Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)
hereingekracht war. Sie trug ein
Cocktailkleid. Ihre blonden Locken waren zerzaust und die rotbraunen Flecken
auf dem Kleid… war das Blut?
Wessen Blut?
An ihrem Hals hing ein riesiger Stein, so blau wie
ihre Augen. Das musste ein Amulett sein.
Ihr Begleiter schleppte einen Müllsack hinter sich
her, aus dem etwas heraushing. Alte Kleider oder so, und was, Perücken? Oder
war das ein menschlicher Körper? Jonah sah genauer hin und entdeckte eine
dunkle, kleine Hand in dem Wust aus Stoff.
Ein Kind also. Oder eine sehr kleine Frau.
Jonah zwang sich, wegzusehen. Um ihn herum standen
Gerätschaften, die ihm bekannt vorkamen. Ein Op-Tisch. Ein halbhoher Rollwagen.
Beides blitzsauber und aus Edelstahl, so wie im Labor seiner Schwester Beth.
Auf dem Wagen lag chirurgisches Besteck. Schöne Scheiße.
Rebecca machte natürlich keine Anstalten, ihnen zu
helfen, und das überraschte Jonah kein bisschen. Madeleine dagegen überraschte
das sehr.
Rebeccas Partner schob den Müllsack mit dem kleinen
Körper einfach in eine Ecke und ließ ihn dort liegen. Dann schwang sich auf den
Tisch und ließ die Beine wie auf einer Schaukel baumeln, dabei kratzte er durch
seine vollgegelten Haare und winkte Jonah fröhlich zu. Seinem Grinsen nach zu
urteilen musste er ein totaler Vollpfosten sein.
Madeleine war so geflasht, dass sie gar nichts mitbekam.
Zum Glück. Sonst hätte sie bestimmt wieder losgeweint. Aber sie blieb ruhig.
„Wollen Sie uns auf diese Weise einschüchtern?“,
fragte er, den winkenden Affenmenschen ignorierend.
Das weckte Madeleine leider aus ihrem Koma, sie warf
ihm einen warnenden Blick zu. Rebecca fixierte ihn eine Weile, bevor sie
endlich den Mund aufbekam.
„Jetzt bist du wahrhaftig jailed, mein lieber Jay.“
Jonah schluckte.
Hatte man etwa seine Chats gehackt?
„Ich bin es, Dummkopf. Ich bin lonelyangel.“
Rebecca Lance? War… lonelyangel?
Ach so.
Wenn Tess von ihr sprach, dann sagte sie „Becky“.
„Schlampe.“
Rebecca fuhr ungerührt fort.
„Eigentlich wollten wir euch erst töten und dann in
Stücke schneiden, damit ihr besser in die Postpakete hineinpasst, die wir für
euch vorbereitet haben. Aber wir können den barmherzigen Teil auch
überspringen, mein vorlauter Schatz, und gleich mit dem Zerstückeln beginnen.“
Jonah zog die Augenbrauen hoch und entschied, dass es
besser war, sich vorerst geschlossen zu halten.
„Können wir nicht verhandeln?“, fragte Madeleine.
Typisch. Sie konnte einfach nicht glauben, dass ausgerechnet diese Frau die
Reinkarnation des Bösen war. Madeleine hatte zu oft gesehen, dass Geld Probleme
lösen konnte.
Er selbst aber hatte schon geschnallt, dass es nichts
mehr zu verhandeln gab. Die Tatsache, dass die Engelsblüterin ihre Identität
nicht verschleierte, sagte doch wohl alles.
Rebecca Lance legte den Kopf schief und musterte
Madeleine.
Unfassbar, dass sie so etwa hunderttausend Jahre älter
war als er. Bei seinen Geschwistern hatte er sich daran gewöhnt, dass sie alle
mit Methusalem Murmeln gespielt hatten, aber bei Fremden musste er sich das krampfhaft
vor Augen halten, um es nicht zu vergessen.
Für eine Mörderin sah sie ziemlich jung aus.
„Mit wem von euch beiden soll ich anfangen?“, fragte
die Verrückte und richtete sich damit wohl mehr an ihren Freund als an ihn.
„Mit kess odermit einfältig ?“
Daniel materialisierte seinen Körper nahe bei
Meejaels. Natürlich hätte sie seine Anwesenheit auch drei Meilen weiter noch bemerkt,
aber für ein vorsichtiges Annähern blieb jetzt keine Zeit.
Sie hob den Kopf.
„Daniel. Nach all der Zeit.“
Ihre Zähne blitzten auf, aber Daniel wusste, dass sie
das nicht absichtlich tat. Noch nicht.
„Meejael. Rette das Engelskind vor dem Tod. Sie ist
eine von euch.“
Das Monster lachte.
„Becky, bitte tu das nicht“, wisperte Madeleine, als
die Engelsblüterin mit einer Art wild gezacktem Jagdmesser an ihren Bruder
herantrat. Es erhob sich aus ihrer Hand und schwebte durch die Luft. Unter der
Decke begann es, weite Kreise zu ziehen. Ein Damoklesschwert war nichts
dagegen.
„Gibt es denn einen Grund, wieso ihr beiden leben
solltet?“, fragte Becky und tat übertrieben interessiert.
„Gibt es denn einen, der dagegen spricht?“, erwiderte
Madeleine.
Sie wusste nicht viel über diese Frau. Madeleine sie
nie irgendwo getroffen und Teresa sprach auch nicht von ihr. Lag das
möglicherweise daran, dass diese Frau den Verstand verloren hatte?
„Mein Verstand
Weitere Kostenlose Bücher