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Esswood House

Esswood House

Titel: Esswood House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Straub
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kopfsteingepflasterten Platzes ab - an Markttagen war jede Parzelle für einen anderen Budenbesitzer reserviert. Die kleinen Wimpel erinnerten ihn an die Verkaufsflächen der Gebrauchtwagenhändler im mittleren Westen. Konnte es sein, daß er schon Heimweh nach den Automobilhändlern der Blackfoot Avenue verspürte, der Hauptstraße Zeniths, wo grellbunte Schilder hysterisch TAG FÜR TAG GÜNSTIGE GELEGENHEITEN verkündeten? Durch die Reihen der Wimpel sah Standish beruhigende Zeichen der Zivilisation, die abgerundete Vorderfront der Apotheke Boots, die imperiale Steinfassade einer Lloyds-Bank, das Schaufenster einer W. H. Smith-Buchhandlung. An der Ecke gegenüber von Standish und seinem kleinen, mit Gepäck vollgestopften Escort stand ein großes Fachwerkhaus mit Erkerfenstern, einem kleinen blauen Schild mit den Worten SEID GUTEN MUTES unter einem goldenen Hahn und einem größeren Schild mit zwei gekreuzten antiken Duellpistolen und der Aufschrift THE DUELLISTS. Die Fensterscheiben funkelten, die blaue Farbe mit den weißen Verzierungen glänzte. Standish hatte plötzlich eine Vision von Schweinebraten auf einer Anrichteplatte, dicken Scheiben krümeligen Käses, von schaumgekrönten Bierkrügen, einem dicken, lächelnden Mann mit Barett, der kaum durchgebratenes Roastbeef in Scheiben schnitt und eine sämige braune Soße auf den gebackenen Eierteig eines Yorkshire-Puddings goß.
    In weiteren drei oder vier Stunden konnte er es bis Beaswick und Esswood schaffen. Hab unterwegs Mittagspause in einem Pub gemacht, würde er sagen. Hübsches kleines Wirtshaus in Huckstall namens The Duellists. Kennen Sie es? Ich kann es nur wärmstens empfehlen - sollte in jedem Reiseführer stehen.
    Standish parkte das Auto am Rand des Platzes und ging in der kühlen, grauen Luft zu dem glänzenden Pub. Sein Magen knurrte. Ihm fiel ein, daß er mit einem fremden Auto Hunderte unbekannte Meilen zurückgelegt hatte, daß er Träger eines angesehenen britischen literarischen Stipendiums war und gleich zum ersten Mal ein britisches Interieur betreten würde. Er hüpfte die Stufen förmlich hinauf und öffnete die Tür.
    Sein erster Eindruck war die Größe des Pubs, sein zweiter, daß es nachmittags geschlossen haben mußte. Das Innere von The Duellists war in mehrere große Räume mit runden Tischen und gepolsterten Nischen unterteilt. Ein rotkarierter Teppich lag auf dem Boden, die Wände bestanden aus Fachwerk. In dem dunstigen Licht, das vom Fenster hinter seinem Rücken in den Raum fiel, sah Standish nur einen Menschen, einen untersetzten, schwarzhaarigen Mann, der hinter einer Theke, die auf der anderen Seite der Tischreihen lag, Gläser spülte. Es roch nach Zigarettenrauch. Der Schankwirt schaute zu Standish auf, der dicht an der Tür verweilte, und fuhr dann fort, große, krugähnliche Pint-Gläser aus heißem Wasser zu ziehen und sie in langen Reihen auf dem Tresen aufzustellen.
    Standish fragte sich, ob er ein Sandwich bekommen könnte, auch wenn das Pub schließen mußte. Er ging zur Theke. Auf den Tischplatten schimmerte feucht Bier, die meisten Aschenbecher waren voll. Neben den Aschenbechern lagen zusammengeknüllte Silk Cut- und Rothmans-Schachteln.
    »Ja«, sagte der Schankwirt, schaute stechend auf und rammte die Hände dann wieder ins Wasser.
    »Ist offen?«
    »Die Tür ist nicht zu, oder?«
    »Nein, ich dachte, daß vielleicht die Schankgesetze -«
    »Wurden endlich geändert, nicht? War auch höchste Zeit.«
    »Ich habe mich gefragt -«
    Der Mann fixierte Standish mit einem ungeduldigen Blick, trocknete sich die Hände an einem Handtuch ab und lehnte sich an den Tresen.
    »Sie haben also nicht geschlossen«, sagte Standish.
    Der Mann schüttelte den Kopf. Er hielt beide Hände mit den Handflächen nach oben in die Höhe und bewegte sie nach außen, eine Geste, die sagen sollte: Sehen Sie selbst.
    »Wenn Sie also bestellen möchten, Sir ...«
    »Also ich dachte, ich könnte etwas zu essen und ein Bier bekommen.«
    »Die Speisekarte ist hinter der Theke.« Er neigte den Kopf zu einer Schiefertafel, wo Steak und Nierenpastete, Schafhirtenpastete, Bauernfrühstück, Schinkensandwich, Käsesandwich, Ei schottische Art, Schweinepastete, gebackene Garnelen und gebackene Jakobusmuscheln aufgeführt wurden.
    Standish war wieder rundweg bezaubert. Dieser Liste sah er an, wie weit er von Zenith entfernt war. Er vermutete, daß die Speisen nach englischen Maßstäben bescheiden sein mochten, aber er wollte jede Mahlzeit auf der

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