Esther Friesner
und preßte ihm die Lippen ans Ohr. Was immer sie ihm erzählen mochte, es trieb ihm das Blut ins Gesicht und ließ ihn den Schwertarm senken.
Als sie schließlich zurücktrat, schwankte er, als schwindle ihm.
»Wirklich?« war alles, was er noch fragen konnte. Sie nickte. »Mann!«
Er machte fast einen Hechtsprung durch die Dachluke.
»Was hast du denn gesagt, um ihn loszuwerden?« wollte ich wissen.
»Ich bin ihn nicht losgeworden«, erwiderte Mysti. »Er kommt zurückt, sobald er noch einen zweiten Korb mit Lebensmitteln für uns aufgetrieben hat.«
»Was!«
»Er kommt mit«, sagte sie sanft. »Wir brauchen schließlich jemanden, der dem Kater eine Abreibung verpaßt, und Grym steht nicht zur Verfügung.«
»Ihr Götter!« rief Grym. »Durch welcher Künste List hast du diesen üblen Wicht dazu gebracht, sich einer Hexe in den Dienst zu stellen?«
»Hab’ ich gar nicht. Er freut sich immer noch darauf, Mutter Krötenhauch hängen zu sehen. Er ist und bleibt eben ein alter Käsekopf. Wenn man Basehart erzählt, daß irgend etwas böse sei, dann glaubt er es einem, ohne auch nur ein zweitesmal darüber nachzudenken.«
»Der verzichtet sogar gleich auf das erstemal«, bemerkte Scandal.
»Also habe ich zu ihm gesagt, daß Zoltan recht hat, was dich angeht, Kendar. Du bist ein mächtiger, böser Zauberer, der gerade versucht hat, einen Dämon zu zitieren, um Gut Uxwutsch zu vernichten, nur daß ich dich mit meinen eigenen Kräften daran gerade hindere.«
»Und weshalb solltest du so etwas tun?« verlangte ich zu wissen.
»Schließlich bin ich ja dein Ehemann.«
»Ach, bist du das?« Sie zog einen Mundwinkel hoch. »Na ja, ich habe ihm außerdem gesagt, daß wir gar nicht richtig verheiratet sind.
Willst du mir in diesem Punkt etwa widersprechen?«
Ich blieb stumm. Ich weiß auch nicht warum, aber irgendwie schämte ich mich.
»Es ist ganz einfach«, fuhr Mysti fort. »Während wir hier stehen, dräuen die Mächte des namenlosen Bösen über Orbix und machen sich anheischig, die Mächte des ewigen Guten zu überwinden.«
Gryms Miene hellte sich auf. »Kommt Uk-Uk der Unaussprechliche etwa wieder?«
»Des Kosmischen Bösen, du Blödmann.« Sie grinste.
»Und ratet mal, wer der Meister aller dunklen Mächte ist?«
Grym hatte keine Ahnung. Scandal schon. »Der da etwa?« jaulte er und starrte mich dabei an. Mysti nickte. »Der soll der Anführer der Mischen-wir-mal-das-Universum-auf-nur-weil-es-so-einen-Spaß-macht-Bande sein? Der beschmiert die Mauer der Ewigkeit von oben bis unten mit der Sprühschrift >Kendar siegt«
»Nur, wenn das Böse über das Gute triumphiert«, sagte Mysti. »Oder das Chaos über das Gesetz, je nachdem.«
»Ich wette, du hast ihm auch erzählt, daß du auf der Seite des Guten stehst, wie?« fragte Scandal.
»Genau dies, o Bestie.« Grym ließ Mysti gar keine Gelegenheit, auf die Frage zu antworten. »Siehst du denn nicht, daß sie leuchtend güld’ne Zöpfe hat?«
»Blondes Haar und weiße Hüte, ja, die passen gut zusammen«, räumte der Kater ein. »Und die Spitzohren stören auch nicht weiter.
Da kann man die guten Cowboys wenigstens mühelos erkennen.«
»Doch wie kann’s sein, daß deine Ehe mit dem Herrn des Bösen er einfach so hinnimmt, Maid, wenn du doch auf der Seite des Guten stehst?«
»Oh, ich habe Kendar nur geheiratet, um ihn aufzuhalten.« Mysti preßte den Handrücken auf die Stirn und tat, als würde sie in Ohnmacht fallen. »Es war ein furchtbares Opfer, aber wenn es mir gelingen sollte, den Kräften des Gesetzes auch nur einen einzigen Tag Aufschub zu erstreiten, werde ich zufrieden sterben.« Sie brach in einer Wolke von Kicherlauten zusammen.
»Großartig!« Ich schritt auf dem Teppich auf und ab. »Einfach großartig! Jetzt hast du meinen idiotischen Bruder auch noch davon überzeugt, daß ich eine Art legendärer Bösewicht bin, der die ganze Welt vernichten wird, nachdem er kurz zuvor noch glaubte, ich würde nicht einmal aus einer offenstehenden Tür hinausfinden.«
»Noch besser, ich habe ihn sogar davon überzeugt, daß er der auserwählte Heros ist, der als einziger dazu in der Lage ist, die Welt vor dir und deinem schrecklichen Plan zu retten.« Mysti wirkte ganz gelassen. Das konnte sie sich ja auch leisten.
»Schwester«, sagte Scandal. »Ich bring’ ja deine Seifenblase nur ungern zum Platzen, aber hast du dir eigentlich schon mal überlegt, was diese auserwählten Heroen dem Bösewicht alles antun, wenn sie ihn erst einmal
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