.“
„Ist das nicht etwas übertrieben?“ Baptistes dunkle
Augen fixierten ihn. „Devons Tochter ist nicht einmal deine Gefährtin, also was
kümmert es dich?“
Der neugierige Blick des Voodoopriesters war
unangenehm. Er brachte Daniel wieder auf die Palme.
„Die Melisse wirkt nicht!“ Er stellte den Becher auf
dem Boden ab.
„Im Gegensatz zu einer Schlägerei, non? Nicht für
Seelen wie dich, mon cher. Was könnte dir wirklich helfen?“
„Gar nichts. Nichts kann meinen Fehler korrigieren,
Baptiste. Ich habe einen Mord begangen und nichts damit erreicht.“
Unter seiner dunklen Gesichtsfarbe wurde der Priester
blass.
„Merde. Der Anschlag. Also warst du das, en Paris? Wie
kam es dazu?“
„Ich nahm an, der Mord würde als ultimativer Beweis
meiner Loyalität anerkannt. Ich musste das Vertrauen eines anonymen
Gegenspielers gewinnen und seine Pläne sabotieren. Ich ging außerdem davon aus,
Nika auf diese Weise Zeit verschaffen zu können, bis das neue Amulett fertig
ist und sie darunter versteckt werden kann. Vorübergehend hätte sie problemlos
als ihre vollkommen unbeteiligte und deshalb uninteressante Mitbewohnerin
durchgehen können. Es ging nur um ein paar Tage.“ Als ihm klar wurde, dass er
sich rechtfertigte, seufzte Daniel genervt. „Du weißt, wie es ist, Brücken
abzubrechen. Und sie war glücklich in Paris, viel glücklicher als sonst... Das
andere Mädchen war ohnehin dem Tode geweiht. Leider brauchte Flint sehr lange um
die Spange anzufertigen. Überdies holte Julian Nika umgehend nach Hause, was
selbstverständlich nicht unbemerkt blieb. Das alles war nicht Teil des Planes.“
Baptiste schüttelte langsam den Kopf. Er nahm einen
Schluck aus seinem Becher.
„Was wirst du noch alles tun, bis deine Schuld Devon
gegenüber beglichen ist?“
„Meine Schuld gilt nicht Julian, sondern Clare.“
Daniel schloss die Augen. „Ich wollte Nika beschützen. Und das will ich noch.“
Baptiste griff nach dem Schmuckkästchen und nahm die
Spange heraus.
„Zut alors, Daniel! Deine Schuldigkeit ist hiermit
offiziell beendet. Ein für allemal.“
„Ja. Sobald Nika im Besitz des funktionierenden
Amuletts ist, ziehe ich mich zurück.“
„Ich hoffe es für dich, mon cher.“
Baptiste drehte die Spange hin und her. Nachdenklich
betrachtete er die Steine und die tatsächlich hervorragende Arbeit des
lüsternen Alten.
„Wieso gehst du nicht noch einmal zu diesem Mönch nach
Lhasa?“, fragte er plötzlich. „Oder zu irgendeinem anderen, der heute dort
lebt. Er soll dich wieder in die Balance bringen, so wie damals, nach dem
Monster.“
Das Monster. Meejael. An sie hatte Daniel lange nicht
gedacht.
Elf
Samstag, 05. Januar 2013
Nika öffnete die Augen und dachte eine Weile nach. Es
war immer das Gleiche: sie vergaß irgendetwas, aber sie erinnerte sich daran,
dass es vergessen war. So ein Mist.
Was stimmte nicht mit ihr? Nicht einmal eine
Leukotomie könnte so exakt aus ihrem Kopf entfernen, was ihrem Bewusstsein ganz
problemlos gelang: das Wesentliche. Nika war einfach zu unkonzentriert.
Der Streit am Vorabend hatte sie aus dem Konzept
gebracht; nach einem netten Nachmittag in London hatte Gefängniswärter Dad sie
mit unerfreulichen Eröffnungen zu Hause erwartet. Er hatte ihr verboten, an
Sophies Beerdigung teilzunehmen. Aber was Nika endgültig umgehauen hatte, war
der unmissverständliche Befehl, niemals wieder in ihr altes Leben
zurückzukehren. Paris war für alle Zeiten tabu. Sogar dann, wenn ein neues
Amulett zur Verfügung stand.
Nika war in ihren goldenen Käfig gestapft und hatte
geschmollt. Und irgendetwas vergessen.
Sie raufte sich die kurzen Haare. Also, was war es?
Hatte sie irgendetwas angefangen und nicht zu Ende gebracht? Gut, sie hatte
ihren Knöchel nicht weiter mit Elfenzaubersalbe eingerieben, aber dem ging es
auch längst wieder hervorragend. Was noch?
Nika seufzte und schlug die Decke zurück.
Am liebsten hätte Nika sich Julians
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