Esther Friesner
auch so groß. Wenn man in der Hauptstadt leben will, hat man entweder einen Regierungsposten - mit einer Palastwohnung -, oder man hat gar nichts.«
»Das ist ja … Mann, das ist ja furchtbar! Barbarisch! Das ist …«
Scandal sprühte förmlich, und damit meine ich nicht nur die Funken, die von seinem Fell ausgingen, wo Basehart es gerade rieb. »Das ist …
genaugenommen ist das ziemlich genauso, wie wir es zu Hause auch handhaben. Egal.«
Während wir näher kamen, erklärte ich ihm, so gut ich konnte, alles, was mir über die Geschichte von Gladderadatsch bekannt war. Meister Thengor hatte uns nie irgendwelchen Unterricht darüber erteilt, weshalb ich wahrscheinlich auch so viel darüber wußte. Merkwürdig - immer, wenn ich etwas lernen sollte, für das es ohnehin keine Zensuren geben würde, entwickelte ich mich geradezu zum Experten auf dem betreffenden Gebiet. Aber sobald es um etwas ging, von dem ich wußte, daß es geprüft werde würde, versagte ich auf voller Linie.
»Gladderadatsch wurde kurz nach dem Krieg der Zwei Vettern Zweiten Grades und ihrer Tante Pooki gegründet«, sagte ich. »Der letzte König in der direkten Erbfolge starb durch einen Unfall bei einem Freundschaftsspiel Klopp-Knopf, als sein Huhn aus dem Fangnetz floh und seinem Pferd ins Gesicht flog, so daß das Tier stolperte, in einen der Zieleimer trat und seinen Reiter abwarf. Weil es das dritte Hork eines Freundschaftsspiels war, hatte er gerade seinen Helm abgenommen, um den Hackbraten auf dem Kopf zu balancieren, weil das nämlich Extrapunkte bringt. Leider sind Hackbraten auch keine große Hilfe, wenn man mit dem Kopf gegen eine Steinmauer knallt. Das war alles sehr tragisch. Das Spiel fand übrigens zu Ehren der Verlobung des Königs mit Prinzessin Safti von Wend statt.«
»Kommt jetzt gleich wieder so eine Geschichte mit gehörnten Riesenhamstern?« wollte Scandal wissen. »Denn falls dem so sein sollte, springe ich lieber gleich ab.«
»Kendar erzählt es ja völlig verkehrt«, sagte Basehart. »Es gibt auch eine ganze Reihe guter, blutiger Abschnitte. Laß mich das mal in die Hand nehmen.«
»Blutige Abschnitte in die Hand nehmen? Das könnte dir so passen«, bemerkte der Kater trocken.
»Diese Geschichte kenne ich!« flötete Mysti. »Die beiden Vettern zweiten Grades standen sich in der Erbfolge gleich, nur daß keiner von ihnen Prinzessin Safti heiraten wollte.
Der eine hegte eine starke Abneigung gegen Frauen mit
»Schnurrbärten, die länger waren als seiner, und der andere empfand eine wirklich äußerst tiefe Hingabe für seinen Schwertbruder Ingbard den Gutentwickelten. Deshalb führten sie einen zehnjährigen Krieg, nach dem der Verlierer alles bekommen sollte, und hatten beide das Glück, ungefähr zur selben Zeit in der Schlacht von Ingbards Sandale zu fallen.
Da hat dann Tante Pooki das Reich als Königin Pooki übernommen, die erste unabhängige weibliche Herrscherin, die euer Königreich je hatte. Als erstes verkündete sie, daß es einen neuen Gott namens Kimberli gebe, der ihr die Krone verliehen und zu ihr gesagt habe, daß - falls irgend jemand versuchen sollte, sie ihr wieder abzunehmen - es zu einer Seuche von irgend etwas furchtbar Häßlichem kommen würde, das Flecken zurückließ. Alle Edelleute waren des Krieges müde, und so errichteten sie einen Tempel für Kimberli, veranstalteten ein wochenlanges Fest mit reichlich freiem Calabash, bis alles gegen Mauern knallte, um sich danach endlich ganz gemütlich und ausgiebig aufs Ohr zu hauen.«
»Woher weißt du denn das alles?« fragte ich. »Ich dachte, Welfies hätten nicht viel für die Angelegenheiten von Sterblichen übrig.«
»Der Gebieter Valdaree hatte mit dem Gebieter Babalu eine Wette abgeschlossen, welcher Vetter den Krieg gewinnen würde, und schon bald hatte jeder etwas Gold eingesetzt, weshalb wir die Nachrichten von außen sehr sorgfältig verfolgten«, erklärte Mysti. »Aber als dann Pooki zur Königin gekrönt wurde, war schließlich das ganze Welfie-Volk bei einem Zwerg namens Jeblot verschuldet, und seitdem haben wir euch Sterblichen keine Aufmerksamkeit mehr gezollt - außer euch umzubringen. Das kommt billiger.«
»Och, die ganzen guten Stellen hast du aber ausgelassen«, maulte Basehart. »Was ist denn mit den ganzen Schlachten und Attentaten und dem Teil, wo Prinzessin Safti Ingbard zwischen die Finger bekam und … ?«
»Ich weiß ja, daß ich meine Frage wahrscheinlich noch bereuen werde«, unterbrach Scandal
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