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Esther Friesner

Titel: Esther Friesner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Katze läßt das Zaubern nicht
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Lucy zu Mamas Rechten, Basehart dagegen rechts von Paps, doch heute abend saßen sie auf halber Höhe der langen Tafel einander gegenüber, da die Ehrenplätze den Gästen vorbehalten waren. Ich errötete ein wenig, als ich sah, daß der freie Stuhl zu Paps’ Rechten offensichtlich für mich bestimmt war.
    Basehart warf mir einen giftigen Blick zu, weil ich diesen Platz einnahm, doch ich bemerkte es kaum, obwohl er direkt neben mir saß.
    Trotz der Ehre, die mein Vater mir endlich erwies, wußte ich schon, daß dies kein nettes, ruhiges Familienessen werden würde. Nicht, daß ich mir Mystis wegen Sorgen machte, die mich von ihrem Platz neben Basehart, links von Mama, wütend ansah. Was mir zu schaffen machte, war auch nicht die Tatsache, daß Grym, der mir gegenüber zu Paps’ Linken saß, sein Schwert Grabräuber ohne Scheide auf den Tisch gelegt hatte. Auch nicht, daß meine Schwester Lucy, links von Grym, dem großen Barbaren zuckersüße schöne Augen machte. Nein, es war vielmehr der Gast, den ich auf dem Ehrenplatz rechts von Mama erblickte, der mir ein Gefühl verursachte, als hätte ich einen Bauch voller Voondrabs.
    »Darf ich mal die Brötchen haben?« fragte Zoltan.

KAPITEL 23
    Jeder Bissen, den ich bei diesem Essen zu mir nahm, schmeckte wie Stroh. (Natürlich kochte die alte Maisree meistens so, daß die Mahlzeiten auf Gut Uxwutsch am Ende wie Stroh schmeckten. Ich glaube, sie benutzte ein Kochbuch mit dem Titel Koch es kurz und klein, bis es sich nicht mehr rührt.) Ich genoß keinen einzigen Happen und behielt die Augen während der ganzen Mahlzeit auf Zoltan geheftet.
    Ich wünschte, ich könnte sagen, daß meine Gefährten meine Besorgnis geteilt hätten - es ist immer etwas einfacher, wenn man weiß, daß man nicht der einzige ist, der sich miserabel fühlt -, doch dieses Glück ward mir nicht zuteil.
    Scandal sprang mit einem Satz auf den Tisch und stürzte sich auf einen ganzen gebratenen Hüpfer, dann rannte er damit aus dem Saal, um ihn zu verputzen, wobei er glücklich vor sich hin knurrte.
    Grym war zu sehr damit beschäftigt, sich riesige Brocken Fleisch ins Gesicht zu schieben, um sich darum zu kümmern, was Zoltan hier zu suchen hatte. Jedes Mal, wenn er kurz nach Luft schnappte, tat Paps ihm wieder etwas auf den Teller und sagte, daß es eine Freude sei, einem rechten Mann zuzuschauen, der »endlich mal ordentlich ißt«.
    Was Mysti betraf, die zwischen meiner Mutter und meinem Bruder festsaß, so hatte sie alle Hände voll zu tun, und damit meine ich keineswegs das riesige Steak, von dem sie immer geträumt hatte.
    Mama stichelte ständig mit Fragen wie: »Ist deine Haarfarbe echt?«
    und: »Warum behauptet eigentlich alle Welt, daß Welfie-Frauen dicke Waden hätten?«, während Mysti ihrerseits ständig mit der Salatgabel nach Basehart stichelte, weil mein geliebter älterer Bruder sich weigerte, seine Hände bei sich zu behalten.
    Zoltan dagegen lächelte die ganze Zeit und widmete seine Aufmerksamkeit ganz meiner Schwester Lucy.
    Meiner Schwester … Wann hatte sie nur damit aufgehört, jenes süße kleine Mädchen zu sein, an das ich mich so gern erinnerte? Wo kamen nur all das lange goldene Haar her und diese großen blauen Augen, genau wie Mamas, nur intelligent? Und warum, in Wedwels Namen, ließen Mama und Paps es zu, daß sie diese eng anliegenden Kleider trug?

    Darin konnte man jede ihrer Kurven erkennen, und davon hatte sie reichlich. Ich wußte zwar, daß meine Schwester eines Tages erwachsen werden müßte, aber mußte sie deshalb auch gleich auswachsen? Schon, aber dann so viel? Kein Wunder, daß Zoltan kein Wort mehr für andere übrig hatte!
    Wir waren gerade mit dem Nachtisch fertig, als draußen vor dem Gutshof ein furchtbares Gejaule anfing. Der Lärm war so höllisch, daß unser Familienbutler Kniebeug vor Schreck sein Tablett mit den Getränken fallen ließ. »Ach du liebe Güte«, sagte er seufzend. »Diese Kreatur ist immer noch da draußen.«
    »Welche Kreatur?« wollte mein Vater wissen.
    »Ein großes purpurnes Tier mit acht Beinen«, sagte Kniebeug und bot meinem Vater ein Glas Calkabash dar. »Gerüchten zufolge gehört es zu jener, ähm, Dame, die im Augenblick die herausragende Gastlichkeit des Verlieses genießt.«
    »Das ist Norris«, rief ich.
    »OrowrowROW!« stimmte Norris mir von draußen zu.
    »Möglich.« Kniebeugs Miene war ungefähr so ausdrucksstark wie eine Steinmauer. »Ich habe mich nicht nach dem Namen des Tiers erkundigt. Es sucht das

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