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Esswood House

Esswood House

Titel: Esswood House Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Straub
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Speisekarte kosten. Hier hatte er das einfache, nahrhafte Essen des Volkes, der Schafhirten und Bauern.
    »Hört sich alles so gut an«, sagte er.
    »Ach ja?« Der Schankwirt runzelte die Stirn und drehte sich selbst zu der Speisekarte um. »Dann sollten Sie mal was davon bestellen, oder?«
    »Das Bauernfrühstück, bitte«, sagte Standish und stellte sich ein herzhaftes Fleisch vor, vielleicht Lamm, oder eine große, dampfende Schüssel mit Kartoffeln und Porree und Würstchen in einer kräftigen Brühe vor. »Das ist doch gut, oder?«
    »Gut genug«, sagte der Schankwirt. »Chutney oder Pickles?«
    »Von beidem etwas.«
    Der Mann wandte sich ab und verschwand durch eine Tür am anderen Ende des Tresens. Nach einem Augenblick ging Standish auf, daß er in die Küche gegangen sein mußte, um die Bestellung aufzugeben. Der Schankwirt kehrte so unvermittelt zurück, wie er gegangen war - sein Gesicht hatte eine seltsam steinerne, konzentrierte Miene angenommen, die fast den Eindruck erweckte, als müßte er eine unangenehme Pflicht erfüllen. Standish dachte, daß er vermutlich weiter seine Gläser spülen wollte. »Und, Sir?« fragte er.
    »Und was?«
    »Und was möchten Sie von der Theke? Ein Pint Bitter? Halbes Pint?«
    »Was für eine wunderbare Idee!« rief Standish wohl wissend, daß er sich wie ein Idiot anhörte, aber außerstande, sich zu beherrschen. Ein Pint Bitter . Plötzlich wurde ihm bewußt, wie klein England war, wie gemütlich , ein sicherer und behaglicher Inselstaat.
    Der Schankwirt sah ihn immer noch mit diesem steinernen, erwartungsvollen Ausdruck an.
    »Oh, ein Pint, würde ich sagen«, antwortete Standish.
    »Ein Pint wovon, Sir?« Er zeigte auf altmodische Zapfhähne mit Keramikgriffen. »Das übliche?«
    »Nein, he, heute ist mein erster Tag hier«, sagte Standish. »Welches ist das beste? Ich bin erst vor ein paar Stunden mit dem Flugzeug aus den Staaten angekommen.«
    Der Mann nickte, nahm eines der Pintgläser, die er gerade zum Trocknen aufgestellt hatte, hielt es unter einen Zapfhahn mit dem Etikett Director’s Bitter und zog den Griff zurück. Trübe braune Flüssigkeit ergoß sich in das Glas. Der Mann drückte und zog die Pumpe, bis das Glas ganz gefüllt war. Sein Gesicht wirkte immer noch straff gespannt, starr, als wäre eine Zellschicht tief im Inneren abgestorben.
    »Hier drüben trinken die Leute immer noch warmes Bier, ist das richtig?«
    »Wir kochen es nicht«, sagte der Schankwirt. Er knallte das Glas vor Standish auf den Tresen. »Lassen Sie es sich setzen, Sir. Wir sehen nicht viele Amis in dieser Gegend.«
    Was in dem Glas herumwirbelte, sah aus wie etwas, das aus einem Sumpf gehoben worden war. Kleine braune sedimentartige, fäkalgleiche Brocken drehten sich immerzu im Kreis herum.
    »Oh, vor mir liegt noch eine weite Strecke. Ich bin unterwegs zu einem Dorf namens Beaswick. Lincolnshire. Ich wurde in ein, wie Sie wohl sagen würden, Herrenhaus namens Esswood eingeladen.« Standish lächelte dem Mann zu, doch der erwiderte das Lächeln nicht.
    »Das ist da, wo dieser Bursche ermordet wurde«, sagte der Schankwirt. »Macht alles in allem drei Pfund vierzig.«
    Standish zog vier Pfund aus seinem Stapel englischen Geldes. »Sie müssen sich irren«, sagte er. »Das ist eine Art von Stiftung. Sie laden jedes Jahr jemanden ein - man muß sagen, daß es eine große Ehre ist.«
    »Komische Art von Ehre.« Der Schankwirt gab Standish das Wechselgeld. »War ein Amerikaner. Genau wie Sie, Sir.« Er wandte sich von Standish ab. »Nehmen Sie an einem der Tische Platz, Sir. Das Essen wird gleich serviert.«
    Standish nahm das schwere Glas mit zu einem Tisch in der zweiten Reihe und setzte sich. Er begutachtete das Bier. Es war jetzt ruhiger. Eine dünne Schaumschicht lag darauf wie Schlacke. Die kleinen, kreisenden braunen Brocken hatten sich entweder in der Brühe aufgelöst oder waren auf den Boden gesunken. Er nippte zaghaft. Über dem eindeutigen, scharfen Brennen von Alkohol schwebte ein durchdringendes Aroma, das mehr Whisky als Bier ähnelte. Die Gesamtwirkung war, als tränke man eine primitive Stammesmedizin. Der zweite Schluck schmeckte etwas besser. Standish verspürte eine gesunde, aufmunternde Distanz zwischen sich und den Standards von Zenith. Er trank einen größeren Schluck und redete sich ein, daß er Gefallen an dem Getränk fand.
    »Das ist stark, es ist Director’s«, ertönte eine Frauenstimme hinter ihm. Standish zuckte überrascht mit der Hand und tränkte

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