Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)
Amulett zu Daniel aufsah. Er schlug die Augen
nieder, und trotzdem spürte Nika den Winter nicht mehr. Ihre Knie wurden zu
Knetmasse.
Ob die Spange auch funktionierte, wenn Nika sie nur in
der Hand hielt? Sie konnte es nur hoffen, weil ihre überkochenden Gefühle
andernfalls vielleicht wie Hammerschläge auf ihn einkrachten.
„Ich weiß, es ist nicht das Amulett deiner Mom.“ Seine
Stimme war so weich. So weich . Wie ein federleichter Kuss auf ihrer
Haut. Er nahm den Blickkontakt wieder auf und Nika wandte sich schnell der
Spange zu. Sie zählte die Edelsteine, nur, um irgendetwas zu tun.
„Tess sagte, du hast das Amulett besorgt.“
„Ja. Aber die ursprüngliche Fassung war ein Collier.
Flint brauchte eine Weile, um die Steine in eine alltagstaugliche Form zu
bringen.“ Er sah nicht sehr zufrieden aus, während er sprach.
„Ist doch egal“, sagte sie deshalb schnell, „jetzt
habe ich es ja, und es ist Wahnsinn. Vielen Dank.“
Der kostbare Schmuck hätte ihr gefallen, selbst wenn
er keinen Schutzzauber besessen hätte. Selbst, wenn Daniel ihn aus einem
Kaugummi-Automaten in Fukushima gezogen hätte. Er war es gewesen, der die
Steine aufgetrieben hatte. Zu ihrem Schutz.
Das war alles, was zählte.
„Darf ich?“ Erst als sie nickte nahm er die Spange und
steckte sie in ihrem Haar fest.
„Danke.“
„Ich werde Baptiste und Lucille ausrichten, dass du
zufrieden bist.“ Sein Blick war wie mit Nägeln in sie geschlagen. Nika konnte
kaum einen klaren Gedanken fassen.
„Julian nennt sie Voodoo-Hexe. Aber das, wozu sie
fähig ist, was sie für eine Kraft besitzt… müsste es nicht heißen,
Voodoo-Göttin?“
Nein. So verständnislos, wie Daniel sie anstarrte,
musste es das nicht. Er schüttelte den Kopf.
„Sie gehört nicht dazu.“
„Sie gehört nicht wozu?“
„Zu den Engeln.“
Nika runzelte die Stirn. Sprachen sie noch über das
gleiche Thema? Daniel blickte durch das Tor in Richtung Haus und bot ihr die
Hand.
„Komm. Ich bringe dich zurück.“
Dreizehn
Nur widerstrebend ließ Daniel ihre Hand los, nachdem
er Nika in den ehemaligen Tanzsaal des Schlosses teleportiert hatte, den Julian
der Einfachheit halber Wohnzimmer nannte.
Für Daniel gab es hier nichts mehr zu tun, denn von
hier an würde das Amulett Nika beschützen.
„Gott ist keine einzelne Person, Nika, und kein
übergeordnetes Wesen. Sie alle zusammen sind es. Als Kollektiv derer, die wir
Engel nennen.“
„Kollektiv?“ Sie setzte sich auf eine Couch. „Wie
meinst du das?“
„Nika, was weißt du über deine Mutter?“
„Nicht viel. Julian spricht nicht oft über sie. Also
gibt es in Wirklichkeit keinen Gott?“
„Doch, natürlich. Die Engel sind Gott. Sie sind die
Schöpfer.“
„DIE Schöpfer. Mehrzahl.“ Nika schüttelte ungläubig
den Kopf. „Dann seid ihr also die nächste Stufe der menschlichen Evolution, hab
ich Recht? Durch das Einschreiten meiner Mom vorangetrieben seid ihr göttlicher
geworden.“
Göttlicher? Das einzig Gute an dem Engelsblut waren
die Selbstheilungskräfte. Falls man sie wollte.
„Es wird Mittel und Wege geben, dich umzuwandeln.“
Was machte es schon, wenn die gemeinhin angewandte
einfache Infektion bei ihr nicht anschlug? Und umso besser, wenn die
Ila-Methode keinen Erfolg versprach. Daniel würde einen Weg finden. Einen, der
das gewünschte Resultat garantierte. Der weniger zeitintensiv war als Ilas
Methode, weniger invasiv und vor allem risikofrei.
„Vielleicht gibt es einen Grund, weshalb ich diese
Antikörper geerbt habe. Vielleicht ist das die Quittung dafür, dass Mom die…die
Gemeinschaft… verlassen hat. Ein Denkzettel für ihre Treulosigkeit.“
„Nein. Vermutlich haben sie nur einfach nicht
sorgfältig nachgedacht und so die Konsequenzen übersehen. Weshalb sollten sie
fehlerfrei sein? Eine andere Möglichkeit wäre, dass es ganz einfach nicht
wichtig ist, ob du wandlungsfähig bist oder nicht.“
Nika zuckte zusammen. Er auch.
„Nicht, weil du unwichtig bist, denn das bist du
nicht. Nik! Was ich zu sagen versuche ist, sie könnten planen, dich
aufzunehmen. In die Gemeinschaft.“
„Was? Um so zu werden wie sie? Herzlos und
rachsüchtig? Nein, danke! Als Mom beschloss, menschlich zu werden, hat dieser
Göttergemeinschaft sie tagelang aus allen Poren bluten lassen, bis sie mehr tot
als lebendig, aber immerhin endlich sterblich war.“
„Du hast Recht, das Ritual hat Clare geschwächt. Aber
das war der Zweck. Deine Mom wusste in jedem Augenblick,
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