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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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Bruder Basehart hat seinen ersten Hirsch schon mit sechs Jahren erlegt.« Paps’ Schnurrbart bebte vor Stolz.
    »Nur ein Rehkitz, sicher, aber er hat es mit bloßen Händen erwürgt, und da habe ich zu all meinen Freunden gesagt: >Das ist ein Kind mit Zukunft!<«

    »Konntest >psychopathischer Killer< wohl nicht aussprechen, wie?«
    fragte Scandal.
    »Eh? Was war das?« Paps verspannte sich wie ein Jagdhund. Sein Blick heftete sich auf Scandal. »Was, im Namen aller Alpträume, bist du denn?«
    »Es macht keinen Spaß, mich zu jagen, und genießbar bin ich auch nicht, was kümmert es dich also?« erwiderte Scandal.
    »Ach so. Na ja, dann.« Paps bedeutete den Dienern, sie sollten ihm einen frischen Kadaver bringen.
    Ich packte seine sinkende Messerhand. »Ich bin nicht hier, um über mich zu sprechen. Wir müssen über die Hexe sprechen, und zwar sofort.«
    Die Zeit begann langsam abzulaufen, als mein Vater sich herumdrehte, um mir ins Auge zu blicken. Jedes seiner drei Kinne bebte. In seinem Gesicht erschienen kleine weiße Flecken. Ich spürte, wie sich seine Armmuskeln unter meinen Fingern anspannten und lösten, bis ich ihn losließ.
    »Sprich«, sagte er.
    Ich versuchte es. Ich konnte nicht. Er zog ein Gesicht wie jemand, dem man ein Geburtstagsgeschenk gemacht hatte, das sich dann als ein Klumpen Matsch herausstellte.
    »Vergeude nicht deinen Atem, o edler Meister Kendar«, sagte Scandal und huschte zwischen Paps und mich. »Es wird mir eine Ehre sein, deinem Vater die Angelegenheit zu erklären.« Er stach mit seinen Schnurrbarthaaren nach Paps. »He, großer Junge, ich habe nicht vor zu brüllen. Beug dich gefälligst vor. Wenn du kannst.«
    Paps war verblüfft. Er beugte sich soweit vor, wie er konnte, um sich anzuhören, was Scandal zu sagen hatte.
    »Jetzt paß gut auf, denn es ist ganz billig, genau wie du: Dein Sohn Kendar ist kein Versager. Es sei denn, du hältst es für keine große Sache, daß er jetzt der führende Magik-Mann im Königreich ist. Was sage ich, im Königreich?
    Quatsch, auf der ganzen Welt.«
    Mein Vater war mißtrauisch. »Stimmt das denn?«
    »Also bitte, Porky, habe ich dich vielleicht jemals angelogen? Ich schwöre dir glatt auf einen Stapel Bibeln, daß der große Zauberer Meister Thengor bei seinem Tod kein Fitzelchen Magik an einen anderen weitergegeben hat.«

    Das stimmte: Meister Thengor hatte niemandem irgend etwas gegeben.
    »Was ist denn eine Bibel?« fragte Paps.
    »Macht keinen Spaß, sie zu jagen, ist nicht genießbar, also …«
    »… was kümmert es mich? Ganz richtig. Fahr fort.«
    »Also, paß auf, worauf ich hinauswill: Dein kleiner Junge kommt schon ganz ordentlich zurecht. Mag sein, daß er sein Abendessen nicht zu Tode dolchen kann wie sein Bruder, aber mit Magik braucht er einen Hirsch nur anzublinzeln, und zwei Sekunden später - kabumm! -
    gibt’s Hirschbraten für alle.«
    Mein Vater wandte sich von dem Kater an mich. »Stimmt es, was die Kreatur da sagt, Junge? Du hast wirklich einen Zauberer aus dir gemacht?«
    »Na ja …« Mir war reichlich unbehaglich zumute. »Der Rat hat mir zwar noch nicht meinen Stab zuerkannt, aber …«
    »Kabumm«, wiederholte Scandal. »Es braucht kein Stück Holz, um einen Zauberer zu machen.«
    »Bei Wedwels Gebiß, das Biest hat recht!« Paps keuchte los und schlug mir auf den Rücken. »Dann haben wir also endlich einen Zauberer in der Familie, wie? Gut, gut. Denn aus der Patsche, in die deine Schwester geraten ist, kann ihr höchstens noch ein Zauberer helfen.«
    »Patsche? Lucy?« Für einen kurzen Augenblick vergaß ich Mutter Krötenhauchs mißliche Lage völlig. »Was ist denn passiert?«
    »Ha! Nichts, was die starke Hand eines liebenden Vaters nicht wieder richten könnte.«
    Das hatte ich befürchtet. »Es ist doch wohl nicht … ? Sie ist doch wohl nicht … ? Diese ganzen schrecklichen Geschichten, die Esplanadia ihr immer über Männer erzählt hat …
    Und dann ist sie doch losgegangen und … ?«
    »Männer?« brüllte Paps, und sein Gesicht nahm die Farbe des überall verspritzten Rotwildbluts an. »Wenn ich auch nur einen Mann wittern sollte, der sich in die Nähe deiner Schwester zu schleichen versucht, dann werde ich … dann werde ich … dann werde ich …!« Er sagte zwar nicht genau, was er dann würde, vollführte dafür aber einige recht ausdrucksstarke Gesten mit seinem Schälmesser.
    »Was hat sie denn dann getan?«

    Mein Vater stieß ein gurgelndes Geräusch aus der Kehle hervor, warf sein

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