Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)
Wagen seiner Mutter in der Tiefgarage und revidierte sein
Vorhaben, die Familie zu besuchen. Für belangloses Geplänkel sah er sich
außerstande, seine Mom würde allzu schnell erkennen, wie gereizt Daniel war.
Seine Laune würde zwangsläufig auch Madeleines Neugier wecken und sie dazu
antreiben, ihn so lange mit Fragen zu foltern, bis jeder im Haus sehr viel mehr
wusste als angebracht war.
Von wegen Erkältung.
Flints abgebrühte Dreistigkeit ließ alles in Daniel
aufjaulen, als wäre er ein tollwütiger Hund. Für eine Weile blieb er einfach im
Wagen sitzen und wartete darauf, dass die im Überfluss freigesetzten
biochemischen Botenstoffe zumindest teilweise abtransportiert wurden. Dann
löste er den Sicherheitsgurt und teleportierte nach Haiti, während er den
Zündschlüssel einfach stecken ließ.
Ohne jede Vorsichtsmaßnahme, ohne seine Anwesenheit zu
tarnen oder auch nur die Gegend auf ungewollte Augenzeugen seiner Ankunft hin
zu überprüfen, materialisierte er seinen Körper direkt vor Baptistes Hütte und
hämmerte gegen die Tür. Die Luft war noch nicht aufgewärmt, hier brach der
Morgen erst an. Zweifelsohne bedeutete dieser Umstand, dass Baptiste tief und
fest schlief.
„Daniel.“
Was auch immer Baptiste gerade getan hatte, man sah es
dem Voodoopriester nicht an.
Widerwillig zog Daniel die Schmuckschatulle hervor und
hielt sie von sich weg, wie ein Normalsterblicher es mit einem hochgradig
infektiösen Erreger getan hätte. Leider verspürte der Voodoopriester keine
Dringlichkeit, ihm den Arbeitsauftrag abzunehmen. Er ließ Daniel eintreten und
verschloss erst sorgfältig die Tür, bevor er endlich nach der Schatulle griff
und hineinsah. Lange.
Bis Daniel ebenfalls einen Blick hineinwarf.
Das hatte er ganz hübsch gemacht, der sadistische,
blöde Arsch. Gut. Lang genug hatte es schließlich gedauert.
„Sacre bleu, ein sicheres Händchen, das der alte Flint
noch hat.“ Baptiste sah lächerlich ehrfürchtig aus.
„Der alte Flint kann von Glück reden, dass sein
sicheres Händchen noch mit dem Rest seines Körpers verbunden ist.“
„Wieso das?“
Daniel ignorierte Baptistes neugierigen Blick und der
Priester war klug genug, nicht nachzuforschen. Er wechselte das Thema.
„Neun lupenreine, schmerzgetränkte, rosa Diamanten.
Drei davon so groß wie Kaffeebohnen. Ist das nicht ein bisschen viel für ein
einzelnes Amulett, mon ami? Zwei oder drei davon würden ausreichen, um einen
Hurrikan von der Kleinen abprallen zu lassen. Und ich nehme an, das Amulett ist
für die Kleine.“
Daniel starrte ihn an.
„Dann werden also neun Voodoosteine machtvoll genug
sein, um Nika vor Krafteinwirkungen in der Größenordnung einer Supernova zu
schützen?“
Mit hochgezogenen Augenbauen starrte Baptiste zurück.
„Ohne Zweifel, mon ami. Ohne jeden Zweifel.“
„Gut. Sie muss leben.“
Eine Weile musterte der Voodoopriester ihn schweigend.
Daniel jedoch, dachte gar nicht daran, ihm seine Beweggründe zu erläutern. Nach
wie vor verspürte er nicht die geringste Lust, über den Mord in Paris zu
sprechen, geschweige denn über die Sinnlosigkeit der Opferung eines
Menschenlebens, seit sein Täuschungsversuch gescheitert war.
„Dis donc, mon cher… kein Amulett der Welt kann
verhindern, dass die Kleine eines Tages erkrankt. Oder gar alt wird.“
„Das weiß ich.“ Daniel sah sich um.
Nichts änderte sich je in dieser schummrigen Höhle.
Überall brennende Kerzenstumpen, Gebetsketten, kleine Statuetten. Die Hütte war
ein einziger, staubiger Schrein.
Daniel ließ sich auf Baptistes zerwühltem Bett nieder.
„Stimmt genau.“ Das Lächeln des Priesters wurde zu
einem breiten Grinsen. „Sie ist gerade erst gegangen. Es wird eine Weile
dauern, bis sie zurückkommt um deine Steine zu weihen.“
„Unmöglich, Baptiste. Sie muss es sofort tun.“
„Glaubst du etwa, ich kann sie zwingen?“ Baptiste lachte
fröhlich, so als wäre diese ganze Angelegenheit nur ein Spaß. Er warf das
Kästchen mit der Spange zu Daniel zurück, so dass er gezwungen war, es
aufzufangen. „Mon dieu, Lucille ist noch jung und ungestüm. Gerade erst hat sie
Clare Devons Ring abgelehnt, weil er bereits eine Funktion besitzt. Stell dir
mal vor, wie aufgebracht sie war. Noch dazu willst du, dass sie neun Steine auf
einmal weiht. Nicht einen oder zwei. Nein, es sind gleich neun. Sie wird Pausen
brauchen, alors, ich werde…“
Daniel fuhr hoch.
„Bitte verschon mich, Baptiste!“
Der Priester verstummte. Er
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